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Zum Glück Pauline - Roman

Zum Glück Pauline - Roman

Titel: Zum Glück Pauline - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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halten. Ich kam seiner Aufforderung nach. Entgegen meinen Erwartungen erfüllte mich die Situation nicht mit Angst und Schrecken. Ich war sogar ein wenig aufgeregt. Das Ganze amüsierte mich. Nein, das ist nicht das richtige Wort. Sagen wir lieber, es gefiel mir. Sich das erste Malvor einem Psychoanalytiker auszubreiten, ist immer ein schönes Gefühl. Man genießt es fast, Probleme zu haben. Kompliziert wird es erst später, wenn man in den eigenen Neurosen versinkt. Er zog eine Schublade auf, und als ich mich umdrehte, sah ich, wie er einen Notizblock herausnahm. Eine bedeutsame Geste, wie ich fand. Er hätte seinen Notizblock genauso gut immer auf dem Schreibtisch liegen lassen können, aber nein, es gab dieses Ritual, die Schublade zu öffnen, das wohl die Tür zum Unterbewusstsein aufstoßen sollte. Wahrscheinlich dachte ich zu viel nach, aber ich konnte nicht aufhören, das Arrangement in Augenschein zu nehmen, das dazu vorgesehen war, mir neue Erkenntnisse über mich selbst zu liefern. Jedes Detail hatte sein Gewicht. Ich hatte zum Beispiel irgendwo gelesen, dass Freud die Barzahlung befürwortete, weil er wollte, dass sich der Akt der Geldübergabe im Bewusstsein des Patienten verankerte. Deshalb hatte ich lauter kleine Scheine dabei, ich dachte, je mehr Scheine, desto größer der Behandlungserfolg. Es konnte losgehen, ich hatte eine bequeme Position gefunden. Ausnahmsweise tat mein Rücken gar nicht weh. Vielleicht hatte sich die Magnetfeldtherapeutin meine Therapie ja auch so vorgestellt: Nicht die Psychoanalyse sollte mich heilen, sondern das Liegen auf dem ultra-komfortablen Diwan.
    Ich würde mit ihm sprechen, aber ich könnte ihn dabei nicht sehen. Ich fragte mich, warum das bei der Psychoanalyse so wichtig war, dass keine Blicke gewechselt wurden. Blicke standen beim Ablegen der Beichte sicherlich im Wege. Dassahen auch die Katholiken so. Man lässt sich nicht so gehen, wenn einen jemand anschaut. Der Vorteil für ihn war, dass er nebenbei noch andere Sachen machen konnte: Schlafen, ein paar SMS schreiben, was weiß ich? Ich hatte keine Ahnung, ob er ein guter und qualifizierter Fachmann war. Diese Unternehmenspsychologen hatten ja nicht unbedingt den besten Ruf. Jacques Lacan analysierte bestimmt nicht das Schuldmaß von Angestellten, die entlassen wurden.
    «Worüber wollen Sie reden?», fragte er.
    «Keine Ahnung. Das müssen Sie mir schon sagen.»
    «Nein. Sie müssen es sagen. Warum sind Sie hier?»
    «Wegen meinem Rücken. Er tut weh. Ich halt es kaum noch aus.»
    «Ich verstehe. Er tut also weh … Ihr Rücken.»
    Darauf fiel mir nun keine Antwort ein, seine Schlagfertigkeit hatte mich niedergestreckt. Glücklicherweise fuhr er fort:
    «Seit wann haben Sie diese Schmerzen?»
    «Seit ungefähr zehn Tagen.»
    «Und kommt das bei Ihnen häufig vor?»
    «Nein, das ist das erste Mal.»
    «Was war der auslösende Faktor?»
    «Es gibt keinen. Das hat man mich schon öfter gefragt. Und ich hab lange überlegt. Aber es gibt keinen. Das ist eben einfach so passiert, ohne ersichtlichen Grund.»
    «Das wird sich zeigen. Es muss einen Grund geben. Ich hatte schon öfter mit körperlichen Symptomen zu tun. Die meisten haben eine psychische Ursache …»
    «…»
    «Wir können ja schon mal eine Liste der Dinge erstellen, die Sie belasten.»
    «Dinge, die mich belasten? … Ich weiß nicht genau, was Sie meinen …»
    «Hören Sie … Sie haben einen Ihrer Arbeitskollegen krankenhausreif geschlagen, dabei sagen alle, dass Sie an sich die Ruhe in Person sind … nun erzählen Sie mir nicht, dass es nichts gibt, was Sie belastet …»
    «…»
    «Denken Sie ganz ruhig über alles nach. Das ist der einzige Weg, den Knoten zu lösen …»
    «…»
    «Das ist nämlich Ihr Problem: Sie müssen den Knoten lösen.»
    «Nein, ich hab wirklich keine Ahnung … obwohl … ja, stimmt … in der Arbeit hat es ein paar Probleme gegeben … das hing mit diesem Kerl zusammen … aber was heißt da Kerl … er ist ein Tyrann … ein Perverser … eine Bestie … ich hab mir schon vorgestellt, wie seine Kindheit ausgesehen haben muss … ich meine … man wird ja nicht einfach so zum Schweinehund … also zu einem richtigen Schweinehund … ich hab monatelang an einem Projekt gesessen … und er hat ein total falsches Spiel mit mir getrieben … das Letzte, so was hab ich noch nie erlebt … ich hatte eigentlich immer ein recht herzliches Verhältnis zu meinen Kollegen … mit manchen bin ich sogar ein bisschen befreundet …

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