Zur Leidenschaft verfuehrt
Nächten, Minute um Minute, Sekunde um Sekunde. Mit dem Ergebnis, dass eine einzige unschuldige Frage von ihr ausreichte, um die Dämme brechen zu lassen. In den Sekundenbruchteilen, die er benötigte, um sie an sich zu ziehen, wurde sein Gehirn von einer Flut sinnlicher Bilder und sein Körper von Verlangen überschwemmt … eine Lawine der Selbstzerstörung, die ihn mit sich fortriss.
Charley glaubte zu träumen. Endlich war sie da, wo sie schon so lange sein wollte. In Raphaels Armen. Sein Mund presste sich auf ihren und erweckte mit einem Schlag alle ihre Sinne zum Leben. Eine Sekunde lang spürte sie überdeutlich das samtige Dunkel, von dem sie hier im Flur eingehüllt waren, weil Raphael noch keine Gelegenheit gehabt hatte, Licht zu machen. Dabei stieg ihr Raphaels frischer Duft in die Nase, der in einem harten Kontrast zu der Hitze stand, die von ihrem Körper ausging. Sie hörte das Rascheln ihrer Kleidung, das leise Aufstöhnen, das sich ihrer Kehle entrang, während er sie küsste, und das leise Klicken, das ihre Absätze verursachten, als sie wieder den Boden berührten, weil sie sich auf die Zehenspitzen gestellt hatte, um Raphael so nah wie möglich zu sein. Und dann nahm sie gar nichts mehr wahr außer seiner Zunge, die sich zwischen ihre Lippen drängte, und ihrem eigenen Entzücken, das einherging mit dem leidenschaftlichen Wunsch, sich bei ihm für jede Zärtlichkeit angemessen zu revanchieren.
Dafür, ganz allein dafür, war sie auf der Welt, es war ihre einzige Bestimmung. Ihre Zunge umspielte seine, erwiderte deren Zärtlichkeiten. Charley presste sich noch enger an ihn, schmiegte ihre weichen Brüste gegen seinen muskulösen Brustkorb, spürte, dass ihre Beine zitterten, während sie sich, ganz schwach vor Verlangen, an ihn lehnte.
Verzweifelt sehnte sie sich danach, von Raphael in Besitz genommen zu werden. Deshalb erschütterte sie das heisere Nein, das Raphael schließlich hervorstieß, bis in ihre Grundfesten.
Als Raphael sie abrupt losließ und einen Schritt zurücktrat, schwankte sie, kaum in der Lage, sich ohne seine Hilfe auf den Beinen zu halten. Die Demütigung der Zurückweisung bewirkte, dass sie am ganzen Leib zitterte. Sie war wie vor den Kopf gestoßen, unfähig, auch nur einen einzigen klaren Gedanken zu fassen. Was tat er da? Warum machte er ihr erst Hoffnung, nur um sie einen Moment später mit so unfassbarer Brutalität abzuweisen?
„Nein?“, fragte sie fassungslos. „Wirklich, das kann nicht dein Ernst sein! Nicht nachdem du mir gezeigt hast, wie sehr du mich willst und … und nachdem ich dir gezeigt habe, dass ich dich will.“
Ihre Worte trafen ihn mitten ins Herz. Sie versuchte erst gar nicht, sich zu verstellen, sondern war völlig aufrichtig.
„Nachdem ich dir gezeigt habe, wie sehr ich dich will?“ Raphael lachte bitter auf.
Bis heute Abend, als er sie da oben auf dem Treppenabsatz gesehen hatte, war er überzeugt gewesen, dass er den Kampf gegen sich selbst gewonnen, sein Verlangen nach ihr ausgemerzt hatte. Leider stimmte das nicht. Die Wahrheit war, dass er dieses Verlangen nur verdrängt hatte. Im Laufe des Abends war es aufgeflammt wie ein Steppenbrand, der eine ganze Weile vor sich hingeschwelt hatte. Und jetzt schlugen die Flammen hoch und verschlangen alles, was sich ihnen in den Weg stellte.
„Das ist harmlos ausgedrückt“, erklärte er mit brutaler Offenheit sich selbst gegenüber. „Was ich fühle ist viel mehr als normales Verlangen. Ich wünschte, dass es nur das wäre, aber ich hungere förmlich nach dir. Und das darf ich nicht zulassen, weil es gegen meine Prinzipien verstößt, die es mir verbieten, Geschäftliches und Privates zu vermischen. Deshalb kann das mit uns nichts werden. Niemals, verstehst du? Wir werden morgen früh in den Palazzo zurückkehren, und ich fahre gleich anschließend nach Rom, wo ich beruflich zu tun habe.“
Nach diesen Worten drehte er sich um und ging zur Treppe. Charley befeuchtete sich ihre plötzlich trocken gewordenen Lippen und lief hinter ihm her. Auf der Treppe überholte sie ihn und verstellte ihm den Weg.
„Manchmal muss man seine Prinzipien über Bord werfen“, sagte sie atemlos. „Es gibt Momente im Leben, da sollte man die Dinge einfach laufen lassen, sonst wird man nie neue Erfahrungen machen. Und ein einmaliges kurzes Vergnügen ist eben auch eine Erfahrung.“ Sie schaute ihm tief in die Augen. „Ich will mit dir schlafen, Raphael. Ich möchte deinen Hunger und dein Verlangen für mich
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