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Zum Morden verflucht

Zum Morden verflucht

Titel: Zum Morden verflucht
Autoren: Andrew Hathaway
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als beabsichtigt. Ihre Nerven hielten nicht mehr lange durch, und in ihr tauchte die Frage auf, ob sie sich nicht zuviel zugemutet hatte.
    »Sehr viel ist nicht in Ordnung, Gwen.« Janes Madonnengesicht spiegelte eine Mischung aus Hohn und Triumph wider. »Du hast wohl geglaubt, daß du uns – die Töchter des Satans – hinters Licht führen kannst, wie?«
    Gwendolin fühlte, wie ihre Knie weich wurden. Unsicher tastete sie hinter sich, bekam die Lehne eines Stuhls in den Griff und ließ sich auf den Sitz fallen. »Wie meinst du das?« fragte sie gepreßt.
    »Aber, Gwendolin!« Janes hartes, klirrendes Lachen verriet genug. Sie brauchte nicht mehr weiterzusprechen. Gwendolin wußte auch so, daß sie verloren hatte. Die Bestätigung folgte sofort. Janes Gesicht hatte nichts Menschliches mehr an sich, als sie fortfuhr: »Wir wissen, daß du gestern nacht zugesehen hast, als Dr. Emerson den Meister rief! «
    Obwohl sie innerlich bereits darauf vorbereitet war, traf die Eröffnung Gwendolin wie ein Faustschlag. Sie war unfähig, etwas zu erwidern, Janes Behauptung zu widersprechen.
    »Du hast mir nachspioniert, Gwen!« zischte Jane haßerfüllt. »Ich habe dich davor gewarnt, aber du wolltest ja nicht auf mich hören. Du hast dir eingebildet, daß du noch immer die große Schwester spielen mußt, die mich bevormundet und bemuttert. Wenn es nach mir ginge, würde ich dich auf der Stelle töten – wie den alten Palmer.«
    »Du hast Mr. Palmer ermordet?« Sie hatte es gefürchtet, geahnt. Janes Geständnis raubte ihr trotzdem fast die Besinnung. »Jane, um Gottes willen, du hast einen Mord begangen!«
    »Na und?« Gleichmütig zuckte Jane die Schultern. »Ich habe im Auftrag des Meisters gehandelt. Ich muß mich immer an seine Befehle halten, daher darf ich dich auch nicht töten. Du wirst mich heute nacht in das Gewölbe begleiten, dann wird der Meister selbst entscheiden, was weiter mit dir geschieht.«
    »Niemals!« stieß Gwendolin wild hervor. Sie spannte sich, um aufzuspringen und zur Tür zu laufen, aber sie konnte kein Glied bewegen.
    Janes leises Lachen drang wie durch einen dichten Schleier an ihr Ohr. Die Umgebung verschwamm in weichen Nebeln.
    »Dr. Emerson hat dafür gesorgt, daß du heute an der Vorlesung teilnehmen konntest, Gwen«, erklärte Jane lachend. » Du hast es nicht gemerkt, aber er hat auch dich zu einer Sklavin Satans gemacht. Du kannst nicht mehr fliehen, sondern mußt den Willen des Meisters erfüllen.«
    Stundenlang saß Gwendolin auf dem Stuhl, als wäre alles Leben aus ihr gewichen. Ihre Gedanken jagten sich, suchten verzweifelt nach einem Ausweg, aber es gab keinen. Wie eine Fliege, die rettungslos am Fliegenleim klebt, so war sie Dr. Emerson in die Falle gegangen.
    Als es zu dämmern begann, waren die beiden Schwestern wie auf einen unhörbaren Befehl hin aufgestanden, hatten ihre Mäntel angezogen und das Haus verlassen. Gwendolin kannte die Strecke zu dem kleinen Wald an der anderen Seite von Oxford bereits. Sie hatte gewußt, wohin sie gehen mußte, doch der Anblick der Ruinen schockierte sie dennoch.
    Einmal blieb Jane am Waldrand stehen. Dann schüttelte sie den Kopf und ging weiter.
    »Ich hatte schon geglaubt, wir würden beobachtet«, sagte sie beiläufig. »Beeile dich, der Meister wartet schon!«
    Widerstrebend betrat Gwendolin den Stollen, der in die Tiefe führte. Es war ihr, als würde sie zu ihrer Hinrichtung geführt. Und dennoch konnte sie nichts dagegen tun, konnte sich nicht wehren. Es war schlimmer, als wenn sie in Ketten hinuntergezerrt worden wäre, und sie haßte sich selbst für ihre Machtlosigkeit. Flüchtig dachte sie an Peter, sehnte sich nach seiner Nähe, doch dann war auch dieser Gedanke schlagartig ausgelöscht.
    Noch einmal wallte in ihr das Verlangen auf, sich umzudrehen und zurückzulaufen, aber dann fiel ihr Blick in Dr. Emersons zwingende Augen.
    Der Satansbeschwörer stand am Altar, auf dem diesmal sechs Kerzen brannten, schwarze Kerzen, die einen üblen Geruch verbreiteten. Ansonsten hatte sich nichts verändert.
    Die übrigen elf Dienerinnen, die zum Morden verflucht waren, hatten sich in einem Halbkreis aufgestellt und starrten den beiden Schwestern entgegen. In ihren Blicken las Gwendolin Haß und Mißtrauen.
    »Ich habe sie gebracht, wie Sie befohlen haben«, murmelte Jane, verneigte sich vor Dr. Emerson und stellte sich neben die anderen Sklavinnen des Teufels in den Halbkreis. Zwölf feindliche Augenpaare fixierten Gwendolin, die ihre Angst und
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