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Zungenkuesse mit Hyaenen

Zungenkuesse mit Hyaenen

Titel: Zungenkuesse mit Hyaenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Buschheuer
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aneinander und mit anderen, stets war für ausreichend Frischfleisch gesorgt. Treue war unter ihrer Würde. Wäre allerdings die Position eins in Gefahr, dann würde ein furchtbarer Kampf ausbrechen. Dann würde es Tote geben, das war ebenso unausgesprochen wie klar.
    Die Müllerin hatte Müller von Anfang an dazu ermuntert, seine Affären fortzuführen. Sie würde das ebenfalls tun. Allerdings, das war ihre Bedingung gewesen, dürfe keine andere Frau in seinem Bett übernachten, und er solle achtgeben, sich nicht zu verlieben.
    »Du bist prima«, hatte Müller im Tonfall größter Zustimmung gerufen. »Ich versprech dir, was du willst.« Ehrlichkeit hielt er für grob und taktlos. Und ein Versprechen, mein Gott, wenn’s weiter nichts ist.
    Selbstredend übernachten alle Frauen, die Müller neben der Müllerin trifft, in seinem Bett, selbstredend verliebt er sich mindestens zweimal im Monat, ach was, zweimal die Woche unsterblich in irgendwen. Im Geilheitsfuror verspricht er jeder alles. Jedes Weib hat einen Preis. Die Welt ist ein einziges unmoralisches Angebot. Er ist reich und mächtig, er hat palettenweise Einwegerektionsspritzen im Nachttisch, und wenn andere Männer im Alter langsam impotent werden, dann steht er ihm immer noch, auf Kommando sozusagen, sooft und solange er will.

EDELNUTTENSCHICKSAL
    Sie wolle »nur rasch« ihre Flasche holen, so weit Gritlis Vorwand, aber sie hatte frische Brötchen dabei und beabsichtigte offenbar, mit mir zu frühstücken. Auf ihren Lippen reflektierte ein merkwürdiger Erdbeerton. Sie schien sich geschminkt zu haben. Mutter hielt nicht viel von geschminkten Frauen. Tauchte eine auf, dann zitierte sie Kästner: »Sind sie nicht pfuiteuflisch anzuschauen?«
    Mutter! Durch sie war ich es gewohnt, dass Frauen für mich sorgten, es war mir angenehm. Ich war fürs Junggesellenleben nicht gemacht, und für die Ehe noch nicht reif. Ich stand irgendwo dazwischen, und Gritli auch.
    »Ich hab über das Honigbuch nachgedacht«, sagte Gritli. »Man müsste den Scheiß trennen, in Folie legen und kopieren, ehe man mit dem Original experimentiert.«
    »Ja, das hat mir gestern schon ein Chemiker vorgeschlagen.«
    Meine Parallelrecherche schien Gritli anzuspornen. »Ich könnte die Schrift vielleicht mit Photoshop sichtbar machen.«
    »Wirklich?«
    »Klar. Ich könnte dir helfen, sie zu entziffern.«
    Gritli war nun wieder auf Augenhöhe. Entweder sie war gewachsen oder ich geschrumpft. Jedenfalls pries ich im Stillen den steckengebliebenen Fahrstuhl, der eine Compañera in mein Leben gebracht hatte.
    »Das wäre fabelhaft.«
    Gritli strahlte, und eine zarte Röte überzog ihr Gesicht. Wir lachten einander an. Nur war ich mir nicht sicher, ob in diesem Lächeln nicht auch ein Missverständnis lag. Ich hielt sie für verschwiegen, das glaubte ich schon. Ich glaubte auch, dass sie tüchtig sein würde, doppelt tüchtig vielleicht, schon weil sie so hungrig war. Aber es war eben jener Hunger, der mir Sorgen machte, ihr Hunger nach Leben,nach Sensation. Sie schien zur Schwärmerei zu neigen, und es waren, das wusste ich aus der Weltliteratur, die schwärmerischen Frauen, die Männern zum Verhängnis wurden.
    »Ich will auf den Balkon«, sagte Gritli.
    Noch waren ihre Wünsche erfüllbar. Ich öffnete die Balkontür, der Verkehr brüllte auf. Sie setzte die Krücken auf die Brüstung und bat mich, sie zu halten, während sie die Beine hinausschwang. Das ging aber nicht, der Schwelle wegen. Also klammerte sich Gritli von hinten an mich, sie umschlang meinen Hals, und ich trug sie Huckepack auf den Balkon.
    Wortlos, mit baumelnden Beinen, sah Gritli über meine linke Schulter auf Rizz hinunter. Mein Körper berührte ihren. Meine Muskeln zitterten. Ich gab mir Mühe, nicht zu ächzen. Wie schwer dann doch, diese halbe Portion. Als ich nach rechts blickte, wirtschaftete David auf seinem Balkon herum. Ich wollte ihn grüßen, aber er fuchtelte, legte den Finger auf den Mund, zeigte auf Gritli und schüttelte panisch den Kopf.
    »Genug«, sagte Gritli plötzlich finster. Hatte sie David bemerkt? Ich ging rückwärts wieder ins Zimmer hinein, sie griff nach ihren Krücken, die an der Heizung lehnten. Drinnen drehte sie eine halbe Pirouette, routiniert wie eine Turniertänzerin. Ihr Blick blieb an den ausgeschnittenen Artikeln an der Wand hängen. Dann stellte sie eine Krücke auf mein Strickmuster, das am Boden lag.
    »Was ist das? Die Matrix? Malen nach Zahlen? Scheiße, da steh ja ich

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