Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zur besonderen Verwendung

Zur besonderen Verwendung

Titel: Zur besonderen Verwendung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
Vom Netzwerk:
der Ver­bin­dungs­tür ei­ne tie­fe Stim­me. Ich er­kann­te das Or­gan des Al­ten, der mich – wie ge­wohnt – un­freund­lich an­fuhr:
    »Un­ter­las­sen Sie Ih­re selt­sa­men Scher­ze, Mil­ler. Kom­men Sie rein. Oder soll ich Ih­nen ei­ne Ein­la­dung schi­cken? Miss Mil­ler, sor­gen Sie ge­fäl­ligst da­für, daß die­ser Jüng­ling nicht noch mal aus der Rol­le fällt.«
    Ich ver­zog das Ge­sicht. Zum Teu­fel, in dem Bau schi­en je­der und je­de »Mil­ler« zu hei­ßen.
    »An­ge­nehm, eben­falls Mil­ler«, sag­te sie iro­nisch. »Be­neh­men Sie sich bit­te. Sie sind dienst­lich hier.«
    Im Laut­spre­cher zisch­te et­was. Das Ge­räusch konn­te nur der Chef ver­ur­sacht ha­ben. Ich be­eil­te mich, durch die au­to­ma­tisch auf­glei­ten­den Dop­pel­tü­ren zu ge­hen. Vor mir be­fand sich ein fens­ter­lo­ser Saal. Das Feh­len des na­tür­li­chen Son­nen­lich­tes be­merk­te man aber kaum, da drei Bild­wän­de und ei­ne duft­va­ria­ble Kli­ma­an­la­ge den Ein­druck ver­mit­tel­ten, als lä­ge der Raum in ei­nem ge­pfleg­ten Park.
    Hin­ter dem, den Blick auf sich zie­hen­den, Schreib­tisch, der zur Hälf­te mit Vi­si­phon­ge­rä­ten, Kipp­schal­tern und Fern­meß­in­stru­men­ten über­häuft war, saß ein un­ter­setz­ter, breit­schult­ri­ger Mann. Sein Ge­sicht war tief ge­bräunt. Me­lier­te Bors­ten­haa­re und ein strup­pi­ger Ober­lip­pen­bart vollen­de­ten den Ein­druck, ei­nem von Wind und Wet­ter ge­gerb­ten See­mann al­ter Prä­gung ge­gen­über­zu­ste­hen.
    In den grau­en Au­gen lag ein iro­ni­scher Schim­mer. Die Hän­de ruh­ten ge­ballt auf dem me­tal­le­nen Un­ge­tüm, zu dem er Schreib­tisch sag­te.
    Das war Vier-Ster­ne-Ge­ne­ral Ar­nold G. Re­ling, Ober­be­fehls­ha­ber und Grün­der der GWA. Das war der Mann mit den weit­rei­chends­ten Voll­mach­ten der ame­ri­ka­ni­schen Ge­schich­te.
    Prü­fend sah mich der Chef an. Ich ver­beug­te mich und heu­chel­te Un­be­fan­gen­heit. Schließ­lich kann­te ich Ge­ne­ral Re­ling schon seit et­wa vier­zehn Jah­ren. Er war mit mei­nem Va­ter be­freun­det ge­we­sen. Das war auch der Grund, warum ich mich da­mals zur Auf­nah­me­prü­fung an­ge­mel­det hat­te.
    Ich woll­te et­was sa­gen, als er grol­lend rief:
    »Kei­ne Be­mer­kun­gen, bit­te, Sie so­ge­nann­ter Spaß­vo­gel. Spre­chen Sie kein Wort, son­dern pas­sen Sie auf.«
    Einen GWA-Agen­ten kann so schnell nichts ver­blüf­fen. Ich schwieg und be­müh­te mich, mög­lichst ernst­haft zu wir­ken.
    Spaß­vo­gel hat­te er mich ge­nannt! Nun, er schi­en wie­der ein­mal in Fahrt zu sein.
    »Von wem stamm­te der Witz, der Ih­nen im Lift er­zählt wur­de?« frag­te er auf­ge­bracht. »Oder glau­ben Sie et­wa, die Schil­de­rung ent­sprä­che der Wahr­heit?«
    Ich mach­te »hmmm« und flüs­ter­te:
    »Ich darf nicht spre­chen Sir. Ihr Be­fehl.«
    Er starr­te mich un­be­wegt an, doch in sei­nem Ge­sicht zuck­te es ver­däch­tig. Wenn man mit dem Al­ten al­lei­ne war, gab er sich im­mer mensch­lich. Nur drau­ßen war er der har­te, eis­kal­te und un­ge­mein lo­gisch den­ken­de Vor­ge­setz­te.
    »Sie sol­len auch wei­ter­hin schwei­gen. War­ten Sie.«
    Er be­rühr­te einen Knopf. Rechts von mir öff­ne­te sich ei­ne Tür. Zwei Män­ner tra­ten ein, von de­nen ei­ner be­son­ders be­mer­kens­wert war.
    Er war klein, dun­kel­häu­tig und schmäch­tig. Sein Ge­sicht wur­de von zwei großen Au­gen ge­prägt. Sie schie­nen ein ver­zeh­ren­des Feu­er aus­zu­strah­len. Er sah wie ein Eu­ra­sier aus. Ir­gend­wie wirk­te er un­heim­lich.
    Er sah mich nicht di­rekt an. Der an­de­re Mann war hoch­ge­wach­sen und mach­te auf mich den Ein­druck ei­nes welt­weit er­fah­re­nen In­tel­lek­tu­el­len.
    Ge­ne­ral Re­ling stell­te mir die Män­ner nicht vor. Er gab dem Schmäch­ti­gen ein Hand­zei­chen und deu­te­te mit dem Kopf auf mich. Lang­sam dreh­te sich der Eu­ra­sier um – und plötz­lich war mir, als fie­le ich in einen Ab­grund.
    Es wa­ren sei­ne Au­gen; sei­ne großen, bren­nen­den und zwin­gen­den Au­gen, von de­nen ich ge­fes­selt wur­de. Ich fühl­te mich ver­wirrt. Selt­sa­me Ge­füh­le woll­ten mich über­man­nen. In­stink­tiv

Weitere Kostenlose Bücher