Zum Glueck ein Poerßenel-Trainer
drauf, „dass wir am liebsten richtig nette Menschen bei uns wohnen lassen.“ Nun war Ruhe. Oh Gott, der flirtete wieder mit mir. Einmal mehr wusste ich nicht, wie ich reagieren sollte. Das war eine eindeutige Anmache. Paul wollte im Ernst, dass ich in sein Haus zog, in das Haus, in dem er auch mit seiner Frau und seiner Tochter lebte. Ich hätte das Sahnestückchen also immer in greifbarer Nähe und zwar nur zum Angucken, aber keineswegs zum Vernaschen? Niemals.
„Hui, ja, das ist ja ein sehr verlockendes Angebot“, gab ich offen zu, „und ich bin euch auch dankbar, dass ihr da in erster Linie an mich gedacht habt, aber wie gesagt, ich gehe heute Abend schon zu einer Wohnungsbesichtigung. Ach und abgesehen davon, ist diese Wohnung ganz in der Nähe meiner Praxis, womit sie einen zusätzlichen Pluspunkt einheimst“, setzte nun ich einen oben drauf und kratzte mir aufgeregt den Hinterkopf.
„Naja, Paula, da könnte ich locker mithalten, weil auch unser Mietshaus ganz in der Nähe deiner Praxis liegt, und zwar in der Ahornallee“, triumphierte er schmissig, ganz den Verkäufer mimend. Verdammt! Die Ahornallee war sogar noch näher, als der Schnapsdrosselweg.
„Nun gut, Paul, ich schau mir heute Nachmittag erst mal die Wohnung im Schnapsdrosselweg an und wenn diese mir gar nicht zusagt, melde ich mich bei dir?“, fragte ich den Schmissigen.
„Na dann? Auch gut, du hast ja meine Telefonnummer für alle Fälle. Ruf mich einfach an, falls du noch Interesse hast. Ich erwarte deinen Anruf, okay?“ Wie kam Paul auf die Idee, dass ich im Besitz seiner Telefonnummer war?
„Ich weiß nicht, wieso du vermutest, dass ich deine Telefonnummer habe“, bemerkte ich und zog Ilse-Dore-mäßig eine Augenbraue an meinen Haaransatz.
„Na, die steht doch in Annikas Krankenakte. Dabei fällt mir ein, das Formular hatte ich an dem Tag in deiner Praxis abgegeben, an dem du krank warst.“ Innerlich jubelte ich, er wusste also, dass ich krank gewesen war. Somit wusste er auch um den Umstand, dass mein Reizdarm tatsächlich ein Reizdarm war. Gut so! Erleichterung machte sich in meiner Brust breit. „Okay, danke Paul, also zur Not such ich mir deine Nummer aus der Krankenakte und ruf dich an, aber rechne lieber nicht mit einem Kniefall“, gab ich ihm zu verstehen, dass ich auf keinen Fall als seine Konkubine in seine unmittelbare Nachbarschaft ziehen würde. Was bildete sich dieser Typ nur ein?
„Na gut“, gab Paul zurück. Hörte ich etwa Bedauern in seiner Stimme?
„Eine Frage noch, kommst du am Sonntag vielleicht ins Plaza?“ Bei diesen Worten, in denen tatsächlich Hoffnung mitschwang, keimte in mir der Wunsch, das Plaza wäre ein von mir aus drittklassiges Hotel und Paul würde bereits die Zimmerschlüssel an einem seiner Finger herum schlenkern.
„Das weiß ich noch nicht, aber bestimmt komm’ ich, wenn nichts dazwischen kommt“, gab ich mich nachsichtig.
„Okay, dann bis spätestens Sonntag“, freute sich Paul, wartete keinen Gruß meinerseits ab und legte auf.
Ich atmete tief durch, während die Anspannung langsam abfiel und sich mein Puls beruhigte. Paul konnte nicht im Ansatz klar sein, welche Wirkung er auf mich ausübte. Und meinem Animus, dass Paul auch etwas für mich empfand, konnte ich erst recht nicht mehr trauen. Gedanklich schob ich Paul beiseite und ein Blick auf meine Armbanduhr bezifferte das nahende Ende meiner Pause. Ein Spaziergang lohnte sich nun nicht mehr. Nun konnte ich auch gleich in der Praxis bleiben! Danke Paul!
Pünktlich um 18:00 Uhr stand ich - zusammen mit achtzehn weiteren Schaulustigen, zum Teil Händchen haltenden, offensichtlich frisch verliebten, sich anschmachtenden Pärchen - im Schnapsdrosselweg Nr. 5 und wartete auf die Ankunft des Maklers. Wir alle beäugten uns gegenseitig misstrauisch und die Glücklichen, die einen Partner an der Hand hatten, tuschelten ständig aufeinander ein und warfen sich vielsagende Blicke zu. Wahrscheinlich hatten sie alle schon gelbe Klebezettel vorbereitet, auf denen mit großem schwarzen Edding „MEINS“ drauf geschrieben stand. Die mussten sie dann nur noch in der Wohnung ordnungsgemäß platzieren. Ich konnte gar nicht glauben, dass sich so viele Menschen auf nur eine einzige Wohnung meldeten. Mit zehnminütiger Verspätung und völlig abgehetzt stieg nun ein glatzköpfiger adipöser Immobilienmakler aus seiner Penisverlängerung (sprich silbernem BMW-Cabrio). Allein angesichts dieses Auftritts zog ich es ernsthaft in Erwägung,
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