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Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition)

Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition)

Titel: Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Pfarrer
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haben konnten. Dafür verabscheute ich ihn. Nicht weil er ein Feigling war, sondern weil seine Schwäche auf uns abfärben konnte.
    Im Libanon hatte ich oft das Gefühl, dass ich 17 Leben in meinen Händen hielt. Diese Männer, ihr Fleisch und Blut, wurden zu meinem Leben. Stan war nur deshalb ein Problem, weil er die gesamte Mannschaft schwächte. Er motzte, stöhnte und pflanzte Zweifel in Herzen, die sich selbst bereits ihrer Sollbruchstelle näherten. Stan war ein Problem, weil er uns zeigte, dass wir alle eine Scheißangst hatten. Er zeigte uns, dass wir alle nur noch heimkehren und am Leben bleiben wollten.
    An diesem abgefuckten, hoffnungslosen Ort zeigte Stan uns, dass wir immer noch Menschen waren.

Der blutige Sonntag
    Ich schob den Verdunklungsvorhang zur Seite und tastete mich völlig nachtblind die sandsackbewehrte Treppe unseres Unterstands hinauf. Oben angekommen, versuchte ich loszulaufen, geriet jedoch ins Stolpern und blieb einen Moment ganz ruhig in der tiefschwarzen Dunkelheit stehen, die mich von allen Seiten umgab. Ganz langsam weiteten sich meine Pupillen, und in der Nacht entdeckte ich erste Konturen. Ich konnte den Schemen einer Ratte erkennen, die direkt vor meinen Füßen vorbeihuschte. Ich trat nach ihr, ohne sie zu erwischen. »Scheißvieh!«, zischte ich ihr nach. Die Ratte jagte davon, ein Schattenwesen, das von der Dunkelheit verschluckt wurde. Mit weit geöffneten Augen setzte ich mich in Bewegung.
    Über dem Schuf waren zwei Popps zu hören, zwei Leuchtgranaten flammten auf und sanken an ihren Fallschirmen langsam zu Boden. In ihrem Licht erschienen die Berge nebulös und wolkenhaft. Als ich an unserer Zufahrtssperre ankam, waren die beiden Lichter bereits erloschen. Ich spähte weiterhin zu den Bergen hinüber und hörte in meiner Nähe die leisen Gespräche der Soldaten, die in ihren Außenstellungen Wache hielten.
    Schon vor einiger Zeit waren libanesische Panzer nach Süden gerollt. Jetzt drang aus dieser Richtung das Geräusch sporadischer Feuergefechte bis zu uns herauf. Im Moment floss auf der Küstenstraße keinerlei Verkehr, ob nun nach Süden oder Norden. Ihre vier Spuren waren vollkommen leer. Der Mond ging über dem Schuf auf, warf jedoch kein Licht auf die Erde oder das Meer. Eine Gewehrkugel zischte über meinen Kopf hinweg, gefolgt von dem schrillen Pfeifen eines Querschlägers. Ich schloss meine Schutzweste und überquerte mit geballten Fäusten eine weite, offene Fläche. Die Dunkelheit wurde plötzlich von einer weiteren Leuchtgranate erhellt, die mit irritierender Langsamkeit zu Boden schwebte. Sie stammte eindeutig von unseren Feinden. Ich ging neben der niedrigen Seitenmauer unserer Zufahrtssperre in die Hocke und drückte mich in den Schatten, bis der Leuchtsatz auf dem Boden außerhalb unseres Stacheldrahtzauns erloschen war.
    Der Wind wehte in kurzen Böen vom Schuf herunter und brachte den Geruch der Berge mit. Es war eine kühle Nacht. Im Augenblick war es absolut ruhig. Ich kauerte mich gegen die Barrikade, hielt mein Nachtsichtgerät an die Augen und schaute zum Schuf-Gebirge hinüber.
    Selbst mit bloßem Auge konnte man auf dessen Anhöhen die Zeichen reger Kamphandlungen erkennen. Immer wieder blitzten in der Dunkelheit Mündungsfeuer auf. Im Nachtsichtgerät wurde die Nacht endgültig lebendig. Die Mündungsblitze und die Leuchtspurfontänen ließen das Schuf-Gebirge regelrecht erglühen. Es folgten ein paar so grelle Explosionen, dass sie mich in meinem Nachtsichtgerät blendeten. Ich hatte das Gefühl, direkt in ein Stroboskop zu schauen. Aus dem grünen Himmel fielen Leuchtgranaten wie uralte Sonnen zur Erde und tauchten die dunkle Stadt in ein schwaches Grün. Alles war grün in diesem Nachtsichtgerät. Nur ab und zu erglühte alles in einem fast weißen, blendenden, unheimlichen Licht.
    Es war der Abend des 22. Oktober. Kurz nach dem Abendessen begann der Beschuss mit Katjuscha-Raketen und 122-mm-Haubitzengranaten. Sie schlugen in regelmäßigen Abständen im südlichen Teil des Flughafens und in unserem Green Beach ein.
    Es war Samstagnacht, Ausgehnacht, aber unsere Optionen waren ziemlich simpel. Wir konnten in unserem Unterstand sitzen bleiben und weiterhin beschossen werden, oder wir konnten außerhalb unseres Stützpunkts patrouillieren und die Schützen zu lokalisieren versuchen. Nachdem der Mond untergegangen war, befahl ich Doc Jones, die Boat-Crews Charlie und Delta einsatzbereit zu machen. Binnen weniger Minuten griffen sich die Männer

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