Zum Glueck ein Poerßenel-Trainer
dass meine wiederholte Unkonzentriertheit Herrn Müller zum Staunen gebracht hatte.
Aber nicht nur meine Chefin, sondern auch meinen Chef trieb ich mit meiner Zerstreutheit in den Schwachsinn. Meinem Chef, der unter einer hochgradigen Kuhmilchallergie litt, hatte ich aus Versehen Kuhmilch in seinen Kaffee gegossen. Seitdem drückte der sich pausenlos auf der Toilette herum und jedes Mal, wenn er in halbgebückter Haltung wieder in sein Untersuchungszimmer strauchelte, kam er an meinem Tresen vorbei und sagte scharf: „Schö-nen Dank Frau PRÜGEL, schö-nen Dank auch!“, wobei er sich seinen schmerzenden Bauch hielt. Meine Güte, der hatte sich aber auch was... Wenn Männer krank waren...!!! Schö-nen Dank auch!
Leider konnte ich mich auf gar nichts mehr konzentrieren. Paul ging mir einfach nicht aus dem Kopf. Ich konnte tun, was ich wollte. So entschloss ich mich, in meiner Mittagspause eine kleine Runde im Park vor der Praxis zu drehen, um frische Luft zu schnappen und Paul aus meinen Gedanken zu verbannen.
Während ich nun durch den Park schlenderte und die letzten Sonnenstrahlen des Oktobers genoss, rief ich Steffi an und erzählte ihr von der bevorstehenden Wohnungsbesichtigung.
„Wie? Heute Abend schon? Soll ich mitkommen? Dann könnte ich mir das Schnuckelchen auch mal anschauen.“ Ich lachte.
„Welches Schnuckelchen meinst du denn? Die Wohnung oder den Paul?“, fragte ich.
„Wenn du so fragen tust: Beide!“, kicherte Steffi.
„Nee Steffi, lass mal. Die Wohnung schau ich mir heute Abend erst mal alleine an. Aber vielleicht komm ich hinterher noch zu dir. Dann kann ich noch ein paar Sachen zusammenräumen, okay?“
„Wie du meinst. Tuste wenigstens geile Unterwäsche tragen? Wehe du hast wieder Micky Mouse auf dem Hintern“, mahnte sie.
„Quatsch“, log ich, wobei es gar nicht so sehr gelogen war, da ich nicht Micky Mouse, sondern Bart Simpson unterm Rock trug. Nachdem meine gesamte Reizwäsche in Steffis Garten ein so unschönes Ende fand, hatte ich mir in der Tat nur noch Unterwäsche mit Disney-Motiven zugelegt, weil das so schön Anti-Spießer-mäßig war. Aber auch das würde sich in Zukunft ändern, ich befand mich nämlich auf dem Weg der Rekonvaleszenz.
„Dann hab ich ja heute Abend mal sturmfreie Bude“, sinnierte Steffi.
„Susi ist heute Abend nämlich auch zu einem Vorstellungsgespräch im Zehlendorfer Krankenhaus eingeladen und Bono und Antje sind mit ihren Großeltern zum Shopping verabredet.“
„Na prima, dann kannst du dich ja mal entspannt deinem Mischa widmen, oder?“ Eine Antwort blieb sie mir schuldig, da offensichtlich ein Kunde Steffis Laden betrat. Sie würgte mich ab und wir legten auf. Ich atmete tief durch. Die Luft war etwas kühler geworden und tat mir gut. Ich konnte mich halbwegs entspannen und spazierte langsam zurück zur Arbeit. Der Rest des Tages verlief wie durch ein Wunder reibungslos, worüber besonders meine beiden Chefs erleichtert waren. Sie waren derart übertrieben auf der Hut, dass es schon albern war.
Ich schloss fast pünktlich um 18 Uhr 15 die Praxis ab. Meine Hände zitterten vor Nervosität. Meine Güte, Paula! Reiß Dich zusammen, schalt ich mich selbst. Du musst dir nur eine Wohnung angucken! Noch nervöser öffnete ich mein Fahrradschloss. Ich stieg auf und der kühle Fahrtwind half mir, tief durchzuatmen und mich zu entspannen. Wann hatte ich mich eigentlich das letzte Mal so gefühlt wie jetzt in diesem Moment? Während ich nachgrübelte, bog ich nach rechts mit dem Fahrrad in die Ahornallee ein, als ein großer schwarzer Mercedes auf einmal gefährlich nah in meine Spur fuhr. Ich geriet heftig ins Straucheln und stürzte beinahe vom Rad. Mein Herz raste. Im letzten Moment brachte ich mein Fahrrad und mich unter Kontrolle. Der Mercedes hingegen fuhr ungerührt weiter, war aber gezwungen in etwa dreißig Metern Entfernung an der nächsten roten Ampel zu halten. Schnell rappelte ich mich auf und strampelte dem Mercedes hinterher. Abgehetzt hielt ich neben dem Auto. Hinter dem Steuer saß eine ältere Frau, blond frisiert, rot genagelt und pompös gekleidet. Sie starrte stur geradeaus. Aufgeregt und atemlos klopfte ich an die Fensterscheibe ihres Autos. Einerseits pikiert, andererseits ungerührt und cool betätigte sie den Fensterheber.
„Und? Was wollen Sie?“, fragte sie überheblich.
„Sagen Sie? Haben Sie keine Augen im Kopf?“, schrie ich wütend. „Sie haben mich fast über den Haufen gefahren und dann auch noch
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