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Zum Wilden Einhorn

Titel: Zum Wilden Einhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
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gewesen, so jung wie Prinz Kadakithis, über den selbst die Winder die Nase rümpften?
    Tempus war damals schon dabeigewesen, als die Ilsiger noch Feinde waren. Auf jedem Schlachtfeld im Krieg zwischen Ranke und Ilsig hatte er gekämpft. Er hatte mehr Ilsiger aufgespießt als die meisten andern, und ihnen zugesehen, wie sie sich wanden, bis der Tod sie endlich erlöste. Manche behaupteten, er hätte sich den Schimpfnamen »Winder« für sie ausgedacht, das stimmte nicht, zweifellos hatte er aber zu seiner Verbreitung beigetragen ...
    Er ritt den Breitenweg entlang und vorbei an den Kais. Ein Schiff legte soeben an, und eine Menschenmenge hatte sich davor versammelt. Er zwängte sein Pferd hindurch. Da es außer ihm nur noch vier Höllenhunde in Freistatt gab, abgesehen von den Garnisonssoldaten, die sich jedoch nie zu weniger als sechs auf die Straße wagten, sah er es als seine Pflicht an, hier nach dem Rechten zu sehen.
    Ihm gefiel gar nicht, was er von dem Mann sah, dem man gerade aus dem sturmzerstörten Schiff half. Wie dieses Schiff überhaupt noch, ohne ein einziges unbeschädigtes Segel, in den Hafen gelangen konnte, war ein Wunder. Mit bleichen Lippen murmelte der Mann etwas zu den ihn umringenden Ilsigern, ehe er in eine rankanische Sänfte kletterte, die ihn zum Palast bringen sollte.
    Tempus gab dem Pferd die Sporen. »Wer ist er?« fragte er den Obereunuchen, dem er sich in den Weg stellte.
    »Aspect, der Erzmagier«, lispelte der Palastlakai. »Als ob das Euch etwas anginge.«
    Hinter dem Lakei und den vier ebenholzschwarzen Sklaven zitterte die schultergetragene Sänfte. Die Vorhänge mit Kittys Wappen wurden zurückgezogen und schnell wieder fallengelassen.
    »Aus dem Weg, Hund!« quiekte der erboste kleine Obereunuch.
    »Aufregung ist nicht gut für dich, Eunice«, mahnte Tempus. Er wünschte sich, er wäre in Caronne; wünschte sich, er wäre nie einem Gott begegnet; wünschte sich, er wäre ganz woanders. O Kitty, was hast du bloß jetzt wieder gemacht! dachte er. Außerordentlicher Alchimist, Meuchelmörder von Zauberern, Hexer, all das war Alain Aspect - und ausgerechnet ihn hatte Kitty in eine Stadt gerufen, in der es von Vertragszauberern nur so wimmelte!
    »Zurück, zurück, zurück!« befahl er seinem Pferd. Vorwurfsvoll wandte es den Kopf, aber es gehorchte.
    Er vernahm ein Kichern unter den Eunuchen und ebenfalls in der Menge. Er drehte sich im Sattel um. »Hakiem!« warnte er. »Wenn ich irgendwelche Geschichten über mich höre, die mir nicht gefallen, weiß ich, wessen Zunge ich an meinen Gürtel hängen werde!«
    Der gebeugte, immer auf Neuigkeiten versessene Geschichtenerzähler, wie immer von Straßenkindern umgeben, hörte auf zu lachen. Seine entzündeten Augen blickten in die von Tempus. »Ich habe eine Geschichte, die ich Euch erzählen möchte, Höllenhund, eine, die Ihr gewiß gern hört, wie ich untertänig glaube.«
    »Die wäre, Alter?«
    »Kommt näher, Höllenhund, und sagt mir erst, was Ihr dafür zu bezahlen bereit seid.«
    »Wie soll ich wissen, wieviel sie wert ist, ehe ich sie nicht gehört habe?« Das Pferd hob schnaubend den Kopf, als plötzlich übler Gestank von der Abwindküste herbeiwehte.
    »Dann müssen wir eben feilschen.«
    »Beeilen wir uns, Alter. Ich habe noch viel zu tun in dieser Nacht.« Er tätschelte sein Pferd, sah, wie die Ilsiger sich um ihn scharten, und schaute auf sie, deren Köpfe ihm zu den Hüften reichten, herab.
    »Das ist das erste Mal, daß er ausgewichen ist!« hörte Tempus in der Menge flüstern. Er suchte mit den Augen nach dem Sprecher, aber es konnte jeder gewesen sein. Es würde noch viel mehr derartiges Gerede geben, sobald die Anwesenden es weitererzählten. Aber er stellte sich keinem Zauberer in den Weg. Nie wieder. Er hatte es einmal gewagt, in der Überzeugung, sein Schutzgott würde ihm helfen. Unwillkürlich glitt seine Hand zur Hüfte. Unter der Kettenrüstung und braunem Wollunterzeug trug er einen Damenschal, den er nie ablegte. Er war verblichen und fadenscheinig, doch er gemahnte ihn, sich nie wieder mit einem Zauberer anzulegen. Der Schal war alles, was ihm von ihr geblieben war, der Geliebten, um die es bei dieser Auseinandersetzung gegangen war.
    Vor langer Zeit in Azehur ...
    Er seufzte. Schließlich sagte er mit einer Stimme, die heiser war von endlosen Kampfbefehlen: »Nun, wie du willst, Winder, und hoffe, daß du den Morgen noch erlebst.« Er nannte einen Preis, der Geschichtenerzähler einen anderen. Sie

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