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Zum weißen Elefanten

Zum weißen Elefanten

Titel: Zum weißen Elefanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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war unbeschreiblich dankbar für eine verhältnismäßig billige Unterkunft, außerdem half er, wo er konnte. Noch dazu, dachte Jane, war er sehr nützlich, weil er Kit glücklich und zufrieden machte. Sie freute sich an seiner harmlosen Bewunderung, die sich sogar auf ihre Zeichenversuche ausdehnte, und jetzt sprach sie wieder von ihrer Kunst und produzierte hübsche kleine Ansichten von der Küste, die sich beinahe für eine der billigeren Weihnachtskarten geeignet hatten. Dies und Kenneths ihr zugewandte Aufmerksamkeit stimmten sie fröhlich, denn sonst hätte ihr Leben um diese Zeit langweilig ausgesehen.
    »Als wir mit dem Haus fertig waren, begann ich zu spüren, daß ich meinen künstlerischen Neigungen hier keinen freien Lauf lassen konnte«, erzählte sie Jane ernsthaft.
    »Arme Kit, Bettenmachen und Böden ausfegen bietet nur wenig schöpferische Freude, nicht wahr?«
    »Das hat mir nichts ausgemacht. Es war ganz lustig, als noch viele Leute hier waren, aber natürlich hat jeder den Drang, sich schöpferisch zu betätigen.«
    Jane lachte und wechselte das Thema. »Da wir gerade von Schöpfung sprechen, ich glaube, Nora gibt diesem Drang soeben nach. Sie neigt nicht zum Dick werden.«
    »Meinst du, sie erwartet ein Baby? Wie schrecklich. Warum heiraten die Leute nur und binden sich selbst an? Und Nora ist ziemlich hübsch.«
    »Es wäre ja möglich, daß sie Hugh eben liebt.«
    »Natürlich, er ist schon in Ordnung, aber es muß doch schrecklich langweilig sein in dem kleinen Haus. Und wenn sie das Baby hat, wird sie dort ganz angebunden sein.«
    »Wenn sich jemand wirklich ein Baby wünscht, macht ihm das nichts aus. Auf jeden Fall werde ich sie darauf ansprechen, wenn sie es uns nicht bald sagt.«
    »Ich glaube, du hütest ein Geheimnis in deiner Brust«, sagte sie zu Nora, als sie sich wieder trafen.
    »Erstens hüte ich nicht, und zweitens nicht in meiner Brust. Aber du hast recht. Habe ich das nicht klug angestellt? Nur noch gute zwei Monate, dann ist es soweit.«
    »Hast du prima gemacht — den ganzen heißen Sommer über hast du so hart gearbeitet, und Hugh hat soviel für uns getan. Hast du dich nicht krank gefühlt? Übelkeit beim Aufstehen und so?«
    Nora lachte. »Ich muß dich enttäuschen. Sogar Hugh fühlt sich betrogen, weil es mir so unverschämt gut geht. Ein oder zwei Male ist es mir etwas schlecht geworden, als ich zu viel Eis oder fetten Speck verkaufen mußte, aber nichts Weltbewegendes. Findest du mich nicht gut?«
    »Und wie. Freust du dich denn?«
    »Ja. Erst dachte ich, es würde schon eine Belastung werden, weil Hugh so hart arbeiten muß und doch nicht sehr kräftig ist. Dann habe ich mir überlegt, daß es wahrscheinlich genauso gut gehen wird, wenn das Baby da ist, wie jetzt, wo es unterwegs ist. Offensichtlich weiß es, wo es hinkommt und hat nicht vor, lästig zu sein, Gott sei Dank. Neufundländer geben herrliche Kinderschwestern ab, und Dio wird es einfach vergöttern.«
    Jane sah sie nachdenklich an. Sie kam zu dem Schluß, daß Nora der normalste Mensch war, den sie kannte, noch normaler als Kit, weil Kit gerne der harten Wirklichkeit aus dem Weg ging. Der Gedanke an die Ehe war ihr unangenehm, aber sie ließ sich gerne hemmungslos bewundern, so wie es Kenneth Rosman tat. Hier hielt sie inne und merkte überrascht, daß sie vielleicht zum ersten Male Kritik an Katherine übte. Wo war ihre treue Freundschaft? Und wie konnte sie die schöne und zauberhafte Kit mit einem netten freundlichen und lustigen Mädchen wie Nora vergleichen?
    Trotzdem begann sie, sich mehr dem netten freundlichen und lustigen Mädchen zuzuwenden. Kit war jetzt wie besessen von Gesprächen über Kunst und Seele, und Jane konnte ihr dabei nicht folgen. So überließ sie sie der geistesverwandten Gesellschaft ihres brüderlichen Künstlers und beschloß, ihre freie Zeit damit auszufüllen, Nora im Geschäft zu helfen. Damit konnte sie sich für die ganze ihr entgegengebrachte Freundlichkeit ein bißchen erkenntlich zeigen.
    Aber sie mußte eine Möglichkeit finden, um hinzukommen, und so entschloß sie sich jetzt mutig, Tonys sanftestes Pony zu satteln und langsam an den Strand hinunterzureiten. Als es weder mit ihr durchging noch sie abwarf, faßte sie Mut und probierte einen leichten Galopp; schon bald konnte sie die Straße hinaufreiten und Nora helfen, wenn Hugh wegfahren mußte.
    Das eröffnete ganz neue Gesichtspunkte. Plötzlich merkte Jane, daß sie es satt hatte, immer in den vier Wänden der

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