Zum Glueck ein Poerßenel-Trainer
Fahrerflucht begehen oder was?“, woraufhin die Unbeeindruckte in völlig ruhigem Ton sagte: „Nun machen Sie mal nicht so einen Wind mit ihrem Fahrrad hier. Es ist ja nichts passiert.“ Abschätzend musterte sie mich von oben bis unten an. Was bildete diese Kuh sich eigentlich ein? Meinte sie, weil sie so sicher in ihrer Tonne saß, dass sie mehr Rechte hatte im Straßenverkehr als ich auf meinem Fahrrad? Sie betätigte ein weiteres Mal den Fensterheber und die Glasscheibe fuhr automatisch in aller Seelenruhe wieder nach oben. Die Ampel schaltete auf grün und der Mercedes fuhr an. Das war ja wohl die Höhe. Nicht mal zu einer Entschuldigung hatte sie sich hinreißen lassen. Außer mir vor Wut schrie ich noch „Blöde Klaferze“ hinter ihr hinterher und machte sogleich einen einschätzenden Rundumblick, um sicher zu gehen, dass meine verbale Entgleisung niemand sonst gehört hatte. Die Straße war menschenleer. Gott sei Dank. Nur hoffte ich, dass die Person, der die Beschimpfung galt, diese auch vernommen hatte.
Nachdem ich mich einigermaßen beruhigt hatte, stieg ich wieder auf mein Fahrrad, fuhr noch eine Seitenstraße weiter und hielt vor Pauls Haus. Ich stieg ab, schloss mein Fahrrad an und ging zum Eingang. Das Klingelbrett bestand aus zwei mal vier Wohneinheiten. Der Name „Gabriel“ war von unten links der Zweite. Ich drückte auf den Klingelknopf. Der Türsummer knarzte und Pauls Stimme erklang durch die Sprechanlage: „Bitte in die zweite Etage!“ Allein seine Stimme zu hören, beschleunigte meinen Puls, machte meine Knie weich und ließ meine Hände zittern. Ich trat ein und lief die Treppe hinauf bis zur zweiten Etage. Dort angekommen, stand Annika in der Tür: „Der Papa kommt gleich, er holt nur noch die Schlüssel“, verkündete sie.
„Hallo Süße“, begrüßte ich Annika, „wie geht es deinem Arm?“ Ich kniete mich zur ihr herunter und wir gaben uns die Hand.
„Dem geht’s prima. Wohnst du jetzt bald bei uns?“, fragte sie.
„Ich weiß es noch nicht, aber ich bin heute hier, um das herauszufinden“, antwortete ich.
„Ich fände es toll, dann könnte ich dich immer besuchen kommen“, sagte sie, schelmisch grinsend.
„Na wir werden ja sehen, ob mir die Wohnung gefällt, aber du kommst mich bald in der Praxis besuchen, oder? Dort wartet nämlich auch eine kleine Überraschung auf dich“, tat ich geheimnisvoll.
„Wirklich?“ Sie hüpfte aufgeregt auf und ab und lief in die Wohnung zu ihrem Papa. „Paula hat eine Überraschung für mich!“, rief sie ihm entgegen. Paul trat in Erscheinung, in der Hand einen Schlüsselbund zu meiner mutmaßlich zukünftigen Wohnung. Ich war neugierig, ob Kerstin auch da war, wenn, machte sie sich jedenfalls nicht bemerkbar. Wahrscheinlich war sie wieder bei ihrem Fotografen-Lover, ätzte mein Unterbewusstsein.
„Hallo Paula, schön dass du da bist“, begrüßte mich Paul.
„Hallo“, hauchte ich, „danke, dass ich kommen durfte“. Paul sah wie immer fantastisch aus. Trotzdem er leger gekleidet war, nur Jeans und T-Shirt trug, strahlte er Sex pur aus. Ich kannte ihn sonst nur in Trainings-Outfits. Als er sich nun zu seiner Tochter umdrehte, sah ich, dass die Jeans ausgezeichnet an seinem knackigen Hintern saßen, wie maßgeschneidert. In der Wohnung ging auf einmal eine weitere Tür auf, die zum Wohnzimmer, wie ich annahm. Ein zirka 13-jähriges Mädchen kam zum Vorschein. Oh Gott, Paul hatte noch mehr Kinder. Zwei Töchter! Das durfte ja wohl nicht wahr sein. Und dass Kerstin nach zwei Kindern eine solche Figur hatte, gipfelte in bodenloser Unverschämtheit. Wie machte die das nur?
„Setz dich vor den Fernseher und mach keinen Blödsinn“, sagte Paul zu Annika. „Passt du solange auf? Ich bin gleich wieder da und dann kannst du für heute auch Feierabend machen, ja?“, sagte Paul zu seiner größeren Tochter. Moment mal! Hatte er „Feierabend machen“ gesagt? Er wandte sich an mich und stellte uns kurz vor. „Das ist Svenja, Annikas Kindermädchen“, zeigte er auf den Teenager. Es rumste gewaltig, als mir ein Steinbrocken vom Herzen fiel. Wir nickten uns zur Begrüßung zu. „Und das hier ist Paula, und wir alle hoffen, dass ihr unsere Wohnung im dritten Stock gefällt.“ Annika hüpfte vor Freude wieder auf und nieder.
„Paula hat am Mittwoch eine Überraschung für mich“, erklärte sie ihrem Vater nochmals. Ich rang mir ein verschwörerisches Grinsen ab. Paul lächelte und nickte wissend.
„Bis gleich, Annika.“
Weitere Kostenlose Bücher