Zur Hoelle mit den Hexen
Augenbraue hoch.
»Sehr wohl, Eure Pestilenz. Es ist die kleine amerikanische Stadt, in der Eure Pestilenz vor dreihundert Jahren erfolgreich Gerüchte gegen ekelhaft anständige Männer und Frauen in die Welt gesetzt hat. Die wurden dann allesamt als Hexen und Zauberer gehängt oder verbrannt, obwohl sie keine waren.«
»Ja, ja, hihihi! Genauso war es!«, ruft DTG begeistert beim Gedanken an diese abscheuliche Tat. »Natürlich hätte ich nie zugelassen, dass man echte Hexen und Zauberer abmurkst. Das wussten wir stets zu verhindern!«
Sie schlürft geräuschvoll ihren Bloody-Mary- Cocktail leer.
Orkus fährt mit seinem Bericht fort. Er erzählt von höllisch schlechten Fernsehsendungen, von teuflischen Computerspielen und von Horoskopen und Sterndeuter-Hokuspokus in Zeitschriften, durch die sich Menschen immer mehr vom Aberglauben beeinflussen lassen.
»Unser Einfluss wächst überall. Und unser Höllengruà âºtoi, toi, toiâ¹ wird immer häufiger verwendet, wenn die Menschen einander freundlich lächelnd Böses wünschen«, schlieÃt er.
»Gute Arbeit, Orkus. Jetzt aber noch eine unangenehme Kleinigkeit: Weshalb hast du mir dieses Mädchen mit einer Schuh-Rechnung ins Büro geschickt? Eine AuÃerhöllische? Das ist sträflicher Leichtsinn! Hat dir ein Spatz ins Hirn geschissen?«
Orkus wird blass. »Sie - sie kam persönlich? Sie sollte diese alberne Rechnung doch bloà mit der Post schicken!«
»Sie wies deine Visitenkarte vor und brachte einen Blumenstrauà mit. Deshalb wurde sie irrtümlich ins Allerhölligste vorgelassen. Da wir nicht wussten, was sie gesehen hat und wie intelligent sie ist, mussten wir sie entsorgen.«
»Doch nicht auf - auf der Kohlenrutsche?« Orkus schluckt. Die Luft ist trocken.
»Nun, da ich nicht wusste, ob dir das gefallen hätte, habe ich sie lediglich in ein Krokodil verwandelt, wie andere nebensächliche Fälle.«
»Tut mir wirklich Leid, dass das passiert ist«, murmelt Orkus.
»Na gut: Im GroÃen und Ganzen bin ich diesmal mit deinem Bericht zufrieden«, fasst DTG das Ergebnis der höllischen Audienz zusammen. »Aber ich warne dich: Bleib diesen aufmüpfigen Hexen auf den Fersen! Sie müssen unbedingt den Höllenpakt unterschreiben und die Restschatten abgeben. Deine Leute sollen Geheimdienst, Peilsender, Abhöranlagen, Reiseüberwachung, Schattenfänger, GewissensbeiÃer, Rufmörder, Ehrabschneider, Pleitegeier und so weiter einsetzen. Ich möchte mir die drei Damen nächste Woche in der Zentrale persönlich vorknöpfen!«
»Wir kriegen sie«, verspricht Orkus. »Ich werde mich persönlich einschalten. AuÃerdem sind unsere Agenten Artie Miller und Otto Motte ihnen mit dem neuesten STAS-Peilsender dicht auf den Fersen.«
»Ach ja«, grinst DTG. »Ein tolles Ding. Von menschlichen Geheimdiensten entwickelt. Von uns kopiert, verbessert und nachgebaut. Technisch war das Böse dem Guten schon immer haushoch überlegen.«
Hexenhut und Hexenhaus
Salem, Massachusetts, 29. Oktober
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J edes Jahr im Oktober, wenn sich der Ahornbaum vor dem Haus blutrot färbt, holt die Hexe Sandy Sandwitch ihren spitzen schwarzen Hexenhut vom Dachboden. Mit einer groÃen Bürste befreit sie ihn von Staub und Spinnweben. Das gute Stück hat schlieÃlich das ganze Jahr über unbeachtet in der Bodenkammer gelegen. Genau wie Zauberbuch, Zauberbesen, Zauberstab und Zauberkugel. Nur Knittax, die uralte Spinne, hat wie ein gewissenhafter Museumswärter auf die Sachen aufgepasst. Es ist schlieÃlich ihr Job. Sie umwebt alles liebevoll mit zarten Netzen und spinnt Gardinenschleier vor die Dachbodenfenster, damit die Sommersonne den uralten Gegenständen nichts anhaben kann.
Seit der Zeit der schrecklichen Hexenverfolgungen vor 300 Jahren gibt es in Salem offiziell keine Hexen mehr. Dafür jede Menge künstlichen Hexenzauber, Hexenläden und Hexenmuseen.
Sandy selbst ist erst vor einigen Jahren in Salem sesshaft geworden. Da es in ihrem Haus seit der Hinrichtung des Hausherrn vor 299 Jahren angeblich spukte, hat sie es günstig bekommen. Den kleinen Krämerladen im Erdgeschoss hat sie blitzblank hergerichtet und darin einen Delikatessenladen eröffnet. In Anspielung auf ihren Namen und das Spukhaus gab sie ihm den Namen Sand-Witch . Das bedeutet »Sandhexe«, klingt aber auch wie Sandwich
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