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Zum Morden verflucht

Zum Morden verflucht

Titel: Zum Morden verflucht
Autoren: Andrew Hathaway
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gegen die Stirn geschlagen.
    Einen Schmerzensschrei unterdrückend, stolperte Gwendolin weiter, mit den Fingerspitzen an den Stollenwänden entlanggleitend. Das Schreien hinter ihr war verstummt, aber sie hörte die klatschenden Schritte ihrer Verfolgerinnen auf dem Steinboden.
    Dann hatte sie das Freie erreicht, war aber keineswegs in Sicherheit. Vor ihr breitete sich der Wald aus, der sie von den ersten Häusern Oxfords trennte, eine dunkle Masse, drohend und scheinbar undurchdringlich. Fast verlor Gwendolin bei diesem Anblick den Mut, doch dann siegte ihr Wille zum Überlegen. Wie ein gehetztes Wild tauchte sie in das Dickicht ein, achtete nicht auf Zweige, die ihr ins Gesicht schlugen, auf Pflanzen, die wie nasse, kalte Hände ihre Beine umkrallten.
    »Schwärmt aus! « gellte Dr. Emersons Stimme durch den Wald. »Der Feind darf nicht entkommen!«
    Sie mußte eines der Häuser erreichen, mußte mit Menschen sprechen. Nicht nur, weil sie dann gerettet war, sondern auch, weil sie fürchtete, den Verstand zu verlieren, wenn sie nicht bald eine menschliche Stimme hörte. Und mochte es etwas noch so Banales sein, sie mußte etwas anderes hören als diese wahnsinnigen Teufelsbeschwörungen und Verwünschungen.
    Da vorn schimmerte ein Licht zwischen den Baumstämmen durch. Gwendolin orientierte sich danach. Das mußte die Endstation des Busses ein, das kleine Wartehäuschen. Dort begann auch die Straße, die in schnurgerader Linie quer durch die ganze Stadt zu dem kleinen Backsteinhaus führte, in dem sich Gwendolin vor so kurzer Zeit noch wohl gefühlt hatte.
    Der Gedanke an ihr Haus verlieh ihr neue Kraft. Von links und rechts hörte sie das Knacken der Zweige, das Rauschen der Büsche, als die vom Satan Besessenen Jagd auf sie machten. Sie hielt aber ihren Vorsprung und erreichte die Straße. Gerade fuhr ein Bus aus der Station.
    Gwendolin winkte und lief hinterher. Rufen konnte sie nicht, weil sie damit die Mädchen auf sich aufmerksam gemacht hätte. Der Busfahrer sah sie nicht, und das leere Fahrzeug verschwand hinter der nächsten Kurve.
    Gwendolin stand allein auf der Straße. Erst da wurde sie sich ihrer Hilflosigkeit bewußt. Zu beiden Seiten der Straße lagen gepflegte Häuschen, hinter deren Fenstern gelbliches Licht schimmerte, einladend, verlockend. Schon wollte Gwendolin zu einer der Gartentüren laufen und den Klingelknopf drücken, als sie blitzschnell an die zahlreichen Morde der vergangenen Nacht dachte.
    Schlagartig wurde ihr klar, wer diese Morde verübt hatte: die Collegemädchen aus Dr. Emersons Vorlesung. Auch an Janes Händen mußte Blut kleben. Wenn sie nicht selbst den alten Pförtner des College ermordet hatte oder wenigstens dabeigewesen war, woher hätte sie sonst vor der Polizei von der Untat wissen sollen?
    Die Erkenntnis traf Gwendolin wie ein Blitz, und gleichzeitig begriff sie auch, daß sie bei keinem Menschen Zuflucht suchen durfte. Die vom Bösen Besessenen hätten sich sicherlich nicht gescheut, eine ganze Familie zu ermorden, falls sie Gwendolin bei Fremden fanden. Sie mußten alle Zeugen ihrer Taten beseitigen, wenn sie die heimliche Lauscherin töten wollten.
    Noch hatte Gwendolin Haskill eine Chance, eine verschwindend geringe, aber sie klammerte sich, wie ein Ertrinkender an einen Strohhalm, an diese Chance.
    Dr. Emerson hatte unten in dem Gewölbe nur von einem Feind, von einem Lauscher gesprochen. Wenn sie nicht erkannt worden war, dann konnte sie vielleicht die Ahnungslose heucheln. Dazu mußte sie aber auf jeden Fall vor Jane zu Hause sein und ihrer Schwester eine perfekte Komödie vorspielen.
    Der Zufall kam Gwendolin zu Hilfe. Einer der Bewohner dieses Vorortes von Oxford ließ sich von einem Taxi nach Hause bringen. Das Mädchen wartete, bis der Fahrgast ausgestiegen war, dann lief es über die Straße, bevor das Taxi wenden konnte, riß die Seitentür auf und ließ sich auf den Hintersitz fallen.
    »Fahren Sie los, schnell!« keuchte sie und duckte sich. Am Waldrand glaubte sie die ersten Verfolgerinnen auftauchen zu sehen. Im Innern des Taxis war sie aber vor Entdeckung sicher.
    Der Fahrer ahnte vielleicht, daß sein später Passagier in Gefahr schwebte. Er wendete in einer scharfen Kurve und gab Gas. Nach einer halben Meile mußte er an einer roten Ampel warten und schaute sich die junge Frau näher an, die in seinem Wagen saß.
    »Um Himmels willen!« rief der Fahrer erschrocken. »Wie sehen Sie denn aus? Ist Ihnen etwas zugestoßen?«
    Gwendolin hatte in der
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