Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition)
Waffe gereinigt hatte, warf ich mich auf meine Pritsche, rollte meine Schutzweste zu einem Kissen zusammen und schlief sofort ein.
Um 6.23 Uhr riss uns etwas aus dem Schlaf. Es war eine ungeheuer laute Explosion, die jedoch überhaupt nicht dem Geräusch detonierender Raketen und Granaten glich, an das wir uns inzwischen gewöhnt hatten. Ein markerschütternder dumpfer Schlag, dem ein Mega-Dezibel-Getöse folgte, das sich wie ein langes Stöhnen anhörte. Ich wusste nur, dass etwas Gewaltiges ganz in unserer Nähe passiert sein musste. Dann wurde unser Unterstand von einer Schockwelle erschüttert. Der Boden unter meinem Feldbett und die Seitenwände unseres Unterstands bebten. Es fühlte sich an wie ein richtiges Erdbeben.
Ein oder zwei Sekunden lang glaubte ich, ein Volltreffer hätte unseren Unterstand getroffen. Ich lag auf meiner Pritsche und vergewisserte mich, dass noch alles an mir dran war und ich weiterhin auf dieser Erde weilte. Ich versuchte mir vorzustellen, was zum Teufel das gewesen war. Ich hatte noch nie im Leben etwas so Gewaltiges gehört oder verspürt.
Doc setzte sich auf: »Was zum Henker war das? Eine Scud-Rakete?«
Dann steckte jemand den Kopf durch den Eingang unseres Unterstands.
»Lieber Gott. Sie haben das BLT erwischt!«
»Unsinn«, rief ich nach oben. Jedes Artillerieduell, jeder Granatbeschuss und jedes Geschoss, das im Planquadrat des Hauptquartiers einschlug, hatte immer eine Flut von Gerüchten und falschen Meldungen aus den anderen Stellungen zur Folge.
Ich stand auf, steckte meine Pistole ins Holster und kletterte aus dem Unterstand. Ganz Green Beach war in hellem Aufruhr. Man hatte sofort die Alarmstufe eins ausgerufen. Marines rannten zu ihren Waffen. Die MG-Nester an den Flanken wurden bemannt und die Fahrzeugsperre quer über die Zufahrt zu unserem Stützpunkt gezogen.
Das Ganze wirkte wie ein böser Traum. Als ob ich irgendwie wieder eingeschlafen wäre. Ich kletterte wie betäubt auf unseren Wachtturm. Über dem Flughafen war inzwischen eine riesige schwarze Wolke 200 Meter in den Himmel aufgestiegen. Im französischen Sektor hing ein weiterer Rauchkegel über der Stadt.
Ich hob meinen Feldstecher an die Augen. Das musste ein Traum sein, versuchte ich mir einzureden, ein verdammter Albtraum.
Das gesamte Gebäude des Hauptquartiers war weg.
Beim genaueren Hinsehen ließen sich jedoch noch seine Reste erkennen. Die Explosion hatte es in einen flachen, niedrigen, kreidegrauen Haufen aus Stein- und Stahlbetontrümmern verwandelt. Die obersten Stockwerke waren vollständig atomisiert. Die Detonation hatte die Erde in einem Umkreis von 3 Kilometern erzittern lassen. In dem 500 Meter entfernten MSSG-Gebäude hatte die Druckwelle die schweren Eichentüren in der Mitte durchgeschlagen. 200 Meter jenseits eines Hains voller entwurzelter, zerstückelter Bäume waren auch die Gebäude, die das libanesische Verbindungsbüro beherbergten, von der Drcukwelle der Detonation zerstört worden.
Es war kurz nach 6.00 Uhr. An Sonntagen wurde das Frühstück immer etwas später serviert. Es war das Privileg der Männer im Hauptquartier des Battalion Landing Teams, etwas länger schlafen zu dürfen.
Während die Marines noch in ihren Betten schlummerten, war ein gelber, offener Mercedes-Lkw die Zufahrtsstraße zum Flughafengelände entlanggefahren. Der Fünftonner hatte einen Checkpoint der libanesischen Armee passiert und war dann auf den Flughafenparkplatz eingebogen. Dort drehte er einen Kreis, beschleunigte stark und durchbrach nach 100 Metern die Stahl- und Betonbarriere, die den Parkplatz umschloss. Die Teerfässer und Stacheldrahthindernisse konnten ihn nur geringfügig abbremsen.
Mit Vollgas pflügte der Lieferwagen jetzt durch die sandsackbewehrten Wachpostenstellungen am Eingang des Hauptquartiers, wobei er einen Wache haltenden Marine auf seiner Stoßstange mit sich riss. Die Reifen quietschten auf dem Fliesenboden der Eingangshalle, als der Mercedes bis in den offenen Innenhof des Gebäudes vordrang.
Dort zündete der Selbstmordattentäter die mitgeführte Bombe, die eine Sprengkraft von 5400 Kilogramm TNT hatte.
In den Minuten nach der Explosion herrschte das reine Chaos. Niemand wusste, ob diese Autobombe nicht nur das Vorspiel zu einem Generalangriff auf den Flughafen, möglicherweise durch die syrische Armee, gewesen war. Auf einen Schlag verlor die 24 th Amphibious Unit fast ein Viertel ihrer Männer. 241 US-Soldaten, davon 210 Marines, waren bei dem Anschlag
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