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Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition)

Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition)

Titel: Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Pfarrer
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langsam!«, sagte er.
    Ich lief zu dem Platz, an dem sich die Boat-Crews gesammelt hatten, dem geräumigen Eingangsbereich eines großen, verrammelten Ladens. Hier fanden wir einen gewissen Schutz. Instinktiv möchte man unter Artilleriebeschuss möglichst schnell an sein vorbestimmtes Ziel gelangen. Ich dagegen war jetzt gegen jede Eile. Ich hatte keine Ahnung, welche Gruppierung auf die Botschaft schoss. Ein halbes Dutzend Bürgerkriegsparteien kamen infrage … Wer die Raketen abgefeuert hatte, spielte ohnehin keine Rolle. Wichtig war nur, ob es eine weitere Salve geben würde. Bei Artilleriebeschuss gibt es meist einen vorgeschobenen Beobachter, der sich in der Nähe des Ziels aufhält und die Schützen über ihre Treffpunktlage informiert. Die drei Raketen hatten die Botschaft verfehlt. Unsere gegenwärtige Deckung war ziemlich gut und ich wollte erst einmal abwarten, ob sie noch einmal feuern würden. Das würde zwei Dinge bestätigen: Einmal, dass höchstwahrscheinlich die Botschaft das Ziel war. Noch wichtiger war jedoch, dass wir herausfinden würden, ob es hier einen Artilleriebeobachter gab, der die Corniche im Auge hatte. Die Botschaft blieb, wo sie war, im Gegensatz zu uns. Außerdem steckten die Marines absolut sicher in ihren Unterständen, während wir noch einmal 100 Meter offenes Gelände überwinden mussten, um zu unserem Abholpunkt zu gelangen. Wenn es also einen Beobachter gab, würde er ganz bestimmt seiner Artilleriestellung unsere Anwesenheit melden. Ich wollte jedoch nicht das nächste Ziel werden.
    Wir warteten. Nichts passierte. Etwa 1,5 Kilometer vor der Küste konnten wir endlich die weiße Bugwelle der Sea Fox erkennen, die gerade den Taubenfelsen umrundete und auf unsere Seite der Beirut-Halbinsel einbog. Unser Taxi war im Anmarsch.
    Wir rückten im Schatten der Gebäude ein Stück nach Westen vor. Dabei mussten wir eine Reihe von schmalen Seitensträßchen überqueren, die alle auf die Corniche hinausführten. Zwischen dem Abholpunkt und uns lagen jetzt nur noch zwei Straßenkreuzungen. Wir setzten uns wieder in Bewegung, und als wir an der letzten Kreuzung ankamen, lugte ich um eine Mauerecke. Eine lange Salve aus einem schweren Maschinengewehr ratterte uns entgegen.
    Ein Block weiter stand ein weißer Datsun-Pickup. Auf seiner Ladefläche war ein russisches DSchK, ein 12,7-mm-Flugabwehr-MG, montiert. In Somalia würde man diese unkonventionellen Kampfwagen später »Technicals« nennen, im Libanon benutzten wir den Ausdruck, den die Einheimischen geprägt hatten. Maschinengewehre auf den Ladeflächen von Pickups hießen hier »Wasserskier« – wegen der Art, wie die Schützen sich an sie klammerten, wenn die Kleinlastwagen durch die Stadt rasten.
    Dieser Wasserskifahrer hatte uns jedoch noch nicht erspäht. Er schoss eine weitere Salve die Straßenmitte hinunter. Ich zog den Kopf zurück und duckte mich. Nach ein paar Sekunden verlegte er das Feuer und begann, auf die Ecke des Gebäudes einzuhämmern.
    Während ich mich eng an die Wand drückte, schlugen die Kugeln große Betonstücke aus ihr heraus. Leuchtspurgeschosse sausten über den Asphalt und eierten auf die Corniche hinaus. Zementstaub puderte mir die Haare und rutschte in den Kragen meiner Tarnjacke. Mein Kopf dröhnte von den Erschütterungen der Kugeleinschläge.
    Seltsamerweise hatte ich meiner Erinnerung nach keine Angst. Ich glaube, ich habe sogar gelacht. Unsere Deckung war solide. Trotz des beeindruckenden Beweises seiner Feuerkraft würde uns dieser Typ nicht erledigen. Wir konnten ihn sogar von unserer Seite durch die zerbrochenen Fenster des Eckgebäudes ins Visier nehmen. Ich richtete mich blitzschnell hinter einem zerschmetterten Fensterrahmen auf, zielte mit dem M-203 auf den Angreifer und drückte ab. Der Granatwerfer ging mit einem lauten Popp los. Während ich wieder in die Hocke ging, hörte ich ein Geräusch, als ob jemand Papier zerreißen würde, dem unzählige Pings folgten. Es war das Geräusch der Flechettes, die in den Pickup einschlugen.
    Das Maschinengewehr hörte zu schießen auf, und ich hörte, wie der Kleinlaster in den Rückwärtsgang schaltete. Ich lugte um die Ecke und sah, wie der Wasserskifahrer mit einem seltsamen Gesichtsausdruck rückwärts auf die Pickup-Ladefläche sank. Seine Faust umklammerte immer noch den Griff seines DSchK, dessen Lauf jedoch immer weiter in den Himmel zeigte, je mehr die Beine des Schützen unter ihm nachgaben. Auf seinem Hemd und seinen Hosenbeinen breiteten

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