Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition)
ihr Haus verkauften und in die Nähe ihrer neuen Arbeitsstelle zogen. Die Arbeit ging uns dort jedenfalls nie aus.
Traylor Court sollte uns schon bald die Illusion nehmen, dass wir körperlich in guter Form seien. Im Wald vor unserem Stützpunkt hatte er eine ganz gemeine Lufthindernisbahn gebaut. An und zwischen den Bäumen hatte er Strickleitern, Seilbrücken, Klettergerüste, Rohrsegmente, schräge Bretter und Querbalken angebracht und verlegt. Um diesen Hindernisparcours zu überwinden, musste man zahlreiche Klettertechniken anwenden: Kaminklettern, Piazen, die Mantle-Technik und zahllose Klimmzüge. Wir pflegten zu sagen, dass Court versuche, die Menschen von den »Baboons« zu trennen, was im Englischen ja nicht nur die »Paviane«, sondern umgangssprachlich auch die »Trottel« waren. Trotzdem hatte dieser Hinderniskurs einen wichtigen Zweck. Im Team Six war man ständig am Klettern. Man kletterte Gebäude, Ölplattformen, Felsabhänge und Ankerketten empor. Insgesamt fiel ich bestimmt ein halbes Dutzend Mal aus Courts Bäumen herunter. Ich gewann dabei jedoch so viel Selbstvertrauen und Kraft, dass ich bei einer Operation später niemals abstürzte.
Wenn wir uns durch Courts Meisterwerk schwangen, hatten wir bereits unseren täglichen 10-Kilometer-Lauf hinter uns. Dabei hatte unser körperliches Training schon eineinhalb Stunden vor diesem Lauf, nämlich jeden Morgen um genau 6.00 Uhr, begonnen. An der Morgengymnastik, dem Lauf und dem Hinderniskurs nahm Court jedes Mal persönlich teil. Unser Konditionstraining beschränkte sich jedoch nicht nur auf Dauerläufe oder das Schwingen durch Bäume. In der Schwimmhalle des Teams mit seinen olympischen Ausmaßen schwammen wir Tausende von Längen und spielten »Wasser-Rugby«. Ich war gut in Form, als ich dort ankam, aber ich wurde in diesen Monaten körperlich noch viel leistungsfähiger. Wir hoben Gewichte in einem Kraftraum, der jedem teuren Fitnessklub Ehre gemacht hätte. Während unseres Green-Team-Lehrgangs legten wir einen Geländelauf über 32 Kilometer zurück, der über Berg und Tal, durch Wald und Sumpf führte. Ein andermal schwammen wir um die ganze Insel Key West herum. Am Ende des Trainings wog ich knapp 100 Kilogramm, konnte 16 Kilometer in 65 Minuten laufen, schaffte in 90 Sekunden 100 Rumpfbeugen und konnte einhändige Klimmzüge machen.
So viel Spaß diese körperlichen Übungen auch bereiten mochten, wir waren hier, um einen Beruf zu erlernen. Der Großteil des Tages war demzufolge der Vermittlung all der Fertigkeiten gewidmet, die ein Anti-Terror-Operator benötigte. Wir durchliefen ein intensives Kampfschwimmer-Training, wobei wir unsere Unterwasser-Techniken vertieften und erweiterten, die wir uns in den Teams angeeignet hatten. Wir mussten mit Atemgeräten über 1,5 Kilometer unter Wasser schwimmen, ohne ein einziges Mal aufzutauchen, und auf Zeit Magnetminen an Zielobjekten anbringen, ohne entdeckt zu werden. Wir führten Unterwasser-Aufklärungsmissionen gegen Hafenanlagen und Ölplattformen vor der Küste durch. Wir schwammen an Piers heran, tauchten auf und schossen auf vorgegebene Ziele, dann tauchten wir wieder ab und schwammen 1,5 bis 2,5 Kilometer aufs offene Meer hinaus.
Als ich mich beim Green Team meldete, war ich fast ein wenig blasiert. Ich hatte an einer kriegerischen Auseinandersetzung teilgenommen, ich war Zugführer, ich hatte bereits zahlreiche Einsatztrupps kommandiert und einen Großteil meiner Karriere damit verbracht, in Mittelamerika Geheimoperationen durchzuführen. Ich dachte, ich wäre abgebrüht und hartgesotten, und erwartete nicht, dass mir noch irgendetwas Angst machen könnte. Das geschah im Green Team dann jedoch immer wieder. Man ging davon aus, dass wir alle erfahrene Operators waren und schnell lernen würden. Einiges, was wir dort lernten, war höchst gefährlich: Bei unseren Übungen funktionierte entweder alles perfekt, oder Menschen starben.
»Passt gut auf«, pflegte Bam-Bam zu sagen. »Wenn ihr das hier nämlich verzockt, wird es euch umbringen.« An jedem einzelnen Tag kämpfte das Green Team gegen die vereinten Kräfte von Mr Murphy und Mr Darwin.
Wir absolvierten Überlebenstrainingskurse für die Wüste, den Wald und für Gebiete, in denen arktische Verhältnisse herrschten. Wir lernten, wie man im Hafen oder auf hoher See Schiffe kapert. Wir nahmen an einer ganz speziellen Fahrschule teil, wo man uns beibrachte, wie man in voller Fahrt den Wagen herumreißt und in die andere Richtung
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