Zum ersten Mal verliebt
die Küche auf und ab, während das Baby die weißen Wände der Suppenterrine anstarrte und Susan langsam wieder zu Bewusstsein kam.
Plötzlich blieb Gilbert vor Rilla stehen.
»Ein Baby bedeutet eine Menge zusätzlicher Arbeit und Unruhe im Haus, Rilla. Nan und Di gehen nächste Woche nach Redmond, und weder deine Mutter noch Susan sind in der Lage, unter den jetzigen Bedingungen soviel zusätzliche Arbeit zu übernehmen. Wenn du das Baby hier behalten willst, musst du schon selbst dafür sorgen.«
»Ich?«, rief Rilla entsetzt.«Aber Vater! Das - das kann ich doch nicht!«
»Es gibt jüngere Mädchen als du, die schon auf Babys aufgepasst haben. Du kannst meinen und Susans Rat annehmen oder auch nicht. Wenn nicht, dann muss das Baby wieder zurück zu Meg Conover. Aber dann wird es nicht lange zu leben haben, denn es ist ein zartes Kind und braucht besondere Fürsorge. Ich habe sogar meine Zweifel, dass es überlebt, wenn es ins Waisenhaus kommt. Aber wir können deine Mutter und Susan nicht überfordern.«
Mit fest entschlossenem, strengem Blick marschierte Gilbert hinaus. Im Grunde wusste er ganz genau, dass der kleine Suppenterrinenbewohner in Ingleside bleiben würde, aber er wollte sehen, ob Rilla sich der Lage gewachsen zeigen würde.
Rilla war ratlos. Sie konnte doch nie im Leben für so ein Baby sorgen! Aber wenn sie an die arme, schwache Mutter dachte, die sich solche Sorgen um das Kleine gemacht hatte, und an diese schreckliche alte Meg Conover. . .
»Susan, wie macht man das denn mit so einem Baby?«, fragte sie zaghaft.
»Du musst es warm und trocken halten und es jeden Tag waschen und dabei aufpassen, dass das Wasser nicht zu heiß und nicht zu kalt ist, und es alle zwei Stunden füttern. Wenn es Bauchschmerzen hat, musst du ihm was Heißes auf den Bauch legen«, antwortete Susan wie am Schnürchen.
Das Baby fing wieder an zu weinen.
»Es hat bestimmt Hunger. Es muss jetzt irgendwie gefüttert werden«, rief Rilla verzweifelt. »Susan, sag mir, was ich ihm geben soll, dann hole ich es.«
Unter Susans Aufsicht wurde also eine Ration Milch mit Wasser zubereitet und eine Babyflasche aus Gilberts Sprechzimmer organisiert. Dann hob Rilla das Baby aus der Suppenterrine und fütterte es. Sie holte den alten Korb, in dem sie selbst als Baby gelegen hatte, vom Dachboden und legte dann das schlafende Kind hinein. Die Suppenterrine verstaute sie in der Speisekammer. Schließlich setzte sie sich hin und überlegte. Das Ergebnis ihrer Überlegungen war, dass sie zu Susan ging, sobald das Baby aufwachte, und sagte: »Ich werde sehen, was ich tun kann, Susan. Ich kann das arme kleine Ding unmöglich zu Mrs Conover zurückbringen. Sag mir, wie ich es waschen und anziehen soll.«
Unter Susans Aufsicht badete Rilla das Baby. Susan wagte nicht zu helfen, obwohl sie nichts dagegen gehabt hätte, aber der Herr Doktor saß im Wohnzimmer und konnte jeden Moment hereinplatzen. Wenn Dr. Blythe ein Machtwort sprach und sagte, so und nicht anders hat etwas zu geschehen, dann geschah es auch so. Das wusste sie aus Erfahrung. Rilla biss die Zähne zusammen und machte sich an die Arbeit. Um Himmels willen, wie konnte ein Baby nur so viele Falten und Grübchen haben! Wie sollte man es nur halten? Wenn sie es jetzt ins Wasser fallen ließ, es zappelte so! Wenn es doch bloß aufhören würde, so zu schreien! Wie konnte so ein Winzling nur so ein Spektakel veranstalten? Man konnte es ja vom Keller bis zum Dachboden hören.
»Tue ich ihm denn sehr weh, Susan, was meinst du?«, fragte Rilla voller Mitleid.
»Nein, Liebes. Die meisten Neugeborenen können es nicht ausstehen, wenn sie gebadet werden. Du machst das wirklich gut, dafür, dass du keine Ahnung hast. Du musst ihm nur den Rücken stützen und Ruhe bewahren.«
Ruhe bewahren! Rilla schwitzte aus jeder Pore. Als das Baby schließlich abgetrocknet und angezogen und vorübergehend mit der nächsten Flasche »stillgelegt« worden war, war sie mit ihrer Kraft am Ende.
»Was muss ich denn heute Nacht mit ihm machen, Susan?« Ein Baby bei Tag war ja schon schlimm genug, aber ein Baby bei Nacht, nicht auszudenken!
»Stell das Körbchen auf einen Stuhl neben dein Bett, und sieh zu, dass das Baby sich nicht aufdeckt. Du wirst es ein- oder zweimal in der Nacht füttern müssen, nimm also am besten den Heizofen mit nach oben. Wenn du es nicht schaffst, dann ruf mich, und ich komme, Doktor hin oder her.«
»Und wenn es schreit, Susan?«
Das Baby schrie aber nicht. Es schlief
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