Zum weißen Elefanten
Welt nichts ein, was sie hätte sagen können. Sie fand es unmöglich, die Szene im Büro dieses Mannes zu vergessen, unmöglich, es ihm nicht nachzutragen, daß sie dort eigentlich den ersten Fehlschlag ihres Lebens erlitten hatte. Sie ertappte sich, wie sie auf eine scherzhafte Bemerkung mürrisch antwortete und schämte sich. Er würde merken, wie sehr er sie gedemütigt hatte.
»Ich weiß nicht, warum ich so schlecht aufgelegt bin,« sagte sie entschuldigend.«
»Aber ich. Erstens sind Sie sehr müde.«
»Da haben Sie wahrscheinlich recht. Die letzten sechs Wochen waren ziemlich hart. Aber das ist albern; wir wollten Pensionsgäste, wir haben sie gehabt, worüber sollte man sich also beklagen?«
»Stimmt schon, aber Sie müßten mehr Hilfe haben. Sie sind mit dem frechen kleinen Mädchen, das mir in meinem eigenen Büro Widerworte gab, überhaupt nicht mehr zu vergleichen.«
Kleines freches Mädchen. Wie konnte man die Dinge so beleidigend darstellen? Und in Wirklichkeit meinte er, daß sie jetzt älter und gewöhnlicher aussah. Ausnahmsweise hatte sie keine Antwort bereit; er hatte recht. Sie war müde. Zu müde, um sich weiter zu streiten.
»Sie haben nicht nach dem zweiten Grund gefragt«, bemerkte er herausfordernd.
»Was meinen Sie denn? Nicht, daß es mich wirklich interessieren würde.«
»Nett gesagt. Der zweite Grund ist, daß Sie mir noch immer etwas nachtragen. Sie können unsere letzte Auseinandersetzung nicht vergessen. Sie brauchen gar nicht zu widersprechen; Sie wissen ganz genau, daß Sie mich statt mit mehreren Matratzen und gereizten Worten mit offenen Armen empfangen hätten, wenn ich Ihnen ein völlig Unbekannter gewesen wäre.«
Sie blickte mit ihren ehrlichen Augen zu ihm auf und sagte nach einer kleinen Pause: »Ich glaube, das stimmt. Ich habe Ihnen sehr übelgenommen, wie Sie mich an diesem Tag angebrüllt haben, und was meine Rechtschreibung angeht, bin ich schrecklich empfindlich, das war ich schon immer. Ich wollte diese Stelle behalten, und niemand hat mich jemals zuvor ‘rausgeworfen.«
»Genaugenommen haben Sie sich selbst ‘rausgeworfen. Trotzdem, ich muß wohl zugeben, daß ich an dem Tag eine scheußliche Laune hatte und kein Mädchen mehr sehen konnte. Wir haben eine nach der anderen gehabt, und Sie waren die fünfte. Bei Ihnen störte mich nur die Rechtschreibung — und natürlich Ihre Launen — aber bei den meisten war es reine Dummheit.«
»Dummen Leuten hilft es nicht weiter, wenn man sie verspottet.«
»Einverstanden. Gut, wir sind beide schuld. Sie haben Feuer gespieen und ich, ich habe...«
»Sie haben alles tyrannisiert«, beide lachten und waren Freunde. Als Pensionsgast, und natürlich nur als Pensionsgast, dachte Jane, war Philip Park nett. Er machte ihr überhaupt keine Schwierigkeiten, versuchte sogar unbeholfen aber sorgfältig sein Bett selbst zu machen. Er war mit einfachen Mahlzeiten vollauf zufrieden, und mit seiner Art, eine Vorliebe für gekochte Eier zum Frühstück und kaltes Fleisch zum Mittagessen an den Tag zu legen, wäre er jeder Köchin ans Herz gewachsen. Sie nahm seine Hilfe beim Spülen an und begleitete ihn dafür morgens zum Schwimmen. Inzwischen blieb Katherine fest im Bett. Sie war müde und hatte ein paar gute Bücher. Jane kam herrlich zurecht, und schließlich war es ja wirklich nicht schwierig, einen Mann zu versorgen. Ihre Erkältung ließ nach, aber niemand konnte erwarten, daß sie sich zeigte, solange sie wie ein Schreckgespenst aussah. Philip Park schien jedoch anderer Meinung zu sein. »Was ist mit Ihrer Kusine los? Will sie den Rest ihres Lebens im Bett verbringen?« fragte er am dritten Morgen.
»Natürlich nicht, aber sie ist erkältet und sehr müde. Sie hat hart gearbeitet und muß sich erholen.«
»Und Sie nicht?«
»Ach, ich bin sehr stark. Außerdem hat Kit alle anstrengenden Aufgaben übernommen, zu den Leuten nett zu sein, die Gäste zu besänftigen und sie fröhlich zu stimmen.«
»Scheint mir nicht so anstrengend zu sein wie das Kochen.«
»Ich koche lieber den ganzen Tag, als daß ich immer süß lächle, wenn die Leute unangenehm werden.«
»Das kann ich mir auch nicht vorstellen. Und sie kann das?«
»Kit wird nie böse. Sie ist das freundlichste Geschöpf, das Sie sich vorstellen können. Warten Sie nur, bis Sie sie sehen.«
Am nächsten Morgen sah er sie, als Katherine beschlossen hatte, daß ihre Erkältung vorüber, ihre Nase nicht länger rot und ihre Augen klar und leuchtend seien. Sie kam
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