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Zum Glück Pauline - Roman

Zum Glück Pauline - Roman

Titel: Zum Glück Pauline - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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sagen:
    «Wie geht es Ihnen?»
    «Danke, Mathilde. Ganz gut.»
    «Und Ihre Frau … wie verkraftet sie es?»
    «Meine Frau?»
    «Äh … ja … Ihre Frau …»
    «…»
    «…»
    «Ich hab ihr gar nichts gesagt …»
    «Was? Aber … wie geht denn das? Also …»
    «Ich wollte sie nicht zusätzlich belasten …»
    «Sind Sie … sicher, dass das … eine gute Idee ist?»
    Mathilde wirkte ganz erschrocken. Aber ich fand es wirklich nicht so schlimm, Élise nichts davon zu erzählen. Die Geschichte gereichte mir ja nicht unbedingt zum Vorteil. Ein Kollege hatte sich einen bösen Scherz mit mir erlaubt. Schließlich flog das Missverständnis mit meiner Sekretärin doch noch auf:
    «Aber … wenn ihr Vater … gestorben ist …»
    «…»
    «…»
    «Ach so, Sie meinen die Beerdigung. Pardon, ich bin ganz durcheinander. Das hab ich ihr natürlich schon gesagt … ich dachte … Sie fragen, wie meine Frau … na ja … ach, so was aber auch … entschuldigen Sie, Mathilde …»
    «…»
    «Ja … es geht ihr gut. Sie verkraftet das gut. Das heißt. es ist natürlich hart für sie. Sie hat ihren Vater sehr geliebt … aber sie ist eine starke Frau …»
    «Na gut … dann lasse ich Sie mal in Ruhe arbeiten … wenn Sie was brauchen … wissen Sie ja, wo Sie mich finden …»
    «Ja, danke noch mal, Mathilde. Sehr aufmerksam von Ihnen.»
    «…»
    Sie machte ein komisches Gesicht, als sie hinausging. Sie, die mich immer vor allen in Schutz genommen hatte, musste langsam denken: «Irgendwie tickt er doch nicht ganz richtig …» Aber ich konnte doch nichts dafür. So viel brach über mich herein, dass ich den Tod meines Schwiegervaters einen Moment lang ganz vergessen hatte. Ich musste lächeln, als ich mir unseren Dialog noch einmal auf der Zunge zergehen ließ. Eigentlich ziemlich lustig. Vor allen Dingen meine Äußerung: «Ich hab ihr gar nichts gesagt.» Ich sah wieder Mathildes Gesicht vor mir, die wohl geglaubt hatte, ich sei imstande, meiner Frau den Tod ihres Vaters zu verheimlichen.
    Kurze Zeit später fand ich mich wieder in meiner verdrießlichen Lage ein. Ich schaltete den Computer ein und checkte meine Mails. Um ordentlich Salz auf meine Wunden zu streuen, schickte man mir immer noch Kopien der das Japan-Projekt betreffenden Nachrichten. Ich las von einer anstehenden Reise nach Tokyo. Ich hatte einen schönen Ausblick auf das Leben, das ich nicht führte. Aber es machtemir gar nicht so viel aus, dass ich dieses Leben nicht führte. Es gab mir nur zu denken, was für ein leutseliges Wesen ich doch war. Ich hatte zwar einen gewissen Hass auf Gaillard, aber ich hielt mich gedanklich auch nicht lange bei meiner Niederlage auf. War das eine besonders ausgeprägte Sanftmut, die mich auszeichnete? Ich dachte mir bloß: Schade um die Karaoke-Abende mit den Kollegen und einigen hübsch geschminkten Japanerinnen, bei denen ich nicht dabei sein konnte. Vage schwebte mir eine Geisha im Satin-Kimono vor, mit der ich mich am Sake berauschen würde. Derlei Träume zeugten von meiner unmäßigen Neigung zu Klischees, in denen ich noch ein Weilchen schwelgte, bis die grausame Realität mich einholte.
    Gaillard kam ohne anzuklopfen in mein Büro und fragte barsch:
    «Und? Hast du die Sterbeurkunde dabei?»
    «Kriegst du schon noch. Keine Sorge.»
    «Ich hab nämlich die Schnauze voll von so Typen wie dir, die einen Trauerfall in der Familie vortäuschen, um sich auf die faule Haut legen zu können …»
    Ich schwieg. Sein Angriff prallte an mir ab. Er ging allerdings schon ganz schön weit. Ich dachte an die Tränen und die Trauer meiner Frau. Und langsam stieg eine Wut in mir auf, eine Wut, wie ich sie selten oder sogar noch nie zuvor gespürt hatte. Womöglich war ich ja gar nicht so feige, womöglich hatte ich nur einfach meine Wut im Zaum gehalten. Und meine Wut wurde immer größer, wie eine Welle, die immer höher schlug. Ich saß still auf meinem Stuhl, undein leises Lächeln, das die aufkeimende Gewalt übertünchte, umspielte meine Lippen.
    Er stapfte ohne weitere Worte davon, offensichtlich enttäuscht, weil ich ihm nicht richtig die Stirn bot. Es musste schon recht langweilig sein, auf mich einzudreschen, er brauchte dringend ein neues Opfer, das er in die Pfanne hauen konnte. Jedoch war unsere Unterhaltung noch nicht zu Ende. Ich hatte mit ihm über die Parkplatz-Akte zu reden, er sollte ja ein Auge auf meine Arbeit werfen. Ich brüllte ihm hinterher. Ich hätte auch aufstehen und ihm nachlaufen können, aber so war

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