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Zur Leidenschaft verfuehrt

Zur Leidenschaft verfuehrt

Titel: Zur Leidenschaft verfuehrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Penny Jordan
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daran denken, wie nah sie Raphael war. Ihr Herz hämmerte in einer Mischung aus Erregung und verbotenem Verlangen. Das darfst du nicht fühlen, ermahnte sie sich. Sie durfte nicht den Kopf heben und ihn ansehen. Erst recht durfte sie ihren Blick nicht verlangend über seinen Mund wandern lassen. Und natürlich sollte auch ihr Herz nicht in gespannter Erwartung klopfen, während sie ihm in die Augen schaute.
    Sie durfte das alles nicht und tat es trotzdem.
    Raphael wusste, dass er das nicht tun sollte, aber seine Hände, die ihre Unterarme umspannten, lockerten ihren Griff, während sich seine Fingerspitzen fast zärtlich in das weiche Leder ihres Jackenärmels drückten. Ihre pochende Halsschlagader erweckte in ihm den Wunsch, seine Lippen auf ihren Hals, ihren Mund zu pressen. Er spürte, dass er schon dabei war, die Hand zu heben und an ihre Wange zu legen, in der Absicht, sie zu küssen. Und was wäre eigentlich so fatal an einem Kuss? Dann würde er es wenigstens wissen.
    Es? Was würde er dann wissen? Dass er sie begehrte? Dafür brauchte er sie nicht zu küssen, das wusste er auch so.
    Raphael würde sie gleich küssen! Charley schwankte hilflos. Und erstarrte, als er sie im selben Moment so abrupt losließ, dass sie sich regelrecht zurückgestoßen fühlte.
    „Ich dachte, Ihr Bein ist in Ordnung?“, fragte er schroff. „Sie hätten mir sagen sollen, dass Sie noch Probleme damit haben. Ich will Sie auf keinen Fall …“
    „Hier raustragen müssen?“, beendete Charley scharf seinen Satz. Sie war den Tränen nahe. „Keine Sorge, es lag nicht an meinem Bein. Ich habe mich nur wegen der Fledermäuse erschrocken.“
    Sie hier raustragen? Allein die Vorstellung, sie in seinen Armen zu halten, brachte seinen Körper so in Aufruhr, dass die mehr als unerwünschte körperliche Reaktion nicht ausbleiben konnte. Raphael wurde noch wütender.
    Er kannte diese Wut, die da in ihm brodelte und an seiner Selbstbeherrschung zerrte, nur allzu gut. Er war wütend auf sich, weil er nicht daran gedacht hatte, dass sie immer noch Schmerzen haben könnte, wütend, weil er sie begehrte, wütend auf die Beschränkungen, die ihm durch seine Gene auferlegt waren, wütend, weil er der war, der er war. Es war Wut, aber kein Jähzorn. Nicht dieses Gefühl, von dem er sich geschworen hatte, es nie wieder zuzulassen, dieser fast undurchdringliche rote Nebel, der ihn damals eingehüllt hatte, ein Nebel, dazu angetan, alle Vernunft und Mitmenschlichkeit in ihm zu ersticken. In jenem schicksalhaften Moment damals war er gezwungen gewesen, sein grausames Erbe anzunehmen und der Tatsache ins Auge zu blicken, dass er war, wie er war.
    Seitdem hing dieses Gefühl über ihm wie eine schwarze Wolke, die ihn stets daran erinnerte, was er für eine Zukunft vor sich hatte, wenn er es nicht schaffte, seine dunklen Triebe unter Kontrolle zu halten. Aber wer wusste schon, was die Zukunft bereithielt? Was war, wenn dieses grausame Erbe in ihm die Vorherrschaft gewann? Wenn es außer Kontrolle geriet wie eine tödliche Krankheit oder eine Art Wahnsinn, was es ja tatsächlich war? Sodass er am Ende nicht nur riskierte, seine eigenen höchst problematischen Gene weiterzuvererben, sondern auch jene Menschen zu zerstören, die er eigentlich am meisten beschützen sollte?
    Lange verdrängte Bilder stiegen aus den Tiefen seiner Erinnerung auf. Der geschmackvoll eingerichtete Salon seiner Mutter, in der Luft immer noch ihr Duft, auf dem kleinen Tisch in der Sonne der Stickrahmen mit der Gobelinstickerei, davor der Stuhl, auf dem sie immer gesessen hatte, während sie ihrer Lieblingsbeschäftigung nachging.
    Als ob in seinem Kopf ein Film abliefe, beobachtete sich Raphael dabei, wie er in einem Anfall von Jähzorn – von reinem Irrsinn, genau gesagt – diesen Stuhl packte und mit voller Wucht gegen den Marmorkamin schleuderte, sodass das Holz zersplitterte und sich das rote Seidenkissen wie ein großer roter Blutfleck auf der weißen Einfassung abzeichnete.
    Nein! Doch auch wenn er aus tiefstem Herzen bereute, was er getan hatte, wusste Raphael, dass nichts, aber auch gar nichts diesen Anfall von Jähzorn, der seiner Mutter gegolten hatte, ungeschehen machen konnte. Deshalb musste er sich sein Leben lang vor diesem Jähzorn hüten, vor diesem Wahnsinn, der ihn jederzeit wieder befallen konnte. Und das bedeutete, dass er seine Gefühle in jeder Sekunde seines Lebens in Schach halten musste und seine Mitmenschen niemals zu nah an sich heranlassen durfte, zu

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