Zum Glück verführt: Roman (German Edition)
meinst …?«
»Ja. Noch nie.«
»Küss mich.«
»Ist es zu heiß?«
»Nein.«
»Zu kalt?«
»Nein, gerade richtig. Wo ist die Seife?«, wollte Andy wissen.
»Ich bin zuerst dran«, versetzte er.
»Nein, ich.«
Sie fand die Seife und schäumte damit seine behaarte Brustpartie ein. Spielte mit ihrer Zungenspitze an seinem Ohrläppchen. Ihre Finger verharrten auf seinem Waschbrettbauch.
»Andy?«
»Ja?«
»Was hast du?«
»Skrupel.«
»Skrupel, mich anzufassen? Du brauchst keine Angst zu haben. Berühr mich, Andy. Streichle mich.«
Zurückhaltend tasteten sich ihre Fingerspitzen weiter. Bis sie den Mut hatte, seine Erektion zu berühren. Zunächst zögernd, begann sie, ihn zu stimulieren.
»O Gott, Andy.« Er bedeckte ihre Hand mit seiner. »Ja, Schätzchen, so ist es gut. Ah, mach weiter!« Er stemmte sie gegen die nassen Wandfliesen der Dusche.
»Jetzt bist du dran«, hauchte sie schließlich atemlos.
»Sorry, aber dieses Mal muss ich kapitulieren.«
Erschöpft und befriedigt lagen sie im Bett, ein ineinander verknäultes Gewirr aus Armen und Beinen. Lasziv glitt seine Fingerspitze über ihre Wirbelsäule, derweil sie ihr Gesicht in seinen Brustflaum kuschelte.
»Wie fandest du eigentlich meinen Vater, Andy?«
»Warum fragst du mich das jetzt?«
Sie spürte, wie er mit den Achseln zuckte. »Weiß nicht. Vielleicht, weil er immer in Sorge war, ob die Leute seine Leistungen positiv sahen und wie er in den Geschichtsbüchern wegkommen würde.«
»Er war ein großartiger Mann, Lyon. Je mehr ich über ihn lese, umso mehr bewundere ich ihn als Soldaten. Aber das ist es bestimmt nicht, woran ich in erster Linie denke. Ich werde ihn stets als den sympathischen alten Herrn in Erinnerung behalten, der seinen Sohn und seine Ehefrau von ganzem Herzen liebte, der seine Mitmenschen respektierte und seine Privatsphäre schätzte. Sehe ich das richtig?«
»Hmm … ja.« Er rutschte ein Stück höher und lehnte sich mit dem Rücken gegen das Kopfende des Bettes. Winkelte ein Knie an und zog sie neben sich.
»Les hatte Recht, weißt du«, sagte er leise.
Sie drehte den Kopf zu ihm, gewahrte seine ernste Miene. »Inwiefern?« Sie wollte es gar nicht wissen, trotzdem hakte sie nach, weil Lyon erkennbar darauf brannte, es ihr zu erzählen.
»Dass es definitiv einen Grund gab, weshalb mein Vater vorzeitig aus der Armee ausschied und die Abgeschiedenheit
der Ranch wählte. Dass er sich völlig aus dem gesellschaftlichen Leben zurückzog.«
Sie lag ganz still, wagte kaum zu atmen.
»Er kam als Held zurück, aber er fühlte sich weiß Gott nicht so. Verstehst du das? Hast du schon mal was von der Schlacht an der Aisne gehört?«
»Ja. Es war ein entscheidender Sieg für die Truppen deines Vaters. Tausende von Feinden fielen.«
»Tausende von amerikanischen Soldaten auch.«
»Bedauerlicherweise ist das der Preis für den Sieg.«
»In den Augen meines Vaters war der Preis zu hoch, der ihm dafür abverlangt wurde.«
»Wie meinst du das?«
Seufzend verlagerte Lyon sein Gewicht. »Er hatte einen fatalen Fehler bei der Beurteilung der Lage gemacht und ein ganzes Bataillon im wahrsten Sinne des Wortes in den sicheren Tod geschickt. Es passiert häufiger, dass hochrangige Militärs zum eigenen Ruhm das Leben ihrer Soldaten aufs Spiel setzen. Aber da war mein Vater anders. Er respektierte die Person jedes einzelnen Mannes, der unter seinem Kommando stand, egal ob Offizier oder Rekrut. Als er seinen taktischen Irrtum realisierte, war er am Boden zerstört. Er hatte es sich nie verzeihen können, dass aufgrund seiner Fehleinschätzung so viele Männer sterben mussten, die Witwen und Waisen zurückließen …« Ihm versagte die Stimme.
»Aber Lyon, wenn man berücksichtigt, welche
Verdienste er sich ansonsten erworben hat, ist dieser eine Fehler doch verzeihlich.«
»Für uns schon. Für ihn nicht. Er ärgerte sich maßlos, dass die Schlacht zu einem der Wendepunkte jenes Krieges erklärt wurde. Und er dafür hoch dekoriert wurde. Sie wurde als entscheidender Sieg gewertet, gleichwohl glaubte er, als Soldat und als Mensch versagt zu haben.
Nach seiner Heimkehr wurde er als Held gefeiert, aber ihn quälten zermürbende Selbstvorwürfe. Er fühlte sich nämlich nicht als Held. Sondern als Verräter.«
»Das kann nicht sein!«
»Nicht als Landesverräter, wenn du das meinst, aber als Verräter an den Leuten, die seinen Führungsqualitäten vertraut hatten. Dieser Konflikt war für ihn unerträglich,
Weitere Kostenlose Bücher