Zur Leidenschaft verfuehrt
war.
„Wir haben gute Arbeit geleistet. Raphael hat allen Grund, mit uns zufrieden zu sein“, stellte Niccolo fest, bevor er in sein Auto stieg, um wieder nach Florenz zu fahren.
Eine halbe Stunde später machte Charley ebenfalls Feierabend. Die letzten Sonnenstrahlen waren verblasst, als sie die schwere Gartenpforte hinter sich zuzog und das eiserne Vorhängeschloss einrasten ließ. Bei ihrer Rückkehr in den Palazzo würde es dunkel sein. Sie würde duschen und rasch eine Kleinigkeit essen, und anschließend würde sie sich wie jeden Abend an ihren Papierkram setzen.
Da heute Freitag war, plante sie, die Berichte an Raphael zu schicken – ihre Belohnung für die Woche und die einzige Verbindung zu ihm. Allein beim Gedanken an die E-Mail, die sie ihm senden wollte, verspürte sie ein heftiges Kribbeln im Bauch, während sie hoffte, diesmal etwas von ihm zu hören.
Hör sofort auf damit, das ist so erbärmlich! Charley drehte sich abrupt um. Sie schaute zu dem kleinen Fiat, den Raphael ihr besorgt hatte, stutzte, schaute noch einmal … und riss ungläubig die Augen auf, als ihr klar wurde, dass der glänzende Wagen daneben Raphaels Ferrari war.
„Raphael …“ Ohne nach rechts und links zu blicken rannte sie vom Bürgersteig auf die Straße. Und übersah dabei das Auto, das direkt auf sie zukam.
Raphael, der die Szene beobachtete, war mit einem Satz aus dem Ferrari und raste zu ihr. Geistesgegenwärtig packte er Charley und riss sie zurück, während der Wagen, dessen Fahrer sich verzweifelt bemühte, ihr auszuweichen, ins Schlingern kam.
Charley spürte die Hitze des Motors, kleine Steine wirbelten durch die Luft und gingen in einem Schotterregen über ihr nieder. Sie hörte den Fahrer lauthals fluchen, aber das war alles nebensächlich. Wichtig war nur Raphael. Dass er hier war. Er schüttelte sie so unsanft, dass es wehtat, wieder und wieder. Kreidebleich im Gesicht umklammerte er ihre Oberarme und stieß tödlich erschrocken hervor: „Heiliger Himmel, willst du dich umbringen oder was? Hast du denn keine Augen im Kopf?“
Charley hatte ihn noch nie so wütend erlebt. Sein Zorn war mit Händen zu greifen.
„Lass mich los“, bat sie zitternd und völlig geschockt, allerdings mehr über ihre eigene Unachtsamkeit als über seine Reaktion.
Raphael stieß sie so vehement von sich, dass sie leicht taumelte, dann ballte er zähneknirschend die Hände zu Fäusten und stapfte wortlos zu seinem Wagen.
Charley, der das ganze Ausmaß der Beinahekatastrophe erst nach und nach zu dämmern begann, hatte vor Schreck ganz weiche Knie.
„Steig ein“, befahl Raphael tonlos und öffnete ihr die Beifahrertür.
„Ich bin selbst mit dem Auto da“, sagte Charley, aber sie wusste, dass sie sich in ihrem Zustand unmöglich hinters Steuer setzen konnte.
„Ich lasse den Wagen später abholen.“
Als sie neben ihm auf dem Beifahrersitz saß, war ihr immer noch ganz schlecht vor Schreck. Sie wäre um ein Haar überfahren worden! Sie wünschte sich, von Raphael in den Arm genommen und getröstet zu werden, aber er war nur wütend auf sie.
Während der Fahrt zum Palazzo brütete Raphael schweigend vor sich hin . Charley atmete auf, nachdem sie endlich im Haus war, erleichtert darüber, seinem vorwurfsvollen Blick zumindest fürs Erste entfliehen zu können. Auf dem Weg in ihre Suite fuhr sie erschrocken zusammen, als er unten die Tür seines Arbeitszimmers wütend zuknallte.
Zehn Minuten später stand sie unter der warmen Dusche und versuchte sich zu entspannen. Der Schock ließ langsam nach, sodass sie immerhin vor sich selbst zugeben konnte, wie sträflich leichtsinnig sie gewesen war. Nicht auszudenken was gewesen wäre, wenn Raphael nicht so geistesgegenwärtig reagiert hätte. Das passierte mit einem, wenn man den falschen Mann liebte. Dann wünschte man sich so verzweifelt, mit diesem Mann zusammen zu sein, dass man alles andere vergaß. Sie musste aufhören, ihn zu lieben, sonst würde sie an dieser Liebe noch zugrunde gehen. Sie musste aufhören .
In ein Badelaken gehüllt ging sie nach nebenan in ihr Schlafzimmer … und blieb wie erstarrt stehen, als ihr Blick auf Raphael fiel.
Sie konnte ihm ansehen, dass er immer noch wütend war.
„Es tut mir leid …“, begann sie.
„Es tut dir leid? Mehr hast du nicht dazu zu sagen?“, unterbrach er sie zornig. „Du könntest tot sein und … und …“ Er streckte die Hand nach ihr aus, aber Charley wich einen Schritt zurück.
„Nein!“, schrie sie in
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