Zum Teufel mit David!: Roman (German Edition)
füllte Pollys Glas bis zum Rand. Polly faßte allmählich sogar beinahe so was wie Zuneigung zu Sheldon. Abgesehen von seiner unersättlichen Wollust, war er eigentlich ein ganz netter Kerl.
»Greift zu!« trällerte Melissa. »Ich hoffe, es schmeckt«, sagte sie in entschuldigendem Ton zu Tristan und Pollys Mutter. »Aber ich dachte, daß junge Leute so etwas am liebsten mögen.«
»Ist dein Vater lange weg?« erkundigte sich Polly bei Patrick.
»Einen Monat.«
»Wann erwartest du ihn zu Hause?«
»Nächste Woche.«
»Und – hast du ihn vermißt? Oder bist du froh, daß du deine Schallplatten – äh, deine Musik – endlich mal voll aufdrehen kannst?«
»Es ist ganz in Ordnung.«
Sein Widerwille, eine Unterhaltung in Gang zu bringen, war wie ein häßliches Déjà-vu-Erlebnis für Polly. Es schien erst gestern gewesen zu sein, als sie in genau diesem Raum, an diesem Tisch versucht hatte, ein Gespräch mit seinem Vater zu führen. »Dann fühlst du dich nicht einsam?«
»Eigentlich nicht.«
Polly gab auf. Melissa hatte recht. Patrick war ausgesprochen mühsam, aber die Suppe half ihr über die Schwierigkeiten hinweg.
»Monica sorgt für mich.«
Polly hätte fast den Löffel fallen lassen – Patrick hatte ungefragt etwas von sich gegeben!
»Und wer ist Monica?« fragte sie, und strengte sich an, ihn auf telepathischem Weg dazu zu bewegen, sie nicht zu verraten.
Er sah sie bedeutsam an. »Sie ist die Haushälterin. Ich dachte, Sie wüßten das.«
Melissa betrachtete Patrick mit forschendem Blick. »Woher sollte Polly das wissen, Patrick?«
Polly gönnte sich einen großen Schluck Wein.
Patrick zuckte gleichgültig mit den Schultern. »Ich dachte, Dad hat es vielleicht erwähnt.«
Polly stieß langsam die Luft aus. »Die Suppe ist köstlich, Melissa. Meine Lieblingssuppe.«
»Gut!« rief Melissa strahlend. »Danach gibt’s Shepherds Pie. Das magst du doch, oder?« fragte sie Patrick mit flehendem Unterton.
»Es ist okay.«
»Und Eis mit heißer Schokoladensauce zum Nachtisch.«
Offensichtlich hatte Melissa Ratschläge, was ›junge Leute‹ mögen, von einem Partyservice für Kids eingeholt. Polly war froh, daß ihr Fischstäbchen erspart blieben, fragte sich jedoch, ob es Pommes und Bohnen in Tomatensauce zum Shepherds Pie geben würde.
»Super«, schwärmte Polly. »Das schmeckt jedem, nicht wahr, Tristan?«
»Ganz bestimmt, Melissa.« Tristan ließ seinen Goldzahn aufblitzen. »Sie wissen wirklich, wie man Atmosphäre schafft.« Dann verwickelte er Melissa in ein Gespräch, wie nur er es konnte.
Patrick sah Polly zum allererstenmal direkt in die Augen. »Ich bin ehrlich froh«, sagte er so leise, daß sie ihn kaum verstand, »daß diese Frau nie meine Stiefmutter werden kann.«
»Aber sie meint es doch so gut «, flüsterte leise Polly zurück.
»Eben.« Patrick kippte seinen antiken Stuhl, der protestierend knarrte, nach hin und leerte sein Glas.
»Schön!« Melissa erhob sich. »Zurück in den Salon. Wir spielen ein paar Spiele.«
Polly führte ihre Mutter erst hinauf, damit sie sich die Nase pudern konnte.
»Ist alles in Ordnung, Mum?« erkundigte sie sich, als sie außer Hörweite waren. »Wenn du bei den Partyspielen nicht mitmachen willst, können wir uns unter irgendeinem Vorwand entschuldigen und gehen. Ich bin sowieso entsetzlich müde.«
Davon wollte Sylvia nichts hören. »O nein! Mir gefällt’s großartig. Melissa ist eine reizende Person, und sie hat sich eine solche Bürde mit diesem kleinen Flegel aufgeladen.«
Polly hielt eher ›dem kleinen Flegel‹ die Stange. »Sie ist ziemlich von oben herab und bestimmend, meinst du nicht? Patrick ist siebzehn, und sie behandelt ihn wie einen Siebenjährigen.«
»Aber sie meint’s gut. Glaubst du, daß mir dieser Lippenstift steht?«
Polly lobte den Lippenstift über den grünen Klee und dachte: Sie meint es gut. Das sollte auf Melissas Grabstein eingemeißelt werden – alle sagen das, wenn von ihr die Rede ist. Aber was schreiben sie einmal auf meinen?
Als sie wieder im Salon waren, nahm Polly noch ein Glas Rotwein. Ihre Periode machte sich allmählich bemerkbar, und sie konnte eine extra Dosis Eisen gut gebrauchen.
»Was wollen wir spielen? Polly?«
Melissa wandte sich hilfesuchend an sie. Polly sank das Herz – offensichtlich erwartete man von ihr, als der ›Expertin in Sachen junge Leute‹, Spiel und Spaß zu organisieren.
Sie hatte Bridget oft auf Kindergeburtstagen geholfen, aber Bridget stellte immer eine
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