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Zum Morden verflucht

Zum Morden verflucht

Titel: Zum Morden verflucht
Autoren: Andrew Hathaway
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rasch.
    »Wer? Äh, das war Miß Caldwell.«
    »Annabel? « Gwendolin erinnerte sich nur zu deutlich an den von Flammen zerfressenen Körper zu Füßen des schwarzen Altars. Sie fröstelte plötzlich. »Wann ist sie zurückgetreten?«
    »Sie hat vor einer halben Stunde angerufen und mitgeteilt, daß sie die Vorlesung nicht mehr besuchen kann«, erklärte die Bürokraft nicht ohne Ungeduld. »Wollen Sie den Platz oder nicht?«
    Es war ein ungeheures Risiko, dessen war sich Gwendolin bewußt. Dr. Emerson mußte über hypnotische Kräfte, über einen zwingenden Einfluß auf andere Menschen verfügen, sonst hätte er sich nicht alle dreizehn Mädchen seiner Vorlesung Untertan machen können. Andererseits wußte Gwendolin, daß sie einen starken Willen hatte. Außerdem war sie gewarnt und auf alles gefaßt, was ihr drohte.
    »Ich nehme gern an«, antwortete sie. »Die Vorlesung beginnt doch in fünf Minuten, nicht wahr?« 68Die Frau funkelte Gwendolin durch ihre randlose Brille an. »Kommen Sie hinterher zu mir, damit wir das Schriftliche erledigen können«, sagte sie und eilte weiter.
    Einige Sekunden lang blieb Gwendolin an derselben Stelle des langen, düsteren Korridors stehen. Dann warf sie den Kopf in den Nacken und ging mit weiten Schritten auf die Tür von Hörsaal 13 zu.
    *
    Dr. Emerson unterbrach sich mitten im Satz. Gwendolin Haskill war möglichst leise und unauffällig eingetreten, weil sie gehofft hatte, vielleicht etwas aufschnappen zu können. Aber Dr. Emerson verfügte über einen sechsten Sinn. Obwohl er nicht zur Tür schaute, schwieg er sofort, so daß Gwendolin enttäuscht feststellen mußte, daß ihr erster Versuch, in seine Geheimnisse einzudringen, gescheitert war.
    Dr. Emerson war offenbar ebenso verblüfft wie seine Hörerinnen, daß eine Unberufene die Vorlesung störte. Wahrscheinlich war er vom Büro nicht darüber verständigt worden, daß der freie Platz neu besetzt worden war.
    »Gwendolin!« ertönte ein überraschter Ruf in die eingetretene Stille.
    Gwendolin begegnete dem Blick ihrer Schwester, die sie aus ihren blauen Augen in einer Mischung aus Mißtrauen und Ärger fixierte. Sie riß sich zusammen. Jetzt durfte sie keine Unsicherheit zeigen, auch wenn die Gefahr bestand, daß eines der Mädchen aufstehen und sagen würde: Die ist es, die hat letzte Nacht unsere Zusammenkunft belauscht!
    Nichts dergleichen geschah, und Gwendolin entspannte sich ein wenig, auch wenn sie auf der Hut blieb. Die Gefahr war noch lange nicht gebannt.
    Von zwölf Augenpaaren verfolgt, trat sie auf Dr. Emerson zu. »Ich bin Gwendolin Haskill«, erinnerte sie ihn unbefangen. »Das Büro hat mich Ihrer Vorlesung zugeteilt, weil angeblich eine Stelle frei wurde.«
    »Nehmen Sie Platz, Miß Haskill.« Dr. Emerson lächelte
    sie freundlich an, und wieder verspürte Gwendolin einen
    eisigen Schauer über ihren Rücken laufen. Zum erstenmal sah sie Dr. Emerson aus nächster Nähe. Wieso ihre Freundinnen von diesem Mann geschwärmt hatten, war ihr unverständlich, aber sie spürte die Willenskraft und die Macht, die von ihm ausgingen. Nur unter Aufbietung aller Kräfte schaffte sie es, sich auf einen der freien Plätze zu setzen und nicht gleich davonzulaufen.
    Die Aufmerksamkeit der anderen Studentinnen wandte sich von ihr ab und dem Vortragenden zu, der einen überraschend uninteressanten Vortrag über ein belangloses Thema hielt. Verstohlen äugte Gwendolin zu ihrer Schwester Jane, deren Blicke an Dr. Emersons Lippen hingen. Sie war diesem Mann offenbar restlos verfallen. Nur sie selbst wartete vergebens darauf, daß Dr. Emerson einen Versuch unternahm, sie auf seine Seite zu ziehen. Er beachtete sie nicht mehr, als jeder andere Vortragende am College sich mit Studentinnen abgab, und als die Vorlesung zu Ende war, fühlte sich Gwendolin gleichzeitig erleichtert und enttäuscht. Erleichtert, weil sie sich nicht gegen irgendeinen teuflischen Einfluß hatte wehren müssen, enttäuscht, weil sie sich einen Anhaltspunkt erhofft hatte, mit dessen Hilfe sie Jane aus den Klauen des Satans retten konnte.
    Auf der Wiese vor dem College gesellte sich Jane zu Gwendolin.
    »Ich habe das Gefühl, daß du mir nachspionierst«, sagte Jane scharf. »Ich habe dich davor gewarnt.«
    »Du kannst dich im Büro erkundigen«, erwiderte Gwendolin ruhig. »Ich habe mich nicht um den Platz in der Vorlesung beworben, man hat ihn mir angeboten. Ich bin Studentin, also ist es nur natürlich, wenn ich studiere, oder? «
    Jane wechselte
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