Zum Sterben schoen
wenn sie nicht dran erinnert worden wäre. Beim Junggesellenabschiedsessen hatte Michelle all ihren Brautjungfern eine zarte Goldkette geschenkt.
Es waren etliche Versuche nötig, bis sie die Kette befestigt hatte. Dann stand sie vor dem hohen Spiegel und zog ihre diamantenbesetzten Ohrringe an. Das einzige andere Schmuckstück, das sie trug, war ihr Verlobungsring. Sie streckte die Hand vor sich aus und starrte einen Moment auf den schimmernden Diamanten. Tränen verschwammen vor ihren Augen. Sie hatte das Gefühl, ihr würde das Herz brechen. Sie dachte sogar daran, den Ring auszuziehen und ihn Nick sofort zurückzugeben, änderte dann aber ihre Meinung. Sie würde warten bis nach dem Empfang. Dann würde sie ihn zurückgeben und Auf Wiedersehen sagen.
Lieber Gott, wie sollte sie das je durchstehen? Sie liebte ihn doch so sehr. Er war in ihr Leben getreten und hatte es für immer verändert, denn er hatte dafür gesorgt, dass sie ihre Augen und ihr Herz für die Welt um sie herum und all ihre Möglichkeiten öffnete.
Wie sollte sie je den Rest ihres Lebens ohne ihn leben? Laurant starrte sich im Spiegel an und straffte dann langsam die Schultern. Ja, ihr Herz wäre gebrochen, aber sie würde es überleben.
Allein, wieder einmal.
35
Die Kirche war überfüllt. Jeder, der in Holy Oaks lebte, musste zu der Hochzeit eingeladen worden sein. Nick beschloss, hinten in der Kirche zu beobachten, wie die Gäste hereinströmten. Viele Familien versuchten, nach oben zu gehen, aber das schmiedeeiserne Tor, das zur Empore führte, war verschlossen und ein handgeschriebenes Schild stellte einfach fest: »Kein Zutritt«. Manche versuchten, das Schloss durch Rütteln zu öffnen, um nach oben zu gelangen, aber dann gaben sie auf und suchten sich unten einen Platz.
Zwei Platzanweiser drängten die Gäste, näher zusammenzurücken, damit sich mehr Leute in die Bänke quetschen konnten, selbst noch als die Mutter der Braut zur ersten Reihe geleitet wurde.
Nick versuchte, niemandem in den Weg zu kommen. Laurant befand sich jetzt mit der Gesellschaft der Braut im Vestibül unter der Empore. Die Tür stand offen, aber die Braut konnte man nicht sehen. Nick beobachtete, wie Laurant den Schrank öffnete und ihre Handtasche hineinstellte. Sie fing seinen Blick auf, als sie sich umdrehte, lächelte ihm zögernd zu und verschwand dann außer Sichtweite.
Michelles Vater hatte die Doppeltür, die in die Kirche führte, teilweise geschlossen, damit sich die Hochzeitsgesellschaft aufstellen konnte, ohne gesehen zu werden. Er stand da, die Hand auf dem Türknauf und spähte hinein, wann Pater Tom aus der Sakristei kam und seinen Platz vor dem Altar einnahm. Aufgeregt und besorgt, dass er vergessen würde, was er tun sollte oder dass er auf das Kleid seiner Tochter treten würde und sie hinstürzte, fing er vor Angst an zu keuchen. In wenigen Minuten würde er seine einzige Tochter weggeben. Er griff in die Westentasche seines geliehenen Smokings und zog sein Taschentuch heraus. Während er sich über die Stirn wischte, fielen ihm die Vandermanschwestern wieder ein.
»Oh, mein Gott«, flüsterte er laut.
Seine Tochter hörte ihn. Sie sah die Panik im Gesicht ihres Vaters. »Was ist los, Daddy? Ist jemand in Ohnmacht gefallen?«
»Ich habe die Vanderman-Schwestern vergessen«, teilte er ihr mit.
»Daddy, du kannst sie jetzt nicht mehr abholen. Die Hochzeit hat angefangen.«
Panisch schaute ihr Vater sich nach Hilfe um, erspähte Nick und schnappte ihn sich. »Können Sie bitte Bessy Jean und Viola abholen? Vermutlich stehen sie schon an der Bordsteinkante und warten. Wenn sie diese Hochzeit verpassen, werde ich das noch ewig zu hören bekommen.«
Nick wollte Laurant nicht allein lassen, aber er war der einzige zur Verfügung stehende Mann im Vestibül, der nicht unmittelbar an der Hochzeit beteiligt war. Er wusste, dass es nur ein paar Minuten dauerte, den Hügel hinunter- und wieder zurückzufahren, dennoch zögerte er.
Laurant bemerkte das. Sie trat aus der Reihe und eilte mit raschelndem Seidenrock auf ihn zu. »Du wirst nichts verpassen«, flüsterte sie laut genug, dass Michelles Vater es hören konnte. Dann beugte sie sich näher vor und wisperte: »Es ist vorbei. Du musst dir um mich keine Sorgen mehr machen.«
»Ja, in Ordnung«, stimmte er zögernd zu. »Ich gehe in einer Minute, nachdem du nach vorne gegangen bist.«
»Aber wenn du dich beeilst –«
»Ich möchte sehen, wie du zum Altar gehst«, sagte er ein bisschen
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