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Zum Glück Pauline - Roman

Zum Glück Pauline - Roman

Titel: Zum Glück Pauline - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Objekt solch fieberhafter Anstrengungen zu sein. Mein Fall erschien mir allerdings doch etwas anders gelagert. Ich hatte mich einfach unbewusst der schönen Schlichtheit unseres Zusammenseins erinnert. Und um Dinge wirklich voranzutreiben, bedarf es oft im Verborgenen wirkender Kräfte. Vielleicht würde das Ganzeauch zu nichts führen, aber ich wollte wenigstens reinen Herzens sein. *
    Die Magnetfeldtherapeutin weigerte sich, mir die Telefonnummer meiner Unbekannten zu geben. Als sie meine enttäuschte Miene sah, verriet sie mir immerhin, wann ihr nächster Termin war. Also kam ich mit meinem Traum und meiner Vorahnung bewaffnet tags darauf wieder. Ich beobachtete, wie die Frau das Gebäude betrat, und wartete unten, bis sie es wieder verließ. Mein allzu beanspruchtes Gehirn hatte ihr Äußeres leicht verändert. Der Traum hatte sie entstellt. Wie soll ich sagen: Sie war es, aber sie war es auch wieder nicht. Mir gefielen die übereinander liegenden Bilder, die vor meinen Augen verschwammen. Doch das spielte eigentlich keine Rolle. Ich wartete auf sie, und mein Herz pochte, wie es schon lange nicht mehr gepocht hatte. Meine Rückenschmerzen hatten sich in nichts aufgelöst. Wenn das Herz sich offenbart und auf den Plan tritt, nehmen die Gefühle eine solche Vormachtstellung ein, dass die übrigen Vorgänge im Körper zum Erliegen kommen. Alles außer meinem, zu neuem Leben erwachten Herzen hatte aufgehört zu existieren, es schlug wie wild und staunte über sich selbst.
    Nach gut einer Stunde kam die Frau wieder heraus. Ich spürte gleich, dass es eine gute Idee gewesen war, hierherzukommen und sie abzupassen. Mein Körper schmerzte. Doch mein Körper gab mir auch die richtigen Signale. Ich hatte das eigenartige Gefühl, diese Frau vermisst zu haben. Obwohl ich kein einziges Mal an sie gedacht hatte, bevor sie mir im Traum erschienen war. Das Gefühl, jemanden vermisst zu haben, kann sich auch erst
im Nachhinein
einstellen. In dem Moment, in dem man die betreffende Person sieht, merkt man, wie leer das Leben ohne sie war. Wie sollte ich die Sache nun angehen? Als die Frau das Gebäude verlassen hatte, war ich nicht in der Lage gewesen, sie anzusprechen. Also folgte ich ihr. Ich schlich mich von hinten an. Sie ging schnell, ein bisschen zu schnell für meinen Geschmack. Das Verrinnen der Zeit schien ihr Beine zu machen. Mir war mein Unterfangen allmählich nicht mehr ganz geheuer. Sie musste mich für einen Psychopathen halten, dabei war mein Kopf eigentlich so klar wie nie zuvor. So klar und ruhig wie ein Schweizer See, eine runde Sache an sich. Die Frau kam an einem Fußgängerüberweg zum Stehen. Ich blieb hinter ihr, obwohl das ja die Gelegenheit gewesen wäre, mich ihr zu erkennen zu geben. Mein Körper vibrierte immer heftiger, also ich meine mein Herz. Tausend mögliche Worte und Gesten schossen mir durch den Kopf, doch nichts zu machen, ich konnte meine Schüchternheit nicht überwinden. Dann wurde die Ampel grün, und wir setzten unseren Weg fort.
    Da ich mich immer noch nicht dazu durchringen konnte, sie anzusprechen, spielte ich mit dem Gedanken, einen fingierten Zufall heraufzubeschwören. Dazu musste ich nur etwas schneller laufen, sie überholen und wieder zurücklaufen. Und wenn sich endlich unsere Wege kreuzten, würde ich meine Begeisterung über die schicksalhafte Fügung zum Ausdruck bringen. Ich beschleunigte meinen Schritt, doch dann fiel mir ein, dass die Idee absurd war. Und dass ich zum Schauspieler wahrscheinlich kein Talent hatte. Ich musste ihr schon die Wahrheit sagen. Sie war schließlich keine völlig Fremde. Im Grunde sollte das doch eine einfache Übung sein. Wir hatten zusammen einen Kaffee getrunken. Und uns prima verstanden. Das Ganze hatte nichts Perverses an sich. Im Gegenteil, sie würde sich sicher freuen mich wiederzusehen. Warum also sprach ich sie nicht an? Sie schüchterte mich ein, das musste es sein. Sie marschierte noch ein Weilchen so weiter, ihre Schritte wurden ein wenig langsamer. Ich heftete mich an ihre Fersen und warf im Gehen die Fragen eines Mannes auf, der sich als unfähig erwies, einer Frau den Hof zu machen. Genau, das war’s. Ich war unfähig. Mir fehlten die Grundkenntnisse, wie man um eine Frau warb. Ich war auf dem Gebiet der Frauen ein Fremder geworden. Mir kam diese lächerliche Verfolgungsjagd so endlos lang vor, doch in Wirklichkeit dauerte sie vielleicht drei Minuten. Dann passierte zum Glück etwas. Sie hielt plötzlich inne. Was mich nötigte,

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