Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition)
geräuschlos auf ein Mangrovendickicht zu, das einen breiten, weißen, halbmondförmigen Strand einfasste. Wir zogen ein Tarnnetz über das Boot und vertäuten es möglichst tief in den Mangroven. Ich markierte unser Boot mit einem Infrarot-Leuchtstab. Wenn wir in aller Eile verduften mussten, wollte ich nicht lange in einem pechschwarzen Mangrovendickicht nach unserem Boot suchen müssen.
Wir teilten uns in zwei Gruppen auf. Tim, Bubba und Stan bildeten eine Schwimmerlinie und schwammen dreimal den Strand hinauf und hinunter. Dabei sondierten sie mit ihren Lotleinen die Wasserfläche vor der Küste und schrieben ihre Tiefenangaben auf eine Tauchertafel, die sie an ihren Handgelenken festgemacht hatten. Dave und ich legten durch eine Kompasspeilung die Basislinie für unsere Schwimmergruppe fest und patrouillierten dann 100 Meter ins Inland, skizzierten das Gelände und die Strandausgänge und nahmen Bodenproben. Am Ende trafen wir uns alle wieder unter den Mangroven. Die ganze Operation dauerte weniger als 30 Minuten und lief ohne Komplikationen ab.
Wir funkten das Codewort »Katherine«, um anzuzeigen, dass wir unsere Erkundung beendet hatten. Wir schickten es zweimal los, bekamen jedoch keine Antwort von der Fairfax . Offensichtlich steckten wir in einem Funkloch. Wir wollten es noch einmal versuchen, wenn wir die Kanalmündung erreicht hatten. Jetzt war es Zeit zu verschwinden.
Wir zogen das Tarnnetz zurück und verstauten es und ich ließ den Motor an. Der Mond stand jetzt hell am Himmel und die Wolkendecke konnte bald aufreißen. Den Weg mitten durch die Bucht zu nehmen, den wir gekommen waren, war also nicht möglich. Ich steuerte nach Norden an der Ostseite der Lagune entlang. Das Ufer in diesem Teil der Bucht bestand aus Mangrovenwäldern und unpassierbaren Sümpfen und war völlig unbewohnt. Dieses unwirtliche Gelände erstreckte sich nach Süden hinunter bis zum Río Coco und der nicaraguanischen Grenze.
Obwohl die Küste verlassen war, hielt ich unser Boot immer 200 Meter vom Ufer entfernt. Ich fuhr eine ganze Weile in ruhigem Tempo nach Norden und bog an der Spitze der Bucht nach Westen ab. Die Rückfahrt war zwar länger, folgte jedoch einem zentralen Grundsatz der Naval Special Warfare: Geh nie den denselben Weg zurück, den du gekommen bist. Als wir still am Ufer entlangtuckerten, konnten wir noch nicht ahnen, dass uns die Route, die wir gewählt hatten, das Leben retten würde.
Erneut begann es zu regnen und der Mond ging hinter den Bäumen unter. Wir standen jetzt seit mehr als neun Stunden im Wind und waren völlig durchnässt. Allmählich ließ die Wirkung des Adrenalins nach, und uns wurde kalt. Ich dachte, wir würden ohne weitere Abenteuer abziehen können, als mich Dave anstupste. Er beobachtete die Gewässer südlich von uns mit seinem Nachtsichtgerät.
»Ich kann die Bojen nicht sehen«, sagte er.
»Schau genauer hin.«
»Sie sind verschwunden.«
Ich ging erneut in Leerlauf und ließ den Zodiac langsam driften. Ich schaute jetzt selbst durch meine Nachtsichtbrille und suchte den Süden und dann den Westen ab. Ich achtete genau auf die Stellen, wo nach aller Logik das grüne Glühen der Infrarot-Leuchtstäbe zu sehen sein sollte. Aber da war nichts.
Ich schaltete mein Nachtsichtgerät ab und wieder ein und horchte auf das leise, wimmernde Geräusch, als es sich wieder aufwärmte. Als es betriebsbereit war, schaute ich hinter uns. Was ich dort sah, verschlug mir fast den Atem.
In der Nacht glühte grün ein riesiger Scheinwerfer.
Ich linste über den Rand meiner Nachtsichtbrille hinweg … Das nackte Auge konnte keinerlei Licht erkennen. Ich schaute noch einmal durch mein Nachtsichtgerät, und da war das Licht wieder: Ein starker Scheinwerfer strich hinter der Landspitze rechts von uns über das Wasser. Außer uns war noch jemand anderes in dieser Bucht, jemand mit einem Infrarot-Suchscheinwerfer.
»Siehst du dieses Licht?«, fragte ich.
»Aber klar. Jemand hat einen gottverdammten IR-Scheinwerfer.«
Aber wer?
»Schlagen wir uns in die Büsche!«, sagte ich.
Ich gab Gas und steuerte direkt nach Norden aufs Ufer zu. Der Zodiac legte die 300 Meter bis dorthin in Windeseile zurück. Ich drehte im letzten Moment das Gas zurück und das Boot ritt auf seine Heckwelle auf, als es gegen die halb unter Wasser liegenden Wurzeln des Mangrovendickichts prallte.
»Zieht uns rein … so tief, wie ihr könnt«, rief ich.
Wir zerrten an den Ästen und Wurzeln und zogen den Zodiac so tief
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