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Zum ersten Mal verliebt

Titel: Zum ersten Mal verliebt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucy Maud Montgomery
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jeden Tag hin und bringt ihm etwas. Er liegt einfach nur zusammengekauert in dem Schiffsschuppen, und immer, wenn ein Zug kommt, rennt er zum Bahnsteig, wedelt erwartungsvoll mit dem Schwanz und springt um jeden herum, der aus dem Zug steigt. Wenn der Zug wieder abfährt und er merkt, dass Jem nicht gekommen ist, dann kriecht er traurig zurück in seinen Schuppen, legt sich geduldig nieder und wartet auf den nächsten Zug. Mr Gray, der Stationsvorsteher, sagt, er müsse manchmal fast weinen vor Mitleid. Einmal haben ein paar Jungen Monday mit Steinen beworfen, da hat sich der alte Johnny Mead, der sonst immer tut, als ginge ihn alles nichts an, im Metzgerladen ein Schlachtbeil gegriffen und die Jungen durchs ganze Dorf gejagt. Seitdem wird Monday nicht mehr belästigt.
    Kenneth Ford ist nach Toronto zurückgefahren. Vorgestern Abend war er hier, um sich zu verabschieden. Ich war nicht da. Das Baby brauchte etwas Neues zum Anziehen und Mrs Meredith hatte sich angeboten mir beim Nähen zu helfen. Also war ich drüben im Pfarrhaus und habe Kenneth nicht mehr gesehen. Ist ja auch nicht wichtig. Nan richtete mir von ihm >Leb wohl, Spinne!< aus, und ich soll ihn bei meinen anstrengenden Mutterpflichten nicht völlig vergessen. Wenn er mit so einem blöden, unverschämten Abschiedsgruß an mich fortfahren kann, dann zeigt das doch bloß, dass unsere schöne Zeit am Sandstrand ihm überhaupt nichts bedeutet hat, und ich denke nicht daran, noch mal einen Gedanken an ihn zu verschwenden!
    Fred Arnold war auch im Pfarrhaus und hat mich dann nach Hause begleitet. Er ist der Sohn des neuen Methodistenpfarrers und sehr nett und klug, und er würde auch ganz gut aussehen, wenn nur seine Nase nicht wäre. Er hat wirklich eine schreckliche Nase! Wenn er über irgendwelche allgemeinen Sachen redet, geht es ja noch, aber wenn er sich über Poesie und Philosophie auslässt, dann ist das so ein Kontrast zu seiner Nase! Das ist dann einfach zu viel für mich und ich könnte mich kaputtlachen. Verdient hat er das nicht, denn was er sagte, war wirklich sehr interessant, und wenn jemand wie Ken das gesagt hätte, dann wäre ich ganz hingerissen gewesen. Wenn ich ihm mit gesenktem Blick zuhörte, dann war ich richtig fasziniert. Aber sobald ich aufsah und seine Nase erblickte, war es aus mit dem Zauber. Er will sich auch als Freiwilliger melden, aber er kann nicht, weil er erst siebzehn ist. Mrs Elliott ist uns begegnet, als wir zusammen durchs Dorf gingen, und sie machte ein derart entsetztes Gesicht, als wäre ich in Begleitung des Kaisers persönlich dahergekommen. Mrs Elliott verabscheut alle Methodisten. Vater sagt, das wäre eine fixe Idee von ihr.«
    Um den ersten September herum fand die reinste Auswanderung aus Ingleside und dem Pfarrhaus statt: Faith, Nan, Di und Walter reisten nach Richmond ab, Carl brach zur Harbour-Head-Schule auf und Shirley zur Queen's Academy. Rilla blieb allein in Ingleside zurück und hätte sich wohl sehr einsam gefühlt, wenn sie Zeit dazu gehabt hätte. Sie vermisste Walter sehr. Seit ihrer Unterhaltung im Regenbogental waren sie einander sehr nahe gekommen, und Rilla besprach seitdem mit Walter Probleme, die sie mit niemandem sonst teilte. Doch sie war so beschäftigt mit dem Roten Kreuz und ihrem Baby, dass für Einsamkeitsgefühle kaum eine Minute Zeit blieb. Nur manchmal, wenn sie abends im Bett lag, kamen ihr die Tränen, weil Walter weg war und Jem in Valcartier und weil Kenneth ihr einen so unromantischen Abschiedsgruß hinterlassen hatte. Aber bevor sie richtig in Tränen ausbrechen konnte, war sie meistens schon eingeschlafen.
    »Soll ich mich darum kümmern, dass das Baby nach Hopetown kommt?«, fragte Gilbert eines Tages, als das Baby zwei Wochen in Ingleside war.
    Einen Moment lang war Rilla versucht Ja zu sagen. Warum sollte das Baby nicht nach Hopetown kommen? Man würde es anständig versorgen und sie hätte tagsüber wieder frei und könnte abends ungehindert ausgehen. Aber da fiel ihr die arme junge Mutter ein, die doch nicht wollte, dass das Baby ins Waisenhaus käme! Der Gedanke ließ Rilla keine Ruhe. Und wenn sie daran dachte, wie glücklich sie gewesen war, als sie eines Morgens feststellte, dass das Baby ein halbes Pfund zugenommen hatte, seit es in Ingleside war! Wie stolz war sie darauf gewesen!
    »Du - du hast aber doch gesagt, es würde nicht überleben, wenn es nach Hopetown käme«, sagte sie.
    »Vielleicht nicht. Zarten Babys bekommt die Heimpflege oft nicht, auch wenn sie

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