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Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition)

Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition)

Titel: Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Pfarrer
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Rückens hinübergegangen. Die ganze Zeit hatte das Gelände unseren Erwartungen entsprochen. Vor uns erstreckte sich jetzt unter dem bewölkten Himmel das Tal. Doch diese Piste durfte es hier eigentlich nicht geben.
    Jede Navigation ist in Wirklichkeit reine Theorie. Man folgt den Regeln, legt Fixpunkte fest und stellt Vermutungen an. Man weiß nie, wo man ist, bis man zu einem Ort kommt, den man kennt. Navigieren ist die Kunst, die Karten mit der Realität in Übereinstimmung zu bringen. Ich war mir ziemlich sicher, dass wir am richtigen Ort waren. Wir mussten es einfach sein. Diese gottverdammte Piste war am falschen Ort.
    Die Piste, die nicht hier sein sollte, schlängelte sich rechts von uns in Haarnadelkurven hinunter ins Tal. Wir überquerten sie an einer Stelle, wo es vor Kurzem einen kleinen Bergrutsch gegeben haben musste. Wir achteten darauf, unsere Fußspuren mit dem Zweig eines Strauchs zu verwischen. Wir wählten ein Wacholdergestrüpp zwischen zwei Haarnadelkurven als Beobachtungsstellung. Dort gingen wir in Deckung, und Bubba bog einige Zweige auf eine Weise über uns, dass wir selbst aus der Nähe kaum noch zu entdecken waren.
    Wir hatten es gerade noch geschafft. In gut fünf Minuten sollte der Angriff erfolgen. Ich legte das AK-47 quer über meinen Arm. Bubba ging in die Hocke und beobachtete den Feldweg, während ich den Feldstecher aus meinem Rucksack holte.
    Ich richtete ihn auf das Tal und musterte es von einem Ende zum andern. Über den ganzen Talgrund waren Gebäude verstreut. Die meisten waren niedrige Lehmziegelhütten. Daneben gab es noch einige zweistöckige Zement- oder Betonziegelhäuser mit flachen Dächern. Es handelte sich also um typisch libanesische Architektur. Ich holte meine Karte heraus und versuchte, die Zielgebäude zu finden. Dieser Aufgabe konnte ich mich jedoch nur kurze Zeit widmen.
    Hinter uns hörten wir plötzlich ein Klappern, das klang, als ob jemand völlig unrhythmisch an eine verstimmte Kuhglocke schlagen würde. Ich warf den Kopf herum. Neben mir tippte sich Bubba schweigend mit zwei Fingern an den Unterrand seines Auges, das SEAL-Handzeichen für »Feind«. So leise, wie ich konnte, entsicherte ich mein AK-47. Wir drückten uns noch weiter in unser Wacholdergebüsch hinein. Auf der ausgewaschenen Piste kam dieses Klappern immer näher. Tatsächlich wurde dieses Geräusch vom Gurtgeschirr eines armen, alten Esels verursacht, der einen kleinen Bauernkarren zog. Der Karren war eindeutig ein einheimisches Fabrikat. Jemand hatte eine roh zusammengezimmerte hölzerne Plattform auf die Antriebsachse eines ausgeschlachteten Lastwagens montiert. Völlig abgefahrene Reifen schwabbelten hin und her, als das Gefährt heranratterte. Durch die Zweige konnte ich einen Blick auf einen alten Mann mit einem zerfledderten Kopftuch erhaschen, der die Zügel in der Hand hielt.
    Wir hielten den Atem an. Der Karren würde nicht einmal 6 Meter an uns vorbeifahren, wenn er um die nächste Haarnadelkurve bog. Der Alte trug ein zerrissenes graues Anzugjackett über einer schmuddeligen Dischdascha. Er lehnte sich an eine Sperrholzplatte, die die Vorderseite des Karrens von der Ladepritsche trennte. An den Füßen trug er ein Paar Reebok-Tennisschuhe, deren Hinterkappen jedoch irgendwie abhandengekommen waren. Da seine nackten Fersen herausragten, sah es so aus, als trüge er ein Paar Hausschlappen. Als sich der Karren noch weiter näherte, entdeckte ich hinter der Sperrholzplatte eine Bewegung. Der Fahrer war also nicht allein.
    Zwei Männer in syrischen Armeeuniformen saßen entgegen der Fahrtrichtung auf der Ladefläche und ließen ihre schmutzigen Stiefel von der Rückseite des Karrens herunterbaumeln. Sie hatten die Kapuzen ihrer Tarnjacken hochgezogen. Ihre Waffen, ein AK-47 und ein RPK-Maschinengewehr, lagen quer über ihrem Schoß. Sie waren durch die Fahrt durch den Nebel völlig durchnässt. Beide saßen mit hochgezogenen Schultern nach vorne gebeugt da, während der Karren über die Rumpelpiste holperte.
    Das Gefährt kam immer näher. Mit gesenktem Kopf trottete der arme Esel um die Kurve. Wir konnten den scharfen Geruch der Gauloise riechen, die der Alte gerade rauchte. Ich schaute zu Bubba hinüber. Er beobachtete sie durch das Visier seines CAR-15. Seinem Gesicht war keinerlei Regung anzumerken. Sein Finger ruhte am Abzug. Kimme und Korn seiner Waffe waren in einer Linie mit der Kapuze seiner Feldjacke. Es war mein Vorrecht, das Feuer zu eröffnen. Wenn ich schoss, würde

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