Zum Glück verführt: Roman (German Edition)
Darüber hatten sie kein Wort verloren. Letzte Nacht hatten sie nur für den Augenblick gelebt. Ganz gleich, wie die Dinge zwischen ihnen lagen –
und eigentlich mochte sie sich eine Zukunft ohne ihn nicht mehr vorstellen –, sie wusste, dass sich etwas ändern musste in ihrem Leben. So wie bisher konnte es nicht weitergehen. Bis zu diesem Entschluss hatte sie gar nicht gemerkt, wie sehr sie unter Druck stand. Sie war verkrampft und gestresst gewesen. Aber jetzt fühlte sie sich frei und unbeschwert.
Sie hörte, wie er im Laufschritt die Treppe nahm, und ihr Herzschlag beschleunigte sich. Nach einem letzten kritischen Blick in den Spiegel wirbelte sie herum, in Richtung Tür, um ihn stürmisch zu begrüßen.
»Endlich! Mein geliebter …« Die Worte blieben ihr in der Kehle stecken, als sie seine wütend-verächtliche Miene erkannte. Seine Augen sprühten Blitze. Er hatte die Lippen zu einer schmalen Linie zusammengepresst und schnaubte verächtlich.
»Du verlogenes, hinterhältiges …«
»Lyon«, unterbrach sie ihn. »Was ist denn passiert?«
»Ich sag dir, was passiert ist. Eine kleine Schlampe namens Andy Malone hat mich wieder mal reingelegt.«
»Reingelegt …«
»Dieses Theater von wegen keine Ahnung und so kannst du dir sparen, okay?«, brüllte er. »Ich weiß jetzt, weshalb du hier bist.«
»Lyon«, murmelte sie. Sie ließ sich auf das Bett sinken und starrte ihn fassungslos an. »Ich weiß nicht, wovon du redest.«
»Ach nein?« Er stampfte zum Fenster und blickte hinaus, über die Anhöhen, die in morgendliches Sonnenlicht getaucht waren. »Okay, ich höre zu. Dann erklär mir mal, wieso du gestern hergekommen bist.«
»Ich wollte dich sehen.« Das war die Wahrheit. Les hatte ihr lediglich einen willkommenen Vorwand geliefert, um auf die Ranch zurückzukehren. Hätte der Revers nicht unterschrieben werden müssen, wäre ihr mit Sicherheit etwas anderes eingefallen, um Lyon wiederzusehen.
»Du wolltest mich sehen«, wiederholte er zynisch und drehte sich zu ihr um. »Wie rührend. Bestimmt wolltest du mich in meiner Trauer trösten.«
»Ja«, schluchzte sie. Der Sarkasmus in seiner Stimme war ekelhaft.
»Gab es da nicht vielleicht noch einen anderen Grund?«, fragte er ölig.
»Doch, ja. Ich brauchte … Da war noch … dieser …«
»Spuck’s aus, verdammt noch mal!«, brüllte er.
Sie sprang vom Bett auf und fixierte ihn todesmutig. »Ich brauchte deine Unterschrift auf einem Revers, deine Einwilligung, dass die Interviews mit deinem Vater im Fernsehen ausgestrahlt werden können. So, jetzt ist es raus! Wolltest du das von mir hören, oder was?«
»Und dann hast du mich völlig neben der Spur, betrunken und depressiv aufgefunden, und ich hab an
deine mütterlichen Instinkte appelliert. Herzensgut, wie du bist, hast du beschlossen, hierzubleiben und wieder einen ganzen Kerl aus mir zu machen.«
»Nein«, erwiderte sie kopfschüttelnd. »Das eine hatte mit dem anderen nichts zu tun. Ich wollte dir bloß helfen. Den Revers hab ich dabei schlicht verdrängt.«
»Aber natürlich. Du wolltest mir bloß helfen. Hast mir deinen Körper geschenkt, ohne den Hauch eines Skrupels, darf ich betonen, und mir klammheimlich aus den Rippen geleiert, worum es dir in erster Linie ging.«
Heiße Röte schoss ihr in die Wangen ob seiner kränkenden Äußerung. Um Fassung bemüht, grub sie die Fingernägel in die Handflächen. Einer von ihnen musste schließlich einen klaren Kopf behalten, zumal Lyon zunehmend ausrastete. »Und was war das, Lyon? Wofür habe ich deiner Meinung nach meinen Körper verkauft? Antworte mir.«
»Für deine gottverdammte Sensationsstory«, presste er zwischen zusammengekniffenen Lippen hervor. »Ich hab mir eben die Morgennachrichten im Fernsehen angeschaut. Der New Yorker Moderator machte die Zuschauer darauf heiß, was im heutigen Abendprogramm gesendet wird: sensationelle Enthüllungen im Leben und Wirken von General Michael Ratliff. Interviews von ungeahnter Brisanz, brandaktuell, noch an seinem Todestag aufgezeichnet. Und wer bringt diese weltbewegende Reportage?
Niemand anders als meine Bettgespielin oder wie immer man sie nennen mag: Andy Malone.«
Wutschäumend kam er auf sie zu. »Und jetzt hast du ihnen richtig was zu berichten. Also acker dich heute durch die Geschichtsbücher und vor allem die Schlacht an der Aisne. Wie ich dich kenne, willst du doch bestimmt sämtliche Fakten präsent haben, bevor du die Bombe platzen lässt.«
Wie ein Ballon, der
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