Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition)
Nacht musste ich als Erster das U-Boot verlassen. Man hatte mir die Rolle des Taklers zugewiesen. Meine Aufgabe war es jetzt, am Rumpf und am Kommandoturm eine Reihe von Leinen anzubringen, die bei der Ausschleusung der Schwimmer und dem Ausbringen unseres Boots helfen würden. Bei den SEALs arbeitet man nur ganz selten allein. Im Wasser und an Land wird die sogenannte Buddy Rule strikt beachtet, die festlegt, dass man bei jeder Tätigkeit einen Kameraden dabeihaben sollte. Das Riggen eines Unterseeboots war eine der wenigen Aufgaben, bei der dies nicht möglich war. Und glauben Sie mir, wenn Sie nachts um ein U-Boot herumschwimmen, fühlen Sie sich sehr allein.
Ich stieß mich durch die zweite Luke aus der Schleusenkammer hinaus auf das Deck des Unterseeboots. 12 Meter über mir schimmerte im Mondschein die Oberfläche des Karibischen Meers. Als sich meine Augen an das schwache Licht gewöhnt hatten, konnte ich erkennen, wie unglaublich klar das Seewasser hier war. Über und unter mir herrschte das tiefste Blau, das nur vom Deck des U-Boots unterbrochen wurde, das sich schwarz und riesig unter meinen Füßen erstreckte.
Als ich durch die Luke schlüpfte, spürte ich, wie sich das Unterseeboot nach vorne bewegte. Die Luftblasen meines Atemreglers wirbelten in einem silbernen Tumult nach hinten. Wie ein Hai musste das U-Boot ständig in Bewegung bleiben. Ich konnte seine Kraft durch das Wasser regelrecht fühlen. Fast 30 Meter hinter mir drehte sich ganz langsam der Propeller der Cavalla . Sein Pochen hörte sich an wie ein lebendiges Wesen. Ich holte aus einem Kasten, der neben dem Turm in den Druckkörper eingelassen war, die Leinen und Schnappverschlüsse, die ich benötigte.
Da das U-Boot so langsam war, musste ich nur im Wasser auf der Stelle schweben und warten, bis sich das konvexe Deck unter mir hindurchbewegt hatte, um an die gewünschte Stelle zu kommen. Über mir thronte der Kommandoturm. Dessen Aufbauten hoben sich riesig und kreuzförmig von der mondbeschienenen Meeresoberfläche weit über mir ab.
Als ich die Leine am Kommandoturm anbrachte, spürte ich, wie sich der Wasserdruck um mich herum änderte. Dann fühlte ich etwas, das mich regelrecht elektrisierte. Es war eine starke Kraft, eine Lebensenergie, anders kann ich es nicht beschreiben. Ein langer Schatten glitt über mich hinweg und dann noch einer. Als ich meine Augen von meiner Arbeit hob, erblickte ich erstaunt einen ganzen Schwarm junger Gelbflossen-Thunfische, die um das Tiefenruder des U-Boots herumschwammen und sich mir immer mehr näherten. Kurze Schläge ihrer 90 Zentimeter langen Schwanzflossen genügten, um sie an einem Ort zu halten. Ich war erstaunt, dass sie mir so nahe kamen.
Ich zog mich an der Leine entlang, die ich gerade befestigt hatte. Es war eine Tangente, die vom Bug des Schiffes zur Spitze des Kommandoturms führte. Ich hängte mich mit den Händen an diese Leine, während mein Körper in der Strömung wie eine Flagge oder ein Tau hin und her flatterte. Während ich vom U-Boot vorangezogen wurde, schwamm der Schwarm dicht neben mir her. In meiner Euphorie musste ich mich selbst daran erinnern, dass ich die Leine keinesfalls loslassen durfte. Ich würde dann nämlich weggeschwemmt werden und höchstwahrscheinlich für immer verloren gehen. Die Fische zogen biolumineszentes Plankton wie eine Sternenkaskade hinter sich her. Es war mit das Schönste, das ich jemals gesehen habe. Ich erinnere mich an das Silber über mir und das Kobaltblau unter mir. Dieser Anblick taucht bis heute noch manchmal in meinen Träumen auf.
Ich drehte mich an der Leine um und gab der Videokamera, die am Kommandoturm angebracht war, das Zeichen, dass ich meine Aufgabe erfolgreich abgeschlossen hatte. Die Botschaft wurde vom Kommandoraum zur Schleusenkammer weitergeleitet. Bald darauf zwängten sich auch die übrigen Männer durch die Außenluke. Während sich die anderen Taucher zu mir gesellten, schwammen die Gelbflossen-Thunfische in geschlossener Formation davon. Bald waren sie in der tiefblauen See verschwunden.
Die Männer hatten auch das F-470 und den Motor durch die Waffenladeröhre bugsiert. Das Boot wurde an einer Leine und Boje festgemacht und der Außenbordmotor wurde am Heckbalken festgeschraubt. Danach zogen wir an einer Abzugsschnur, wodurch der Inhalt zweier großer CO 2 -Flaschen schlagartig in das Boot gepumpt wurde. Von unzähligen Blasen und Bläschen umgeben, schoss das Boot zur Meeresoberfläche empor. Aus dem Kasten neben
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