Zum Glueck ein Poerßenel-Trainer
Gestammel und lauschte wahrscheinlich gespannt in den Hörer. Oh nein. Der wollte ein Date. Jetzt. Welch Überraschung. Ich überlegte, wie ich dem entkommen konnte und mir fiel in der Tat nichts Besseres ein als: „Ach weißt du Lutz, ich habe gar keinen Hunger.“ Schon eine Sekunde später, nachdem der Satz ausgesprochen war, wurde mir bewusst, wie blöd das geklungen haben musste und ich ärgerte mich über mich selbst.
In der Leitung war für zehn Sekunden Sendepause. Hatte der aufgelegt? „Lutz? Hallo?“, hauchte ich leise in meinen Hörer.
„Äh ja, ich bin noch dran. Also ich meinte ja auch, ob wir irgendwann mal essen gehen können. Hast du nicht Lust?“, forschte der Hartnäckige. „Am besten ist es in der Tat, wir gehen mal essen, wenn du auch Hunger hast“, tönte Lutz nun von neuem. Verarschte der mich jetzt? Oder was? Vernahm ich da etwa ein Schmunzeln durch den Hörer?
„Hunger? Achso ja!“, gab ich mich unentschlossen. Hatte ich jetzt lange nichts gesagt? Wo war eigentlich mein Verstand? Wahrscheinlich spazieren gegangen, um Sauerstoff zu tanken.
„Stimmt“, bemerkte ich nun. „Ich hab ja mal Hunger... irgendwann.“ Spätestens jetzt fiel mir auf, dass dies ein äußerst seltsames Telefonat war. Herr Gabriel schaute inzwischen ohne Unterlass auffällig interessiert zu mir hinüber und konnte einen grüblerischen Gesichtsausdruck nicht unterdrücken. Konzentration jetzt, brüllte es in meinem Hinterkopf.
„Ja Lutz, ich würde mich freuen, wenn wir mal essen gehen“, log ich dreist und hängte ein „also, ich meine irgendwann mal“ beiläufig hinten dran, um ihn nicht noch zu ermutigen, auf ein baldiges Date zu beharren. Davon unbeeindruckt überschlug sich der Liebestolle nun beinahe.
„Fein, wie wäre es denn mit heute Abend?“, schlug mir geballte Tatkraft entgegen. Na der hatte es ja eilig, dachte ich und erwiderte: „Oh, heute Abend ist es ganz schlecht, aber wie wäre es denn mit nächster Woche?“, und auch dieses Mal schob ich ein „ich meine irgendwann mal“ hinterher. Am anderen Ende hörte ich nun nichts als Stille. Er schien zu überlegen, aber vielleicht blätterte Lutz auch in seinem übervollen Terminkalender herum, wer konnte das so genau schon sagen?
„Gut! Sehr schön“, befand Lutz nun. „Nächste Woche sagst du? Wie wäre es denn mit Montag?“, beharrte er halsstarrig. Der war aber hartnäckig und so aufdringlich. Andererseits wurde mir nun klar, dass ich aus der Nummer so schnell nicht wieder heraus kam. Ich gab mich geschlagen.
„Okay, Montagabend, 8:00 Uhr?“, resignierte ich. Lutz atmete nun hörbar erleichtert aus und ließ mich nun heiter bis vergnügt wissen, dass 8:00 Uhr eine ausgezeichnete Uhrzeit wäre.
„Darf ich dich zu Hause abholen?“, drängte er sich nun abermals auf. Nein, auf keinen Fall sollte der mich abholen.
„Ach nein danke, nicht nötig“, lehnte ich nun übereifrig ab. „Du weißt doch, dass ich kein zu Hause habe.“ Im selben Moment wurde mir bewusst, was ich soeben laut ausgesprochen hatte. Oh Gott. Seitens Paul folgte nun ein weiteres fragendes Stirnrunzeln. Na super, jetzt drängelte sich Paul unweigerlich doch die Frage auf, unter welcher Brücke und in welchem Karton ich mich nachts mit welcher Zeitung vom Vortag zudeckte. So ein Mist.
Ich musste versuchen, das Gespräch mit Lutz so schnell wie möglich zu beenden. Ich redete mich hier ja um Kopf und Kragen.
„Sag mir doch einfach, in welches Restaurant wir gehen und ich komme dann dorthin.“ Endlich gab sich der Aufdringliche geschlagen.
„Na gut. Kennst du vielleicht das La Sila?“, wollte er wissen.
„Ja, das kenne ich“, erwiderte ich wahrheitsgemäß und glücklicherweise folgte daraufhin: „Super Paula, ich freu mich. Dann bis Montag, 8:00 Uhr.“ Umgehend drückte ich die Aus-Taste meines Handys, damit ich für nichts und niemanden mehr erreichbar war. Das war ja ein verrückter Morgen. Seit anderthalb Jahren gab es nicht den Anflug eines Mannes in meinem Leben und urplötzlich machten mich gleich zwei Männer total irre. Ob der Situation schüttelte ich den Kopf über mich selbst und auch dies blieb nicht unbeobachtet. Paul sah mich immer noch durchdringend an und mir wurde klar, wie absurd sich das aus seiner Perspektive alles angehört haben musste.
In diesem Moment öffnete sich die Tür vom Röntgenraum und Hanni kam mit Annika gemeinsam wieder heraus. Hanni brachte nun Paul und seine Tochter in Frau Dr. Hellers Untersuchungszimmer.
Weitere Kostenlose Bücher