Zum Lieben verfuehrt
befürchten müssen, dass ihr ein Ausrutscher passieren und sie blamiert dastehen könnte. Ganz zu schweigen davon, dass es ihr ganz einfach keinen Spaß machte, anderen etwas vorzumachen.
Ein paar Minuten später waren sie wieder in Ilios’ Apartment.
„Ich habe heute alles Erforderliche für unsere Trauung veranlasst“, informierte Ilios sie. „Es wird eine ganz normale standesamtliche Zeremonie, ohne Brimborium. Normalerweise wird eine Hochzeit bei uns in Griechenland groß gefeiert, aber ich werde in der Öffentlichkeit streuen lassen, dass ich es eilig hatte.“
Lizzie nickte. Zum Glück konnte er ihr Gesicht nicht sehen, weil sie mit dem Rücken zu ihm stand. Wie sollte sie das bloß alles überstehen? Manchmal hatte es im Lauf des heutigen Abends seltsamerweise sogar Momente gegeben, in denen sie regelrechte Glücksgefühle verspürt hatte und …
Und was?
Nichts, unterbrach Lizzie eilig ihren Gedankengang, während sie Armbanduhr und Brillantohrringe ablegte. Ihre Hände zitterten leicht, als sie daran dachte, wie sie sich als die Frau an seiner Seite gefühlt hatte. Jedes Mal, wenn sie ihn angesehen hatte, hatte sie sich so sehr gewünscht, ihr eigenes Verlangen in seinen Augen widergespiegelt zu sehen.
Lust. Es war einfach nur Lust. Sie begehrte ihn. Was natürlich schockierend war, aber immer noch besser, als sich emotional zu einem Mann hingezogen zu fühlen, der einen nicht wollte.
Bei diesem Gedanken rutschte ihr ein Ohrring durch die Finger und fiel mit einem leisen Klappern auf den Boden. Ilios hörte es und bückte sich danach. Lizzie wandte den Kopf und schaute ihn an – und bereute es augenblicklich.
Weil sie es nicht wagte, den Ohrring aus seiner Hand entgegenzunehmen, hielt Lizzie ihm wortlos die Schmuckschatulle hin.
Was wollte sie mit dieser Szene demonstrieren? Dass sie resistent war ihm gegenüber?
Wortlos sammelte Lizzie die verstreut herumstehenden Behälter ein und wollte sie Ilios ebenfalls reichen.
Aber er schüttelte den Kopf. „Nehmen Sie den Schmuck mit in die Gästesuite. Sie werden ihn bald wieder tragen müssen.“
Lizzie schüttelte den Kopf. „Lieber nicht. Die Sachen sind viel zu wertvoll, und vor allem sollten sie diebstahlsicher aufbewahrt werden.“
Damit war das Thema für sie erledigt. Da es schon nach Mitternacht war, gab es für Lizzie keinen Grund, Ilios noch länger Gesellschaft zu leisten. Es war viel zu gefährlich. Ihre Willenskraft tendierte mittlerweile gegen Null. Sie hatte den Abend damit zugebracht, einem Publikum vorzugaukeln, dass sie und Ilios ein Paar waren, wobei ihr die zweieinhalb Gläser Champagner, die sie in der Galerie getrunken hatte, zweifellos geholfen hatten. Allerdings konnte der Alkohol nicht ohne Auswirkungen bleiben, vor allem nicht auf das Befinden einer Frau, der eben erst klar geworden war, wie verletzlich sie sich gegenüber diesem Mann fühlte.
Ihr kurzes „Gute Nacht“ zog nicht mehr als ein flüchtiges Nicken seinerseits nach sich. Als sie die Tür zum Flur öffnete, drehte er ihr bereits den Rücken zu.
In der Gästesuite sah sie, dass Maria ihre Abwesenheit genutzt hatte, um ihr Bett zu machen, und zwar so akkurat, als ob ein neuer Gast erwartet würde.
Als sie im Ankleidezimmer die Schranktür öffnete, um ihr Kleid auf einen Bügel zu hängen, stutzte sie. Der Schrank war leer. Eilig schaute Lizzie hinter eine zweite Tür, in die Schubladen. Alle Kleidungsstücke waren verschwunden. Und ihren Koffer vermisste sie ebenfalls – zusammen mit ihren Kosmetiksachen und ihrer Zahnbürste.
Sie schüttelte verwirrt den Kopf. Was hatte das zu bedeuten? Sie würde Ilios fragen müssen.
Er war noch im Wohnzimmer und stand, in der Hand ein Glas Wein, mit dem Rücken zu ihr vor der großen Fensterfront. Sein Sakko hatte er abgelegt. Noch während sie auf ihn zuging, sah sie, wie sich unter dem weißen Hemd seine Rückenmuskeln anspannten, dann drehte er sich um.
„Meine Sachen sind weg“, erklärte sie hilflos. „Alles, sogar mein Koffer. Auch meine Kosmetiksachen und meine Zahnbürste sind verschwunden. Und das Bett ist superordentlich gemacht …“
„Ich weiß.“
„Sie wissen es?“ Lizzie musterte ihn unsicher. Worauf wollte er hinaus?
„Die Sachen sind alle bei mir.“
„Bei Ihnen ? Ich verstehe nicht.“
Ilios zuckte ungeduldig die Schultern. Ihm hatte es auch nicht gepasst, ihre Sachen in seinem Schlafzimmer vorzufinden. Obwohl er diese Entwicklung eigentlich hätte voraussehen müssen, wie er
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