Zur Liebe verführt: Roman (German Edition)
ehrlich erworben«, antwortete Damon und entrollte das Seil.
Ethan stieg in das eiskalte Wasser und hielt den Atem an, als es durch seine Hose und die Stiefel drang. Vorsichtig ging er auf den Schlitten zu.
»Vielleicht hat bébé deshalb kein Glück mit Männern«, vermutete Jean-Paul leise auf Französisch. Seine Bemerkung sollte wohl seinem Bruder gelten. »Dominierende Freunde sind ihr unerträglich, andererseits verachtet sie alle, die sich von ihr beherrschen lassen.«
Anna hatte also ein kleines Problem mit dominierenden Typen? Nun, das war nichts Neues. »Warum nennen Sie sie Baby und schönes Kind?«, fragte Ethan. »Dazu ist sie doch zu erwachsen, meinen Sie nicht auch?«
Er drehte sich um und sah, dass Damon die Schultern in die Höhe zog. »So nennen wir sie seit dem Tag ihrer Ankunft«, eröffnete ihm Damon, der mehr Seil nachgab. »Würden Sie es an beiden Kufen festmachen?«, bat er, als Ethan am Schlitten angelangt war.
Von der Mitte abwärts praktisch gefühllos, nickte Ethan. Die bibbernden Zähne zusammenbeißend griff er unter die Wasseroberfläche, um das Seilende durch die Kufengriffe zu ziehen und festzumachen. Den Knoten machte er in der Mitte, damit beim Ziehen der Druck auf beide Kufen verteilt wurde, dann ging er zur Seite und drehte den Lenker zum Ufer hin. »Okay«, rief er, die Füße ins matschige Eis stemmend. »Fertig.«
Beide Männer hatten ihre Jacken abgelegt und die Hemdsärmel aufgerollt, beide fassten nach dem Seil und fingen zu ziehen an. Mit einem plötzlichen Ruck drehte der Schlitten sich um die eigene Achse, eisiges Wasser spritzte auf seine Brust. Mit zusammengebissenen Zähnen knurrend richtete er die Maschine gerade, als diese umzukippen drohte, und ging langsam neben ihr her, während sie an Land gezogen wurde. Knapp dreißig Fuß vor dem Ufer kam der Schlitten zum Stillstand. Ethan blickte auf und sah die Männer dastehen, die Hände in die Hüften gestützt. Sie lächelten in seine Richtung.
Es war kein nettes Lächeln.
»Haben Sie eine Schwester?«, erkundigte sich Jean-Paul.
»Nein. Zwei Brüder«, antwortete Ethan so liebenswürdig, wie er es angesichts der Tatsache zuwege brachte, dass die Starre in seinen Beinen schmerzhafte Nadelstiche sein Rückgrat entlangjagte. »Warum?«
»Wenn Sie eine Schwester hätten, könnten Sie besser verstehen, was wir zu sagen haben«, sagte Jean-Paul.
»Und das wäre?«
»Eigentlich zweierlei«, erklärte Damon. »Ein Versprechen unsererseits und eine ehrlich gemeinte Warnung.«
»Sollen wir mit der Warnung anfangen?«, schlug Ethan in gepresstem Ton vor
Jean-Paul nickte. »Also gut. Wir möchte Sie warnen, dass Anna … wie soll ich sagen … einen ganzen Rattenschwanz gebrochener Herzen hinterließ.«
»Einen ganzen Rattenschwanz?«
Jean-Paul nickte. »Nicht mit Absicht«, beschwichtigte er. »Sie ist einfach eine Herzensbrecherin.«
»Schuld daran ist wohl eine kindliche Schwärmerei für einen Jungen im Alter von elf oder zwölf«, erklärte Damon. »Sie scheint alle Männer an ihm zu messen, und keiner kann es mit ihren Erinnerungen aufnehmen.«
»Sie wollen mich also warnen, dass …«
»… dass Sie auf Ihr Herz aufpassen sollen, Knight«, erläuterte Damon.
»Sie macht es ja nicht mit Absicht«, wiederholte Jean-Paul.
»Jaja, ich verstehe«, murmelte Ethan. Die schmerzenden Nadelstiche schossen in seine verspannten Schultermuskeln. »Danke für die Information. Und nun zu dem Versprechen.«
Damons finsteres Lächeln zeigte sich wieder, als er die Arme verschränkte. »Sollten Sie Anna das Herz brechen, werden wir Sie jagen, Ihnen die Knochen brechen und Sie den Wölfen zum Fraß vorwerfen. Und dann nehmen wir uns Ihre Familie vor und geben erst auf, wenn North Woods Timber hier nur mehr eine vage Erinnerung ist.«
Okay, deutlicher ging’s wohl nicht.
Ethan nickte. »Beide Punkte verstanden, Gentlemen.«
Die beiden erwiderten das Nicken, bückten sich nach
dem Seil und zogen Ethan samt seinem Motorschlitten ans Ufer.
»Der Weg scheint wieder befahrbar zu sein. Wir holen jetzt Annas Truck und besorgen dann ein paar Lebensmittel«, erklärte Damon, als er das Seil losließ und die Hemdsärmel herunterstreifte. »Sollen wir Ihnen etwas aus der Stadt mitbringen?«
»Eine Riesenflasche Bourbon wäre fein«, sagte Ethan, schlüpfte in seine Jacke und lief zu seiner Hütte. »Sie können sie vor meine Tür stellen.«
12
D ie am Freitag angelangte Warmfront hatte über das Wochenende angehalten, den
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