Zum Teufel mit David!: Roman (German Edition)
unsinnige Rechnungen aufzumachen. Ihr Problem war, daß sie nicht das richtige Temperament zur Bankräuberin hatte, und ihr mathematisches Talent reichte nicht aus für trickreiche Unterschlagungen oder Betrügereien. Die einzig praktikable Möglichkeit für sie war, sich ein Sparschwein zuzulegen und ihre Ausgaben noch mehr einzuschränken. Simon hatte heute auch nicht sehr viel mehr Erfolg als Polly, also beschlossen sie schon früh, ihre Sachen zusammenzupacken.
»Simon, da drüben steht nur noch eins meiner Gefäße – kannst du es mir bitte rüberreichen?« rief Polly über die Schulter.
»Wieviel kostet es?«
Polly wirbelte verärgert herum. Der Preis war jetzt nur noch von akademischem Interesse. Sie würde ihre neuen Kreationen verschenken müssen.
Aber hinter ihr stand nicht Simon mit dem goldenen Tongefäß in der Hand, sondern der geheimnistuerische Mann aus London mit den glänzenden Schuhen und der ebenso glänzenden Glatze.
»Äh – einen Moment bitte, ich sehe nach.« Polly versenkte die Hand in ihrer Tasche, holte einen Zettel heraus und zog schnell etwas vom ursprünglichen Preis ab, ehe sie ihm antwortete.
Der Mann lächelte. »Sie würden mehr dafür bekommen, wenn sie die Sachen über ein Londoner Geschäft verkaufen. Aber da ich das Stück für meine eigene Sammlung haben will, akzeptiere ich einen Rabatt.«
Er hob das Gefäß in seine Arme und zog umständlich seine Brieftasche heraus. Polly beobachtete fasziniert, wie er ihr ein Bündel Banknoten hinhielt, die – dank Simons Werteinschätzung – für die Stromrechnung und nach einiges andere reichten.
Sie war so benommen, daß sie fast vergaß, sich von ihrem Kunden zu verabschieden.
Sie hatte eins ihrer Werke an einen echten, kritischen Kenner verkauft.
Sie war eine ernstzunehmende Töpferin.
Kapitel 19
A uf dem Heimweg war Polly in Höchststimmung, bis sie an den dem Untergang geweihten Gebäuden vorbeikamen. Dort überkam sie anfallsartig das schlechte Gewissen. Vielleicht sollte sie ihren heutigen Verdienst an die Stiftung weitergeben. Auch wenn es unwahrscheinlich war, daß ihr Geld den Ausschlag zugunsten der Bewegung geben würde, brachte jede Spende die Demonstranten dem Erfolg ein Stückchen näher.
Sie klärte Simon über ihr Dilemma auf, und er sagte, daß sie verrückt sei, auch nur daran zu denken, und änderte das Thema.
Ihre Mutter wartete bereits auf sie, als Simon sie zu Hause absetzte. Aus Rücksicht auf Sylvia Cameron lehnte Simon ab, noch einen Sprung mit ins Haus zu kommen. Polly, der noch immer sein rüder Kommentar zu ihrer selbstlosen Überlegung zu schaffen machte, war ihm dankbar dafür, auch dankbar, daß sie nicht nötig hatte, ihrer Mutter zu erklären, wieso sie mit einer erklecklichen Geldsumme nach Hause kam, obwohl nur ein Stück verkauft worden war. Irgendwie widerstrebte es ihr, einzugestehen, daß sie es aufgegeben hatte, Taufbecher zu töpfern.
Eine dampfende Teekanne und ein Teller mit Eier-Kresse-Sandwiches standen auf dem aufgeräumten Tisch. Polly küßte ihre Mutter liebevoll.
»O Mum! Meine Lieblingssandwiches. Wie schön. Ich sterbe vor Hunger, und Gott allein weiß, wann wir heute abend etwas zu essen bekommen. Du bist ein Schatz.«
Sylvia lächelte und richtete ihr Haar. »Ich dachte, daß du müde bist«, sagte sie zufrieden. »Und ich habe mich daran erinnert, wie gern du Ei mit Kresse magst.«
»Wunderbar!« Sie steckte eins der köstlichen dreieckigen Stücke in den Mund. »Wenn ich mir so etwas selber mache, kann ich es nie abwarten, bis die Eier kalt sind. Ich esse immer schon vorher alles auf.«
»Sprich nicht mit vollem Mund, Polly-Schätzchen. Trink eine Tasse Tee.«
Nachdem Polly alle Sandwiches verputzt und es ausgiebig genossen hatte, wie ein Schulmädchen nach einer schweren Klassenarbeit behandelt zu werden, schleppte sie sich die Treppe hinauf ins Bad. Auch wenn der Glanz des Erfolgs sie auf Schritt und Tritt begleitete, schien sie erschöpfter als sonst nach einer Messe zu sein. Als sie sich im Badezimmer auszog, entdeckte sie den Grund dafür.
Im Grunde hätte ihr ein Riesenstein vom Herzen fallen müssen, als sie den roten Fleck in ihrem Höschen sah, aber statt dessen zerplatzte das Glücksgefühl wie eine Seifenblase, als ob sie eine Enttäuschung erlebt hätte.
Sie verbannte entschlossen den Gedanken, daß sie sich Davids Baby mehr wünschte als irgendein anderes Baby. Eine halbe Stunde in der Badewanne würde wirken wie ein paar Stunden
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