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Zum Tee in Kaschmir

Titel: Zum Tee in Kaschmir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nazneen Sheikh
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hier zu unglaublich niedrigen Preisen verkauft. Wir wollten hier nur etwas essen. Dil-Nawaz dirigierte unseren Fahrer zu einem kleinen Kebab-Stand. Der Verkäufer zog lange, zigarrenförmige Seekh-Kebabs von ihren Spießen, klatschte sie auf ein paar Bogen Zeitungspapier und reichte sie uns dann zusammen mit einigen grünen Coca-Cola-Flaschen durch das Autofenster. Die Kebabs aus Hackfleisch waren mit Fett gespickt, damit sie beim Braten saftig blieben. Wir spülten die extrem scharf gewürzten Kebabs mit sprudelnder Cola hinunter. Bei jedem Bissen hatten wir dabei das Gefühl, Schießpulver zu essen, das dann brennend unsere Kehle hinunterwanderte. Der Geschmack war absolut unvergesslich, genauso unvergesslich wie der Verkäufer, der uns das Essen zum Auto gebracht hatte, denn auch er war bis an die Zähne bewaffnet.
    Unser Ziel, die Siedlung Torkham, lag nur ein paar Meilen von der afghanischen Grenze entfernt. Torkham empfing seine Besucher mit einer Gruppe niedriger Gebäude, in denen der Zoll, die Einwanderungsbehörde und mehrere Kontrollpunkte untergebracht waren. Das Ganze wurde von einem großen Tor aus Stacheldraht bewacht. Die Häuser der kleinen Ortschaft selbst drängten sich eng zusammen, so als würde ihnen die gegenseitige Nähe Schutz geben. Es war ein aufregender Gedanke, dass irgendwo jenseits des schwer bewachten Tors die Stadt Kabul lag.
    In Torkham gab es auch einige kleine Geschäfte und Restaurants, Naazi hatte uns jedoch eingeschärft, dass wir den Wagen während des gesamten Ausflugs nicht verlassen durften. Jetzt hielten wir vor einem kleinen Restaurant, und wieder kam ein bärtiger, bewaffneter Mann an unseren Wagen. Dil-Nawaz sagte etwas auf Paschtu zu ihm. Der Mann antwortete ihr und nannte sie dabei mehrmals auf Englisch »Sir«, schließlich salutierte er kurz und entfernte sich dann wieder. Zehn Minuten später kam er mit einem riesigen Tablett wieder, das mit mehreren Blechtellern mit Reis-Pulao beladen war. Es gab kein Besteck, also aßen wir den in einer Fleischbrühe gekochten und mit Karotten, Rosinen, Kichererbsen und Fleischstücken vermischten Reis einfach mit den Fingern. Das Fleisch war mager, aber die Karotten und Rosinen machten das Gericht sehr saftig und verliehen ihm auch eine Spur von Süße, die man trotz des Kreuzkümmels noch deutlich herausschmeckte.
    Die Historie dieses Gerichts hätte so auch in einem meiner indischen Geschichtsbücher aus der Schulzeit stehen können. Hier in der Grenzstadt Torkham waren Mogulkönige von verschlagenen Persern besiegt worden, und mongolische Reiter waren auf ihrem Weg nach Zentralindien durch dieses Gebiet galoppiert. Es waren also fremde Stämme, die das Gericht aus der Weite Asiens in die nordwestlichen Grenzgebiete von Pakistan gebracht hatten, wo es dann in die Regionalküche aufgenommen wurde. Und eben diese Geschichte lebte jetzt in den Aromen weiter, die sich bei jedem Bissen Kabuler Pulao auf der Zunge entfalteten.
    Nachdem wir mit großem Appetit gegessen hatten, dachten wir nicht mehr an die unbeheizten Zimmer in unserer königlichen Unterkunft. Ja, wir taten dies nicht einmal, als Naazi unseren Fahrer anwies, so schnell wie möglich wieder nach Peshawar zurückzufahren. Während der Fahrt zählte sie dann die einzelnen Gewürze auf, die sowohl den Kebabs als auch dem Kabuler Pulao ihren unvergleichliche Geschmack verliehen hatten, nur für den Fall, dass wir vorhatten, diese Gerichte zu Hause zuzubereiten.

    Selbst als ich schon in Kanada lebte, dachte ich oft an meine bezaubernde Tante Naazi. Ständig hatte ich das Bedürfnis, Neues von ihr zu erfahren. Deshalb freute ich mich auch sehr, dass das Oberhaupt unserer Familie, Bashir, der ältere Stiefbruder meiner Mutter, mir immer wieder Fotos schickte, die bei verschiedenen Familientreffen aufgenommen worden waren. Auch wenn ich diejenige seiner Nichten war, die Pakistan verlassen hatte, sollte und durfte ich seiner Meinung nach die Familie natürlich nicht vergessen. Ich wiederum fand es beruhigend, gelegentlich ein Foto in den Händen zu halten, das Naazi auf irgendeinem Familientreffen zeigte. Ihre ganze Körperhaltung dominierte dabei sichtlich die ihrer zurückhaltenderen Schwestern. Ich sah auch, dass sie statt der steifen Schmachtlocke von früher jetzt eine weiche Locke einfach in die Stirn fallen ließ.
    Dann kam jedoch eine Zeit, in der das Schicksal

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