Zum Glück verführt: Roman (German Edition)
geholt. »Sorry, ich hab den Hörer fallen lassen. Du wohnst wo? Auf der Ranch? Bei dem General? Hast du ihn schon kennen gelernt? Was ist mit seinem Sohn?«
»Alles schön der Reihe nach, Les. Ja, der General hat mich eingeladen, sein Gast zu sein. Und die Crew auch. Platz ist hier schließlich genug.«
»Grundgütiger. Ich wusste doch, dass du das packst, Süße.«
»General Ratliff ist ein Gentleman alter Schule. Er hat den Interviews sofort zugestimmt, allerdings
müssen wir schwer Rücksicht nehmen und dürfen ihm nicht zu viel abverlangen. Seine Gesundheit ist sehr angegriffen, Les.«
»Trotzdem hat er sein Okay zu den Interviews gegeben?«
»Ja.«
»Und sein Sohn?«
Völlig aus dem Häuschen über diese positive Bilanz, merkte Les gar nicht, dass Andy eine bedeutungsschwere Pause machte. »Der ist zwar weniger begeistert von der Sache, aber ich glaube nicht, dass er uns behindern wird.«
»Super, fantastisch, genial! Wärst du jetzt hier, würde ich dich küssen, dass es dir den Atem verschlüge und die Sinne raubte.«
Sie erschauerte. Einen solchen Kuss hatte sie heute Abend schon hinter sich. Und so intensiv empfunden wie noch nie in ihrem Leben. Mit allen Sinnen hatte sie sich Lyon hingegeben, seinem Mund, seinem Duft, der berauschenden Nähe seines Körpers. Sicher, sie und Robert waren ein verliebtes, junges Paar gewesen. Anfangs, aber dann …
»Andy-Maus, bist du noch da?«
»J… ja.«
»Los, erzähl mir alles haarklein, Puppe.«
»Der General ist sehr freundlich, fast väterlich zu mir. Er hat ausdrücklich betont, dass ich ihn zu allem interviewen darf, nur nicht zu speziellen Kampfeinsätzen. Sein …«
»Uff, langsam. Noch mal zum Mitschreiben. Wie war das mit den speziellen Kampfeinsätzen und so?«
»Diesbezügliche Fragen lehnt er kategorisch ab. Er antwortet nur auf Fragen, die den Krieg ganz allgemein betreffen.«
»Das wird ja immer kurioser.«
»Wieso?«
»Kannst du mir irgendeinen hochrangigen Offizier oder General nennen, der nicht darauf brennt, mit seinen persönlichen Kriegserinnerungen hausieren zu gehen? Ob der alte Knacker irgendwas zu verbergen hat, was denkst du?«
Dass er Michael Ratliff hemdsärmlig mit alter Knacker titulierte und ihm ganz nebenbei irgendwas anhängen wollte, brachte Andy auf die Palme. »Nein«, versetzte sie patzig. »Das denke ich nicht. Ich habe heute Berge von Zeitungsausschnitten gelesen, vom Beginn seiner Karriere bis zu seinem Abschied vom Militär. Da war nirgends auch nur der leiseste Hinweis auf einen Skandal.«
»Trotzdem wäre es eine Überlegung wert.«
Sie mochte diese Überlegung aber nicht weiterführen. Falls General Ratliffs Vergangenheit von irgendeinem kritischen Vorfall überschattet würde, wollte sie es gar nicht so genau wissen. »Das Haus ist toll. Die ideale Kulisse für unsere Aufnahmen. Wir filmen die Interviews in den Räumen, in denen der General sich am liebsten aufhält. Zusätzlich möchte ich ein paar Außendrehs machen. Sag Gil, er soll ein Spezialmikro
einpacken, damit man das Wasserrauschen nicht so hört.«
»Wasserrauschen? Bist du noch ganz dicht, Andy?«
»Vom Fluss.«
»Ach so, vom Fluss. Hast du noch was auf Lager? Ich hol mir eben Papier und Bleistift.«
Seine Bemerkung ignorierend, schilderte sie ihm exakt, welche Ausrüstung sie von ihren Leuten erwartete.
»So, ich glaub, das war alles«, sagte sie nach einem flüchtigen Blick auf ihren Notizblock.
»Nicht ganz«, meinte Les knapp.
»Was denn noch?«
»Jetzt erzählst du mir mal, was eigentlich mit dir los ist. Du hörst dich an wie ein sexgeiler Teenie, dem die Pille ausgegangen ist. Und das vor einer ganz heißen Nummer.«
»Les«, stöhnte sie ungehalten. Sein perverser Humor war an Geschmacklosigkeit kaum zu überbieten. »Mit mir ist alles okay. Es ist verflucht heiß …«
»Das war es in Florida auch, als du die kubanischen Flüchtlinge interviewt hast. Danach warst du tagelang fix und fertig. Also, spuck’s aus, Schätzchen.«
Les auf die Nase zu binden, was sie für Lyon empfand, war so ziemlich das Letzte, was ihr jetzt vorschwebte. Stattdessen versuchte sie, ihn mit Komplimenten zu ködern. Dafür war Les immer empfänglich.
»Schon mal daran gedacht, dass ich Heimweh haben könnte? Dass ich dich vermisse?«
»Wie ein Hund seine Flöhe. Ich brech gleich in Tränen aus.«
»Blödmann.«
»Okay, lassen wir das. Mich interessiert wirklich brennend, wieso der General nicht über seine Schlachten plaudern mag.«
»Les,
Weitere Kostenlose Bücher