Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zum weißen Elefanten

Zum weißen Elefanten

Titel: Zum weißen Elefanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
Vom Netzwerk:
noch versucht haben, mich umzubringen, als wir uns wiedersahen.«
    Sie ärgerte sich selbst, daß sie jetzt lachen mußte. »Es muß komisch ausgesehen haben, wie wir uns beide anstarrten. Aber jedenfalls haben Sie mich zu Fall gebracht.«.
    »Natürlich schieben Sie mir die Schuld zu. Aber, mein liebes Kind, holen Sie jetzt Ihre... Ihre... die Inhaberin, und bitten Sie sie um ein Zimmer für mich.«
    Jane war beleidigt. Sie merkte, daß er beinahe »Ihre Chefin« gesagt hätte, und außerdem hatte er »mein liebes Kind« gesagt, als wäre sie ein Zimmermädchen. Schrecklich, dieser herrische Mensch. Aber jetzt kam der Zeitpunkt ihres Triumphs. Indem sie sich möglichst groß machte, sagte sie ganz von oben herab: »Ich bin die Inhaberin«, und wartete auf einen Ausruf des Erstaunens.
    Aber er blieb aus. Statt dessen sah sie zu ihrem Ärger, daß er ein Lächeln unterdrückte. Aber er sagte mit höflichem Interesse: »Sie? Betreiben Sie dieses Unternehmen?«
    »Warum denn nicht?« fragte sie scharf, aber er machte nur eine unbestimmte Handbewegung zu dem großen leeren Haus und sagte mit einem freundlichen Lächeln: »Nur daß Sie noch ziemlich jung erscheinen — und vielleicht, — wenn ich so sagen darf — ein bißchen klein — um etwas so Eindrucksvolles zu leiten. Aber ich gratuliere Ihnen. Das ist ein ganz entzückendes altes Haus. Ich wollte weiter an der Küste entlangreisen, aber dann hat mir jemand gesagt, ich würde besser hierher fahren. Sie müssen hier ein Vermögen verdienen. Besser als Büroarbeit — und keine Rechtschreibung erforderlich.«
    Seine neckende Stimme war freundlich, und Jane kam zu dem Schluß, daß es einen besseren Eindruck machen würde, liebenswürdig zu sein. Sich mit ihm zu streiten, das würde ihn ja nur belustigen, so war er eben. Wäre er doch nur gestern gekommen, dann hätte sie sagen können: »Tut mir leid, ich habe kein Zimmer mehr frei«, aber das Haus stand ganz offensichtlich leer, und sie hatte es schon bereitwillig zugegeben. Sie begnügte sich damit, widerwillig zu fragen: »Wie lange wollen Sie bleiben? Ich habe schon eine Menge Vorbestellungen«, dann wurde sie rot, weil sie sicher war, daß er die Lüge erkannt hatte.
    »Ich habe mich eine Woche davongestohlen, weil wir im Büro gerade eine tote Zeit haben und ich bisher völlig um meine Ferien gekommen bin. Können Sie mich sieben Tage lang ertragen?«
    Jane seufzte. Wenn sie daran dachte, wie dieser Mann sie tyrannisiert hatte, wenn sie an die letzte Szene in seinem Büro dachte und nun merkte, wie er sie auch jetzt noch auslachte, hätte sie gerne nein gesagt. Aber sie wußte, daß sie sich das nicht leisten konnte. Es wäre Wahnsinn gewesen, Geld zurückzuweisen, und seine Rechnung für eine Woche Pension wäre eine große Hilfe. So nahm sie eine ihrer Meinung nach gelassene und selbstbewußte Haltung ein und sagte mit einem leichten Achselzucken: »Das ist ein Gasthaus, wir sind dazu da, jeden Gast zu beherbergen. Ich zeige Ihnen Ihr Zimmer.«
    Er schien völlig unbeeindruckt, hob die Matratzen auf und sagte: »Die trage ich zuerst mal nach oben. Nur keine Widerrede. Sie sind zu groß für Sie. Übrigens, Sie betreiben diese Pension doch wohl nicht alleine?«
    Jane, die ungehalten hinter ihm die Treppen hinauftrippelte und sich klein und unbedeutend fühlte, sagte: »Nein, meine Kusine hilft mir. Ja, bitte in dieses Zimmer. Und hier ist Ihres.« Dann tat es ihr wie so oft plötzlich leid: »Entschuldigen Sie, daß ich so gereizt bin, aber ich wollte im Augenblick wirklich niemanden mehr aufnehmen. Wir haben so viele Gäste gehabt, und wir wollten uns ausruhen. Kit ist erkältet, und ich dachte, wir würden von kaltem Fleisch und Salaten leben.«
    Er sah freundlich zu ihr herunter. Trotz ihrer Launenhaftigkeit war sie eigentlich ein ganz, nettes kleines Persönchen. Aber wie dünn sie geworden war und was für ein kleines Gesicht sie bekommen hatte. Er sagte: »Kaltes Fleisch und Salate, genauso stelle ich mir bei diesem Wetter gutes Essen vor.«
    »Wirklich? Möchten Sie damit sagen, daß Sie keine Suppe und Fleisch und Pudding zu jedem Mittagessen und Abendessen haben wollen?«
    »Ich wäre sofort verschwunden, wenn man mir das vorsetzen würde. Ich mag im Sommer keine Suppe, und Pudding esse ich nie. Ruhen Sie sich aus, soviel Sie wollen, und stören Sie sich nicht an mir.«
    Außerhalb der Dienstzeit war er ganz anders, dachte Jane. Zumindest teilweise. Aber er war ein Pensionsgast und mußte verpflegt

Weitere Kostenlose Bücher