Zur Kasse, Schnaeppchen
immer glauben. Vielmehr werden unsere Informationsverarbeitung und Entscheidungsfindung von einem Autopiloten, der im Zwischenhirn sitzt, und einem Piloten, der im GroÃhirn seinen Platz hat, gesteuert.
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Der Autopilot agiert mehr oder minder unterbewusst, fällt den GroÃteil unserer Entscheidungen und hat sich im Laufe der Menschheitsgeschichte entwickelt. Er entscheidet schnell und mit wenig Aufwand und orientiert sich an den Motiven Balance, Dominanz und Stimulanz. Diese sind bei jedem von uns unterschiedlich stark ausgeprägt. Männer tendieren jedoch grundsätzlich zu Dominanz, Frauen zu Stimulanz. Mit zunehmendem Alter kommt bei beiden Geschlechtern das Balancemotiv stärker zum Tragen.
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Der Pilot übernimmt in Ausnahmefällen die Steuerung. Er handelt langsam, mit viel Aufwand und überlegt. Dabei steht er zunehmend vor dem Problem, infolge der ausufernden Werbeflut und Produktinflation sämtliche Informationen aus der Umwelt zu verarbeiten. Deshalb bedient er sich sogenannter Heuristiken. Solche Denkschablonen vereinfachen und beschleunigen unsere Entscheidungsfindung.
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Die Anbieter haben unser Cockpit jedoch über Jahrzehnte hinweg systematisch erforscht und wissen genau, wie wir funktionieren. Sie senden nunmehr Störsignale an unsere für sie gläserne Schaltzentrale, was dazu führt, dass wir nicht dorthin fliegen, wohin wir wollen, sondern in die Richtung umgeleitet werden, welche die Anbieter für uns vorgesehen haben. Wir kaufen also nicht das, was wir geplant haben oder tatsächlich benötigen. Vielmehr landet im Einkaufswagen das, was die Anbieter wollen.
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Um genauer zu beleuchten, warum wir mehr und/oder anderes einkaufen, als wir eigentlich beabsichtigt haben, machen wir uns nun auf zum Besuch eines typischen Supermarkts. An den einzelnen Stationen werden wir erkennen, welche Störsignale die Geschäftsbetreiber und Produzenten an uns senden und wie wir diesen ausweichen können.
Im Supermarkt - Jetzt sitzen Sie in der Falle!
Eigentlich wollen wir nur unseren täglichen Bedarf decken. Aber egal, was wir tun - sobald wir im Supermarkt sind, ist nichts mehr dem Zufall überlassen. Das fängt schon beim Einkaufswagen an â¦
Kurze Geschichte des Einkaufswagens
Heutzutage gilt der Einkaufswagen als janusköpfiges Symbol einer konsumorientierten Gesellschaft: Einerseits steht er für Wohlstand, Konsum und Selbstbedienung, andererseits für Armut und Obdachlosigkeit, weil er den AuÃenseitern als fahrbarer Untersatz und mobile Heimstatt dient. Doch wo liegt der Ursprung des Einkaufswagens?
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Beim US-amerikanischen Kaufmann Sylvan Goldman reifte mit den Jahren die Erkenntnis heran, dass die Kunden seines Supermarktes in Oklahoma City mehr einkaufen könnten, wenn sie beide Hände frei hätten und er ihnen mehr als nur einen Tragekorb zur Verfügung stellen würde. Die Anstellung von Schülern, die den Kunden die vollen Tragekörbe abnehmen und im Tausch gegen einen neuen leeren Korb zur Kasse tragen, war da nur die erste Idee. Im Jahr 1937 bastelt der clevere Geschäftsmann in Anlehnung an seinen rollenden Bürostuhl einen Metallrahmen auf vier Rädern, in den sich zwei Drahtkörbe übereinander einhängen lieÃen: Der Einkaufswagen war geboren.
Doch am Anfang zündete die Idee überhaupt nicht: Die Frauen fühlten sich an einen Kinderwagen erinnert. Und die Männer waren in ihrer Ehre gekränkt, da sie den Eindruck hatten, man traue ihnen das Tragen der Ware nicht mehr zu. Erst als Goldman Statisten einsetzte, die in seinem Laden umhergingen und wie selbstverständlich den Einkaufswagen benutzten, nahm die Kundschaft langsam den neuen Service an. Ein Landsmann von Goldman, Orla E. Watson, griff dessen Idee auf und entwickelte den Einkaufswagen zum Telescoping Shopping Cart weiter. Er baute ihn so um, dass man fortan mehrere Exemplare platzsparend ineinanderschieben konnte. AuÃerdem wurde der Nachlauf der Räder vergröÃert, wodurch die Richtung beim Schieben stabilisiert wurde.
Der Sprung über den Atlantik
Erst nach dem Zweiten Weltkrieg begann der Einkaufswagen mit den eingehängten Körben auch in Deutschland zu rollen. Der aus dem Sudetenland vertriebene Geschäftsmann Rudolf Wanzl betrieb im bayerischen Leipheim eine kleine Wagenbauwerkstatt. Er erkannte als einer der Ersten das Potenzial der langsam aufkommenden Selbstbedienung im Einzelhandel.
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