Zum Lieben verfuehrt
das mit dem kleinen Festessen nur für die Ohren des Notars bestimmt gewesen war und Ilios sie nach der Trauung sofort wieder ins Apartment zurückbringen würde. Deshalb war sie überrascht, als er den Wagen auf den Parkplatz eines elegant wirkenden Restaurants lenkte.
„Ich dachte nicht, dass es dir mit diesem kleinen Festessen wirklich ernst ist.“
„Ist es auch nicht, aber essen müssen wir trotzdem“, erwiderte er ungeduldig, bevor er ausstieg und um den Wagen herumging, um ihr die Tür aufzuhalten.
Auch wenn sie ihre Eheschließung nicht öffentlich bekannt gemacht hatten, schien es doch, als ob der Besitzer des Restaurants, der Ilios so überschwänglich begrüßte, irgendetwas mitbekommen hätte. Lag es vielleicht an ihren funkelnden Eheringen? Lizzie wurde es ganz schwer ums Herz, als der Mann mit einem strahlenden Lächeln im Gesicht und einer Flasche im Arm an ihren Tisch trat. Während er ihre Gläser mit perlendem Champagner füllte, kam sie nicht umhin, Ilios einen fragenden Blick zuzuwerfen.
Und wünschte sich prompt, es nicht getan zu haben, weil er daraufhin sofort sein Glas hob und leise, aber bedeutungsschwanger sagte: „Auf uns.“
„Auf uns“, wiederholte Lizzie matt und trank eilig einen Schluck, damit nicht auffiel, wie ihre Hand zitterte. Denk dir nichts dabei, versuchte sie, sich gut zuzureden. Immerhin war eine Hochzeit, selbst wenn es nur eine Scheinehe war, dazu angetan, die Gefühle in Wallung zu bringen. Ebenso, wie es nicht ausbleiben konnte, dass ein so umwerfend männlicher Mann wie Ilios die Sexualität einer Frau in Wallung brachte.
Der Trinkspruch schien nicht auf sie beide als Paar gemünzt zu sein, und Lizzie war überzeugt, dass die bedeutungsvolle Note, die Ilios hineingelegt hatte, sie daran erinnern sollte, dass sie einen Bund ganz besonderer Art geschlossen hatten.
Sie merkte, dass sie zwar hungrig, aber viel zu aufgewühlt war, um das köstliche Essen wirklich genießen zu können. Um sich abzulenken, ließ Lizzie die Blicke durch den Raum schweifen.
Ein paar Tische weiter saß eine offensichtlich glückliche junge Familie – Vater, Mutter und drei Kinder, mit einem Baby im Kinderwagen, der neben dem Tisch stand. Prompt fühlte sich Lizzie an die Familie ihrer Kindheit erinnert.
Hastig streckte sie die Hand nach ihrem Champagnerglas aus, um den Kloß herunterzuspülen, der ihr plötzlich im Hals saß und den sie als Mitleid identifizierte. Es war kein Selbstmitleid, sondern tatsächlich Mitleid – mit Ilios’ ungeborenen Söhnen, die, zumindest solange sie Kinder waren, Liebe und Geborgenheit im Schoß einer Familie vermissen würden.
Sie war gedanklich so mit dieser Situation beschäftigt, dass sie, fast ohne es zu bemerken, fragte: „Bist du wirklich sicher, dass man die Beziehung zwischen dir und deinem Cousin nicht irgendwie kitten kann?“
„Falls das ein Versuch sein soll, unsere Ehe möglichst schnell zu beenden, dann …“
„Nein, nein, das meine ich nicht. Ich musste nur plötzlich an die Kinder denken … an deine Kinder“, betonte Lizzie, als sie sah, dass Ilios mit gerunzelter Stirn zu der Familie hinüberschaute, die sie eine ganze Weile beobachtet hatte.
Sie beugte sich über den Tisch und fuhr mit leiser Stimme fort: „Hast du schon einmal darüber nachgedacht, was aus ihnen werden soll, falls dir irgendetwas zustößt? Dann sind sie ganz allein auf der Welt – ohne Vater, ohne Mutter, ohne eine Familie. Da ist dann niemand mehr in ihrem Leben, der ihnen ein Gefühl für Kontinuität und Sicherheit und … und das alles … vermitteln kann. Niemand, der ihnen ihre Geschichte erzählen kann, niemand, der von dir, ihrem Vater, spricht. Natürlich wären sie finanziell gut versorgt, aber das reicht nicht. Weil sie in einem solchen Fall sehr allein wären.“
Ilios schaute auf seinen Teller. Lizzie vermutete, dass er sich ärgerte. Bestimmt würde sie gleich zu hören bekommen, dass sie sich gefälligst um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern sollte.
Als er schließlich den Kopf hob und sie anschaute, hätte Lizzie liebend gern gewusst, was hinter dieser finster gefurchten Stirn vor sich ging.
„Du bist also der Meinung, dass ich die Beziehung zu meinem Cousin ‚irgendwie kitten‘ soll, wie du es ausdrückst, damit er im Fall meines unerwarteten Ablebens meine Söhne in seine Arme und sein Herz schließt, um ihnen ein zweiter Vater zu sein?“
So wie er es sagte, hörte es sich tatsächlich an wie eine Szene aus einem
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