Zum Teufel mit David!: Roman (German Edition)
daß er ein braver Junge sei. »Ich wußte, daß dir das gefällt.«
Sylvia kam in ihrem roten Wollmantel mit Pelzkragen die Treppe herunter. Sie konnte einfach nicht verstehen, wieso Polly Skrupel hatte, Pelze zu tragen. »Aber die Tiere sind tot, Liebling«, sagte sie immer. »Und sie sind schon vor vielen, vielen Jahren gestorben ...«
Und wenigstens würde Melissa Polly nicht mit finsteren Blicken auf die Nerven gehen, als wäre es irgendwie ihre Schuld, daß ihre Mutter kein Umweltbewußtsein besaß.
»Mrs. Cameron –« Tristan trat ein paar Schritte vor. »Sie sehen großartig aus. Du auch, Polly«, setzte er kühler hinzu.
»Gehen wir zum Wagen. Ich sitze vorn und sage dir, welchen Weg du fahren mußt, Mutter.«
Melissa hieß sie mit offenen Armen willkommen, führte Polly und Sylvia selbst hinauf und überließ es Consuela, sich um Tristan zu kümmern.
»Liebe Mrs. Cameron, es ist so schön, daß Sie auch gekommen sind.« Sie drehte sich zu Polly um. »Er ist erst nach sechs Uhr eingetrudelt, obwohl ich ihn zur Teezeit eingeladen habe. Aber ehrlich gesagt, ich bin heilfroh. Er hat nicht ein Wort von sich gegeben, seit er hier ist. Sheldon meint, man könnte ihm ohne weiteres ein Glas Bier anbieten, aber ich bin anderer Ansicht. Ich meine, er ist noch nicht mal achtzehn, oder?«
»Nicht?« Polly hatte es nicht geschafft, mit Patrick zu sprechen und ihn zu bitten, ihre früheren Begegnungen nicht zu erwähnen, also war sie auf Patricks Redefaulheit angewiesen, um ihre Privatsphäre zu wahren.
»Und er steht nur herum – in diesen gräßlichen schwarzen Kleidern. Er hat doch eine anständige Schule besucht – ich möchte wirklich wissen, wieso er so ein Stoffel ist.«
»Vielleicht ist er nur schüchtern«, sagte Polly.
»Ich jedenfalls kann nicht sehr viel mit ihm anfangen. Trotzdem dachte ich, wir könnten nach dem Essen ein paar Spiele spielen – so wie in alten Zeiten bei unseren Dinnerparties. Erinnerst du dich daran, Polly?«
Polly war nur auf einer von Melissas Dinnerparties gewesen ›in den alten Zeiten‹. Als die Mahlzeit beendet war, hatte sich die Gesellschaft auf den Weg in den Salon gemacht und sich mit schottischen Tänzen vergnügt. Polly, die sich geweigert hatte, entsprechende Kurse in den Ferien zu besuchen, war damals die einzige gewesen, die alles falsch machte. Die anderen fanden das furchtbar lustig, nur Melissa nicht, die ärgerlich in die Hände geklatscht und Polly ausgeschimpft hatte.
»Aber du willst doch keine schottischen Tänze aufführen?« fragte Polly.
»Nein, nein. Nicht mit deiner Mutter.« Sie bedachte Sylvia mit einem Lächeln, als wäre sie hundertzwanzig Jahre alt und nicht knappe sechzig.
Sylvia lächelte zurück. Wenigstens bekam sie am Rande mit, wie Melissa mit ihren Mitmenschen umsprang.
Als sie in den Salon kamen, fanden sie Patrick und Tristan mit Biergläsern in dem Händen vor. Patrick schaute Polly an, als hätte er sie noch nie in seinem Leben gesehen, und nickte kaum merklich, als Melissa ihn vorstellte. Polly konnte nicht ergründen, ob er sich dumm stellte, oder ob er sie wirklich nicht erkannte. Bei ihrer ersten Begegnung war er total betrunken gewesen. Aber bei der Episode im New Inn konnte er nicht so hinüber gewesen sein, daß er seine Retterin vergessen hatte, oder?
Polly war dankbar für seine Verschwiegenheit, aber auch ein wenig gekränkt – schließlich hatte sie Patrick zweimal aus einer scheußlichen Lage befreit. Sie begrüßte Sheldon mit einem gehauchten Kuß. »Haben Sie sich von meinen Auberginen erholt?«
Sheldon wurde rot. »Natürlich. Was kann ich Ihnen und Ihrer Mutter zu trinken anbieten?«
»Was meine Mutter möchte, müssen Sie sie schon selbst fragen. Ich könnte einen Gin mit Tonic vertragen.«
Sie vertrug zwei, und ihre Mutter war bei ihrem zweiten Sherry, als Consuela erklärte, das Dinner sei fertig. Melissa hatte sich nicht getraut, ihre zusammengewürfelte Gästeschar in der Küche zu bewirten, also trabten alle ins Speisezimmer und suchten nach den Platzkärtchen mit ihrem Namen.
Polly saß neben Patrick. »Ich hoffe, es macht dir nichts aus«, flüsterte Melissa. »Aber du kommst so gut zurecht mit ...«
»Jungen Leuten, ich weiß.«
Consuela erschien mit einer Terrine – die Suppe sah verdächtig nach ›Heinz Tomatenketch-up‹ aus – und plazierte sie sorgsam vor Melissa, ehe sie sich wieder davonmachte. Melissa verteilte die Suppe, während Sheldon den Tisch mit einer Flasche umrundete. Er
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