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Zum Nachtisch wilde Früchte

Zum Nachtisch wilde Früchte

Titel: Zum Nachtisch wilde Früchte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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durch Unfall, das übliche. Größe 1,83, sportlich trainiert, Rallyefahrer, Tennisspieler, elegante Erscheinung. Sie haben gar keine Chance, Herr Schreibert, bei Corinna auch nur einen Hauch von Erinnerung zu hinterlassen.«
    »Sie sind grausam, Doktor.« Schreibert sah an die Decke. »Sie verstümmeln mich nun auch noch seelisch.«
    »Sie sollen mit der Wahrheit leben. Wer Corinna so verfallen ist wie Sie, kann nur durch die Wahrheit geheilt werden.«
    »Und wenn ich nicht geheilt werden will? Wenn ich Sie anflehe, Corinna mit mir nach Turin zu lassen? Wie lange wird es dauern, bis mein Gesicht wieder menschlich ist? Ehrlich, Doktor? Wie lange?«
    »Ich schätze … drei Jahre. Auch vier! Es kommt auf Ihre Heilbereitschaft an. Bei jedem Menschen ist das anders.«
    »Vier Jahre!« Schreibert wandte den Kopf zum Fenster. Corinna war nicht im Park, er suchte sie vergebens. »Was kann mir Corinna in diesen vier Jahren alles geben! Sie kann zu meinem Engel werden.«
    »Oder zu Ihrem privaten Satan. Das glaube ich eher. Ganz davon abgesehen, daß Corinna nicht mitgehen darf. Ich bin ihrem Vater gegenüber verantwortlich, daß sie hier isoliert lebt. Betteln Sie nicht weiter, Herr Schreibert … es geht nicht!«
    Dann kam der Tag, an dem Alf Boltenstern seinen Freund abholte. Ein wenig frostig begrüßte Boltenstern den krampfhaft fröhlichen Freund und sah auf die Uhr. Aus dem Zimmer trugen zwei Pfleger schon die Koffer zu Boltensterns Wagen. Nur der Abschied von Dr. Hellerau stand noch aus.
    »Dauert es lange?« fragte Boltenstern. »Ich will heute noch Italien erreichen. Bis Turin schaffen wir es doch nicht.«
    »Eine halbe Stunde, Alf.« Schreiberts Stimme schwankte. Erst jetzt merkte er, wie sehr er sich in diese Welt der Gummimasken eingelebt hatte, wie ängstlich er vor der neuen Welt war, die in Turin auf ihn wartete. Eine Welt ohne Corinna. Gab es diese Welt überhaupt?
    Mit seiner Gummimaske in der Hand betrat er das Zimmer Dr. Helleraus. Mit langsamen Schritten ging er zum Schreibtisch und legte die Maske hin.
    »Hier haben Sie mein Traumgesicht wieder, Doktor«, sagte er leise. »Ich möchte Ihnen für alles danken, aber ich kann es nicht. Leben Sie wohl.«
    »Wir sehen uns wieder, Herr Schreibert.« Dr. Hellerau gab ihm die Hand, und in diesem Händedruck lag ein Versprechen. »Wenn wir uns wiedersehen, werden Sie mir danken können.«
    Dr. Hellerau wandte sich um, trug die Maske Schreiberts in den Hintergrund des Zimmers und spannte sie über einen der hölzernen Köpfe, die auf ihren Stangen herumstanden.
    Mit großen Augen starrte Schreibert auf sein nun lebloses Gummigesicht. Der Mund war etwas verzerrt, die Augenschlitze schlugen Falten. Der Holzkopf war etwas zu klein für die Maske.
    »Was ist aus mir geworden …«, sagte Schreibert leise. »O Himmel, was ist aus mir in einer einzigen Nacht geworden! Das kann er nie wiedergutmachen …«
    Er wandte sich brüsk ab und verließ das Zimmer Dr. Helleraus wie auf der Flucht. Im Flur aber blieb er stehen und sah noch einmal hinaus in den Park.
    Corinna war da.
    Vom Tennisplatz kam sie. In einem kurzen weißen Plisseerock, in einer weißen dünnen Bluse. Darunter trägt sie nichts, wußte Schreibert. Ihre Brust ist fest. Wie oft habe ich sie umfaßt und dabei gewußt, daß sie das manifestierte Leben ist … Corinna!
    Er sah ihr zu, wie sie näher kam, mit dem Tennisschläger durch die Luft schlagend, ein spielendes wildes Tier, das wie durch einen Nebel aus Gold schreitet.
    Schreibert drückte das entstellte Gesicht gegen die Scheibe und weinte. Und durch die Tränen sah er Corinna ins Badehaus gehen, wo sie sich umziehen würde, um in ihrem weißen Bikini wieder herauszukommen, ein Wesen, dessen Schönheit nicht mehr menschlich war.
    Schreibert wartete dies nicht mehr ab. Er riß sich los, ging noch einmal in sein nun leeres Zimmer, das aussah, als habe man ihn als Toten herausgetragen, denn die Betten waren schon abgezogen und die Matratzen zum Lüften ans Fenster gestellt, wusch sich die Augen, trocknete sich mit einem Taschentuch ab, denn auch die Handtücher waren weggenommen, und ging dann zurück zu dem wartenden Boltenstern.
    »Wir können!« sagte er hart, verließ die Klinik, als gehe er mit Verachtung, und setzte sich in Boltensterns Wagen. Und er blickte auch nicht zurück, als sie den Berg hinunterfuhren nach Oberstdorf.
    Auf halber Strecke hielt Boltenstern plötzlich an und parkte in einer Ausbuchtung der Straße. Er griff an Schreibert

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