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Zum Glück Pauline - Roman

Zum Glück Pauline - Roman

Titel: Zum Glück Pauline - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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nach Sylvie zu erkundigen. Aus ihrer Sicht war das eine peinliche Geschichte, insofern war es ihr wohl auch lieber, mich nicht zu sehen.
    «Aber was ist denn passiert? Habt ihr euch gestritten?»
    «Nein. Nicht mal das.»
    «Was dann?»
    «Es ist alles ganz friedlich abgelaufen. Sie hat einfach erklärt, dass sie mich verlassen wird. Es war, als würde siemir etwas mitteilen, was sie schon vor langer Zeit beschlossen hatte.»
    «Das ist aber schade.»
    «Das Schlimmste ist, sie hat jetzt jemand anderen.»
    «Jemand anderen? Nein … das gibt’s doch nicht …»
    «Doch … es ist schrecklich …»
    «Oh …»
    «Wirklich … schrecklich …»
    «Ach … du kennst ihn?»
    «…»
    «Weißt du, wer es ist?»
    «Ja …»
    «…»
    «Es ist wirklich schrecklich. Das hätte ich nie von ihr gedacht …»
    «Sie steht vielleicht irgendwie neben sich … bestimmt macht sie eine Krise durch.»
    «Nein, das ist keine Krise. Du hättest ihren Blick sehen sollen. Sie ist fest von der Sache überzeugt.»
    «…»
    «Sie ist total verliebt. Das merkt man ihr tatsächlich an. Es widert mich so an …»
    «…»
    «Dass sie jetzt mit einer Frau zusammen ist.»
    Ich brauchte einen Moment, um die Information sacken zu lassen. Sylvie war jetzt mit einer Frau zusammen. Sylvie, die die Männer immer so geliebt hatte. Ich erinnerte mich, als ich sie kennengelernt hatte: Sie hatte ununterbrochen vonMännern geredet. Sie hatte es geliebt, die Blicke der Männer auf sich zu ziehen. Das Ganze kam mir vollkommen absurd vor. Sie liebte die Männer so sehr, dass sie sogar über mich hergefallen war. Das war vielleicht ein letztes Aufbegehren gewesen.
    «Ich habe ihr den Spaß an Männern verdorben. Kannst du dir das vorstellen?», flennte Édouard.
    «Ach was, sag so was nicht.»
    «Es ist aber wahr.»
    «Ich glaube, ich würde es fast als weniger schmerzhaft empfinden, wegen einer Frau verlassen zu werden als wegen eines anderen Mannes …»
    «Aber nicht von Sylvie. Ich kenne sie genau, sie ist überhaupt nicht lesbisch. Das liegt alles nur an mir. Ich hab ihr die Heterosexualität vergällt.»
    «So ein Quatsch …»
    Édouard kaute ein wenig auf dem Thema herum und kippte ein Glas nach dem anderen hinunter. Das musste brutal sein für ihn, aber es war auch
ein Neuanfang.
Bei solchen Anlässen dreschen die Vertrauten gern lächerliche, nichtssagende Phrasen. ** Man will sich optimistisch geben, um den Armen zu trösten, obwohl es eigentlich überhaupt nichts zu sagen gibt. Es ist brutal, und fertig. Sylvie war weg. Ob sie ihn nun wegen eines anderen Mannes oder wegen einer Frau verlassen hatte, war letztlich egal. Édouard hatte immer alles für sie getan und fühlte sich seiner besseren Hälfte amputiert. SeinSein Herz würde nun nicht mehr richtig schlagen. Aus meiner Sicht hatte er sich nichts vorzuwerfen. Sylvies Leben war irgendwie unausgefüllt, vor allen Dingen ihr Berufsleben.
    «Aber es lief doch gut für sie», seufzte Édouard.
    «So gut nun auch wieder nicht … es waren immer nur irgendwelche Freunde, die ihre Bilder gekauft haben.»
    «Das stimmt nicht …»
    «Doch, natürlich stimmt das. Man kann sich nicht … über Jahre hinweg was vormachen … irgendwann muss man sich geschlagen geben …»
    «…»
    «… und alles infrage stellen …»
    «…»
    «Ein bisschen so … wie ich.»
    «Na, aber du bist deswegen auch nicht gleich schwul geworden.»
    «…»
    Als ich ihn mir so ansah, wie er auf dem Sessel lümmelte, begriff ich, dass er eine Weile hierbleiben würde. Ich würde ihm anbieten, auf dem Sofa zu schlafen. Es war mir fast eine Freude, ihm denselben Freundschaftsdienst erweisen zu können, den er mir erwiesen hatte. Er war so einfühlsam gewesen, als es mir schlecht ging (abgesehen von dem Moment, in dem er mich mit Dolipran hatte ruhigstellen wollen). Zwei oder drei Stunden und ebenso viele Flaschen Rotwein später lallte er:
    «Zum Glück hab ich wenigstens noch meinen Beruf, meine große Leidenschaft …»
    «…»
    «Weißt du, ich hab wirklich ein Faible für Zähne.»
    «Ich weiß, ich weiß …»
    «Aber was ist überhaupt mit dir? Wir reden die ganze Zeit nur von mir … und du sagst überhaupt nichts.»
    «Das ist ganz normal. Bei mir läuft alles gut.»
    «Du hast gemeint, es gibt da eine Frau, die dir gefällt.»
    «Ja.»
    «Und? Was ist mit ihr?»
    Im ersten Moment wusste ich nicht, was ich sagen sollte. Ich wusste nicht einmal, ob es überhaupt etwas zu erzählen gab. Aber Édouard ließ nicht locker,

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