Zum Glueck ein Poerßenel-Trainer
Badewanne darstellen sollte.
Das von innen und außen rostige Etwas stand zirka zwei Zentimeter von der kaputten Wand entfernt und ließ dort, wo sich sonst eigentlich eine Silikonfuge befand, Schimmel die Wand hoch wuchern. Ich war mir sicher, dass hinter der Wanne ein Biotop aus einer Millionen Silberfischen hauste. Ein Wissenschaftler hätte seine wahre Freude gehabt. Feldforschung in den eigenen vier Wänden. Wahnsinn! Angewidert verließ ich - wie auch der Rest der Schaulustigen - eilig die Brutstätte des Bösen. Ich überlegte, ob ich die Wohnung dem Gesundheitsamt melden sollte. Ich hatte mir wirklich vorgenommen, die Wohnung zu nehmen, auch wenn sie Mängel aufwies, aber was dort zum Vorschein kam, konnte ich nicht m al mit meinen Ersparnissen wettmachen. Und ich hatte mir weiß Gott ein hübsches Sümmchen auf die Seite legen können. Da ich bei Steffi keine Miete zahlen durfte, war es mir möglich, einen Großteil meines Gehaltes zu sparen. Abgesehen davon wollte auch Peter damals nicht, dass ich etwas zur Miete seiner Eigentumswohnung beisteuerte. Auf meinem Konto hatten sich inzwischen über fünfzehntausend Euro angehäuft, die nur darauf lauerten, in eine Wohnung investiert zu werden. Der Makler, dem der Gestank offensichtlich genauso zusetzte, wie allen anderen, stand nun unten vor der Haustür und bot glasig lächelnd einen Stapel Maklerbögen feil. Nicht einer der Augenzeugen zog es auch nur ansatzweise in Erwägung, diesen Bogen anzunehmen, geschweige denn auszufüllen. Auch nicht, als der Schwitzende drei freie Monatsmieten in Aussicht stellte. Meiner bescheidenen Ansicht nach war die Wohnung am allerehesten etwas für einen erfahrenen Pyrotechniker. Für Paula Prügel jedenfalls war die Wohnung abgehakt.
Als ich nach Hause kam, galt mein erster Besuch meinem ausgedienten Trailer. Zusammen mit meinem Vater, der eigentlich gerade die Hecke beschneiden wollte, rettete ich den Großteil der Sachen, welche mir in Zukunft noch von Nutzen sein konnten. Wir verstauten meine spärliche Habe in seiner Garage. Danach zog ich meine Laufschuhe über und machte mich auf den Weg, Richtung Grunewald. Noch einigermaßen angewidert von der Silberfischwohnung kam mir unterwegs der Gedanke, einen Abstecher in die Ahornallee zu machen. Den Krankenunterlagen von Annika hatte ich entnommen, dass Paul und seine Familie in der Nr. 16 wohnten. Ich wollte nur mal gucken, was die Konkurrenz so zu bieten hatte. Schnell wurde mir klar, das hätte ich lieber bleiben lassen. Mit offenem Mund stand ich vor dem Gabriel ́schen Anwesen und versuchte, meine Schnappatmung in den Griff zu bekommen. Ich stand andächtig vor einem Traum aus weißem Stuck. Vor mir lag ein komplett sanierter vierstöckiger Altbau, der von außen mit hochwertigen Stuckapplikationen verziert war. Das war ohne Untertreibung das schönste Haus in der ganzen weiten Ahornallee. Von außen waren an jeder Wohnung kleine Balkone befestigt, umrandet mit schwarzen gusseisernen Gittern, in denen gusseiserne Kastanienblätter eingearbeitet waren. Dort hätte man an einem sonnigen Sonntagmorgen wirklich sehr vornehm frühstücken können, dachte ich versonnen. Sehr, sehr vornehm. Wenn die Wohnung von innen nur annähernd so attraktiv war, musste die Miete horrend sein. Betrübt über den wahrlich verlockenden Anblick setzte ich mich langsam wieder in Bewegung und trabte heimwärts.
Vom Laufen erschöpft und maßlos enttäuscht über den Anblick von Pauls schönem Haus, durchquerte ich direkt den Garten und ging in Steffis Haus. Der Abend war noch zu jung, um meine Eltern den gesamten Rest des Tages zu ertragen und ich beschloss, mir entweder versaute Einzelheiten über Mischas und Steffis Sexleben und/oder weitere Details über die Horrorehe von Susi und Eberhard samt kirgisischen Flittchens reinzuziehen. Und da sich bei Steffi sowieso der Großteil meiner Garderobe befand, konnte ich auch gleich dort baden und mich umziehen. Mir war jetzt nach einem langen Wannenbad, um meine vom Laufen beanspruchten Muskeln zu entspannen. Als ich wirklich mies gelaunt die Küche betrat, sah ich, dass Steffi und Susi mit glasigen Augen am Küchentisch hockten. Abgesehen davon, dass es hier vernebelt war wie in einer Eckkneipe, zog mir außerdem ein merkwürdiger Geruch in die Nase. Angesichts des Buketts fühlte ich mich für einen kurzen Moment in die Silberfischwohnung zurückversetzt. Steffi und Susi glotzten mich an und grinsten scheel. Das durfte doch wohl nicht wahr sein!
Weitere Kostenlose Bücher