Zum Frühstück kühle Zärtlichkeit
langweilt sie, mit ihrem Mann vor dem Bildschirm zu sitzen.
Vor einer Woche, als sie angenommen hatte, daß er in Berlin sei, da ist sie nicht müde gewesen. Beim Küssen auf der Straße, da hat sie recht frisch und munter gewirkt.
Über Dr. Richard Normann hatte er sich erkundigt. Es war nichts herausgekommen, gar nichts. Überall war diesem Kerl das beste Zeugnis ausgestellt worden. Eine florierende Praxis. Keine Spur von privaten Affären.
Viktor Riffarts Hand krampfte sich um das Whiskyglas. Was ist das zwischen den beiden? Ein flüchtiges Abenteuer? Oder ist es schon mehr? Wie oft treffen sie sich? Wann, zum Teufel, und wo?
Noch eine solche Woche halte ich nicht aus, dachte Viktor. Ich muß genau wissen, woran ich bin. Es ist eine Schande, aber ich werde morgen das Detektivbüro Bertele bitten, meine Frau zu überwachen.
Viktor goß sich den Rest aus der Whiskyflasche ins Glas. Ich fühle mich jetzt schon viel besser, Laura. Und ob du schon schläfst oder nicht, das ist mir völlig egal. Und ob du einverstanden bist oder nicht, das ist mir auch egal.
Er taumelte etwas, stand aber schnell wieder gerade. Ich bin vorerst noch dein Mann, und du hast mir zu Willen zu sein. Ich habe jetzt deine Ausreden satt und deine Frigidität auch.
Mal sehen, ob das nicht die richtige Methode ist.
Viktor schaltete den Fernseher ab, knipste das Licht im Wohnzimmer aus. Er tappte die Wand entlang ins Schlafzimmer, zitterte vor Wut und Begierde.
Laura sah ihn an, als er kam, aber sie erkannte ihn nicht. Ihre Augen waren glasig, ihr Gesicht glühte. Sie streckte die Hand nach ihm aus, eine fieberheiße Hand, und als er sie berührte, schrie sie gellend auf.
Er wich zurück, sah, wie sie ihren Kopf auf dem Kissen hin und her bewegte. Sie öffnete die Lippen, flüsterte etwas, redete, phantasierte.
Nein, mein Gott, er wollte es nicht hören, er wollte nichts verstehen. Er fürchtete sich davor. Er fürchtete sich vor ihren Fieberträumen.
Er riß die Tür zu seinem Arbeitszimmer auf, stürzte zum Telefon. Er hatte schon die Nummer seines Hausarztes gewählt, da legte er plötzlich den Hörer auf. Sein Gesicht spannte sich. Ein Gedanke machte ihn mit einem Schlag ruhig und kalt. Er wählte eine andere Nummer.
»Normann«, meldete sich die Stimme.
»Hier spricht Viktor Riffart«, sagte er. »Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sofort kämen. Meine Frau hat einen schweren Fieberanfall.«
Dr. Normann schwieg nach dieser Mitteilung einige Sekunden verwirrt, bevor er sagte: »Ich komme sofort.«
Riffart legte den Telefonhörer auf die Gabel zurück. »Ja, komm nur!« sprach er halblaut vor sich hin. »Aber nimm dich in acht. Deine Geliebte ist heute ein bißchen durcheinander. Fieberträume, Phantasien, da könnte sie sich leicht vergessen.«
Er saß am Schreibtisch. Seine Faust hielt noch immer den Telefonhörer. Plötzlich hatte er das Gefühl, daß er nicht allein im Zimmer sei.
Blitzschnell fuhr er herum. Er hatte sich nicht getäuscht. Sekundenlang starrte er Laura an. Laura, seine Frau.
Es schien, als habe sie das Fieber abgeschüttelt. Es schien, als habe sie schon Minuten hier gestanden, regungslos, alles mithörend, das Telefongespräch, das Selbstgespräch ihres Mannes.
Vor seinen Augen flimmerte es, als er auf sie zuging. »Warum hast du mich betrogen, Laura?« Seine Stimme bebte.
»Viktor!« Tränen liefen ihr übers Gesicht. »Ich kenne mich selbst kaum mehr, ich muß wahnsinnig gewesen sein. Mach mit mir, was du willst – aber verzeih mir bitte! Bitte!«
Er war totenblaß geworden. »Nein, Laura, das kann ich nicht.«
Mit dem Ärmel ihres Nachthemds wischte sie sich die Tränen aus dem Gesicht. »Und wenn ich es dir heute zum letztenmal sagen kann und wenn du es niemals glaubst: Ich liebe dich, Viktor!«
Er lachte. Ein hartes, böses Lachen. »Ich wollte dir helfen, ich habe dir einen Arzt besorgt – ich, ein Tölpel von Ehemann! Ein Dummkopf, wie es keinen zweiten gibt! Ich habe geglaubt an dich, an unsere Ehe, an unser Glück, an eine Familie, an Treue und Vertrauen …«
»Viktor«, unterbrach sie ihn, »hör mich wenigstens noch einmal an. Es gibt Dinge, die geschehen gegen unseren Willen, man sträubt sich, man wehrt sich …«
Er hielt sich die Ohren zu und schrie sie an: »Bitte, hör auf! Verschone mich mit Einzelheiten. Ich weiß genug. Vor einer Woche wollte ich dich abholen, ich bin nämlich schon einen Tag früher von Berlin zurückgeflogen. Da seid ihr aus dem Haus gekommen, habt euch
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