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Zum weißen Elefanten

Zum weißen Elefanten

Titel: Zum weißen Elefanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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ausgefallenen Ideen besessen, noch einen weiteren Stock aufgesetzt hatte. Nein, wirklich, eher wie ein Kamel. Aber dafür war es wieder zu breit und zu stabil, es sah einfach großzügig und städtisch aus. Katherine hatte recht, wenn sie sagte, es sei wie ein weißer Elefant. Jane hoffte nur, daß er sich nicht als wirkliche Belastung herausstellen würde.
    »Jane, wo bist du? Komm zurück. Es ist schrecklich aufregend, aber wir wollen nicht auf Entdeckungsreise gehen, bevor du nicht auch hier bist«, rief Katherine, und Jane lief schnell die vier Betonstufen zu der weiträumigen Veranda hinauf, die um drei Seiten des Hauses führte.
    Plötzlich war sie ganz aufgeregt. Wie sah es wohl aus? Sie konnte sich nur an unzählige riesige Zimmer erinnern, die möbliert und doch leer waren. Jetzt hatten sie eine normale Größe, bis auf die zwei wichtigsten Wohnräume, wo Andrew offensichtlich aus zwei oder sogar drei der ursprünglichen Zimmer einen einzigen Raum gemacht hatte. Sie lagen zu beiden Seiten der zentralen Eingangshalle, an deren Ende sich eine geräumige, aber erstaunlich moderne Küche und ein Durchgang nach beiden Seiten befand. Auf diesen führten zwei Doppelschlafzimmer hinaus, und an einem Ende lag das Badezimmer.
    »Jetzt gehen wir nach oben«, rief Tony, der sich schon als Familienmitglied fühlte, und sie rasten die steilen Stufen hinauf, die in einen schmalen Treppenabsatz und einen weiteren Korridor mündeten. »Noch sechs Zimmer und noch ein Badezimmer. Unglaublich, kein Wunder, daß die Leute den Mann, der daran noch etwas anbaute, für verrückt hielten. Man sagt, daß der erste Kerl ein Farmer mit mehreren Dutzend Kindern und unzähligen Zimmern war, dann kam einer, noch verrückter als der erste, kaufte den ganzen Kram und wollte es in ein Erholungsheim für Künstler oder so was ähnliches verwandeln. Mit der Erholung ist es hier nicht weit her; eine Menge Künstler und keine Dienstboten. Was wollt ihr um Himmels willen damit anfangen?«
    »Es renovieren und dann verkaufen«, sagte Jane, wodurch sie seine ganzen Hoffnungen mit einem Satz zerstörte.
    »Dann werdet Ihr nicht lange bleiben?« Er sah sehr jung und niedergeschlagen aus, und Jane bekam Mitleid mit ihm. Den Erfolg erzielte Katherine, wie immer. Freundlich sagte sie: »Fast den ganzen Sommer, denke ich. Es wird Ewigkeiten dauern, alles richtig in Ordnung zu bringen.«
    »Ein Monat voller Sonntage. An vielen Stellen ist der Anstrich schrecklich schmutzig, und ihr werdet die Wohnzimmer völlig neu tapezieren müssen. Wenn ich kann, werde ich euch helfen. Ist keine Arbeit für Mädchen«, schloß er, wieder sehr erwachsen und selbstbewußt.
    Jane dachte, daß es an Hilfe wohl nicht fehlen würde, wenn es viele Junggesellen in der näheren Umgebung gäbe. Herrlich, so wie Kit zu sein. Aber bei diesen Gedanken bemitleidete sie sich nicht selbst; sie war daran gewöhnt, eben »nur Jane« zu sein. Ihr Blick schweifte zur Aussicht, die man aus dem Fenster hatte. Man sah direkt aufs Meer bis zu den Hügeln in blauer Ferne. Kein Wunder, daß Künstlern dieser Ort gefallen hatte. Plötzlich überkam Jane ein sonderbares unerklärliches Gefühl. Das war der wichtigste Augenblick ihres Lebens. Plötzlich wußte sie es mit: absoluter Sicherheit. Dieses Haus gehörte ihr, ihr alleine.
    Erst viel später wurde sie sich bewußt, daß hier etwas begann, was fast zu einer fixen Idee wurde. Im Augenblick wußte sie nur, daß sie sehr aufgeregt, ja eigenartig bewegt war. Sie begriff nicht, daß dies das erste Erwachen ihrer Liebe zu dem alten Haus bedeutete.
    Sie kehrte in die Wirklichkeit zurück und hörte, daß Katherine Tony verabschiedete, wie sie es erwartet hatte. Sie war freundlich und reizend, voller Versprechungen späterer Wiedersehen, denn sie hatte nicht die Absicht, einen Helfer zu verlieren, der sich schon als wertvoll erwiesen hatte.
    »Ich weiß nicht, was wir ohne Sie gemacht hätten«, murmelte sie, und Tony strahlte vor Glück, als er an Jane vorbeiging und gerade noch daran dachte, ihr höflich >Gute Nacht< zu sagen.
    Erst als er schon außer Hörweite war, merkten sie, daß Bert weder ihr Farbenmaterial noch ihr Bettzeug gebracht hatte, und daß der Strom wirklich gesperrt war.
     

3
     
    Um sieben wurde Jane von der Sonne, die ihr durch das Fenster ohne Vorhänge direkt ins Gesicht schien, geweckt; sie fühlte sich schmutzig und unbehaglich. Verwirrt sah sie sich in dem großen nackten Zimmer um, mit den zwei Betten, den schäbigen

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