Zum Morden verflucht
nicht mehr aus. Arm in Arm schlenderten die beiden jungen Leute durch die vom Morgenverkehr pulsierenden Straßen Oxfords.
»Irgend etwas liegt in der Luft.« Peter hob den Kopf, als könnte er wie ein Jagdhund eine Fährte aufnehmen. »Die Menschen haben Angst, sie sind aufgeregt und bedrückt zugleich.«
Sofort bereute er, daß er seine Gedanken ausgesprochen hatte. Gwen war schon durch die Sache mit Jane mit den Nerven herunter, er durfte sie nicht noch mit anderen Problemen belasten. Und doch war die Spannung, die sich über Oxford gesenkt hatte, nicht zu übersehen.
Auf den ersten Blick wirkte alles normal. Die Autos verstopften die Straßen, die Menschen stellten sich in Zweierreihen vor den Bushaltestellen an. Hastig wurden Besorgungen vor Bürobeginn getätigt, Hausfrauen schleppten schwere Taschen. Doch bei genauerem Hinsehen benahmen sich die Menschen verstört, fahrig, nervös.
Gwendolin schreckte aus ihren Gedanken hoch und blickte um sich. »Was hast du gesagt?« fragte sie verwirrt. »Ach so, die Leute sind anders.« Durch den Spaziergang gewann sie allmählich ihre Fassung wieder. »Du hast recht, Peter, hier stimmt etwas nicht.« Sie stellte sich auf die Zehen, um einem älteren Herrn über die Schulter in die Zeitung schauen zu können.
»Geheimnisvolle Mordserie in Oxford?« las Peter staunend. Er war um einen Kopf größer als Gwendolin und konnte daher die Schlagzeilen ohne akrobatische Verrenkungen lesen. »Komm, wir kaufen eine Zeitung.«
Das dünne Extrablatt unter den Arm geklemmt, betraten sie eine Teestube und bestellten – fast eine Sünde im Reiche Ihrer Majestät – zwei Tassen extra starken Kaffees. Nach der Nachtwache hatten sie ihn bitter nötig.
In dem Lokal gab es niemanden, der sich nicht in eine Zeitung vertiefte. Sogar die Serviererin ließ sich an der Theke, während sie auf die Ausführung ihrer Bestellung wartete, aus den neuesten Berichten vorlesen.
»Geheimnisvolle Mordserie in Oxford«, begann Peter Bower halblaut. » In der vergangenen Nacht wurden sieben Menschen ermordet. Sowohl die Tatwaffen als auch die Tatorte unterscheiden sich wesentlich voneinander. Dennoch glaubt die Polizei an einen Zusammenhang. Die Opfer stammen aus den verschiedensten Schichten. Das jüngste Opfer ist siebzehn, das älteste zweiundneunzig Jahre alt. Bemerkenswert ist ebenfalls, daß zur gleichen Zeit vier Brände ausbrachen. Brandstiftung wird angenommen.«
Der junge Student ließ fassungslos die Zeitung sinken und starrte seine Freundin an, als hätte er einen Schlag erhalten. Auch Gwendolin war fassungslos, doch dann fragte sie mit schwacher Stimme:
»Steht etwas über den Mord an Mr. Palmer in der Zeitung?«
Peter biß sich auf die Lippen und schüttelte den Kopf.
»Das ist doch die neueste Ausgabe, nicht wahr?« fragte sie weiter. Und als er nickte, fuhr sie leise fort: »Woher hat Jane gewußt, daß Mr. Palmer erschlagen wurde?«
»Wahrscheinlich handelt es sich um einen Irrtum«, versuchte Peter seine Freundin zu beruhigen, obwohl er selbst nicht so recht an diese Erklärung glauben wollte. »Jane wird auf dem Nachhauseweg etwas von diesen Morden aufgeschnappt und den Namen verwechselt haben. Wer sagt dir denn, daß der Pförtner vom Sinclair College ermordet wurde? Die Polizei jedenfalls wußte noch nichts davon, als ich anrief.«
»Eben, das beunruhigt mich . . .«, setzte Gwendolin an, wurde aber durch einen leisen Aufschrei der Serviererin unterbrochen. Das Mädchen hatte gerade telefoniert. Nun stand sie neben der Theke, fassungslos den Hörer sinken lassend. Aus ihren großen Augen rollten Tränen.
»Was ist denn passiert, Betty?« fragte die Besitzerin der Teestube erschrocken und rüttelte das Serviermädchen leicht an der Schulter. »Betty, komm zu dir! Wer war das?«
»Die Polizei!« flüsterte das Mädchen völlig aufgelöst. Über das Lokal hatte sich eine solche Todesstille gebreitet, daß man eine Stecknadel hätte fallen hören können. »Jemand hat bei ihnen angerufen, daß mein Vater erschlagen wurde. Sie sind zu ihm gefahren und – und sie haben ihn gefunden. Er ist tot!«
Schluchzend brach die Serviererin zusammen.
»Ihr Vater ist Pförtner im Sinclair College«, sagte die alte Frau leise. »Armes Mädchen!«
Nachdem sie im letzten Moment vermieden hatte, den kleinen Jungen auf dem Zebrastreifen mit ihrem Auto zu überfahren, hatte Annabel Caldwell nicht mehr versucht, den Auftrag des Satans auszuführen. Zugleich mit dem Erkennen, daß sie den
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