Zur Liebe verführt: Roman (German Edition)
Der Nestbau ist Frauen von Geburt an einprogrammiert.«
»Dann werden wir uns ein eigenes Haus kaufen«, konterte Paul. »Mein Erspartes reicht für eine Anzahlung, und Jane kann zu Hause bleiben und … und ein Nest bauen«, sagte er mit einer wegwerfenden Handbewegung.
»Was stört dich denn daran, wenn sie arbeitet?«, hakte Ethan nach, stellte die Füße auf den Boden und stützte die Arme auf den Schreibtisch. »Eine Schwangerschaft ist keine Behinderung, heißt es. Die Tätigkeit als Dr. Betters Sprechstundenhilfe ist interessant und respektabel, und Jane bekommt das Gefühl, etwas zum Haushalt beizutragen. Sagtest
du nicht, sie hätte Angst, alle Welt würde glauben, sie wäre nur schwanger geworden, damit du sie heiratest und sie ein bequemes Leben führen kann?«
»Na ja, allerdings hat sie sich beurlauben lassen, um die Kinder ihrer Schwester zu beaufsichtigen, während Pete im Krankenhaus ist. Sie braucht Betters nur zu sagen, dass sie nicht mehr zurückkommt.«
»Aber warum?«, fragte Ethan mit wachsender Ungeduld. »Was ist schlimm daran, wenn sie arbeitet?«
»Ich kann meine Frau allein ernähren.«
»Ach so«, sagte Ethan seufzend und lehnte sich zurück. »Es geht nicht um Jane, sondern um dich.«
»Um mich?«
»Du Tarzan, sie Jane? Du bringst die Jagdbeute, und sie bereitet sie zu. Damit die Leute sehen, was für ein guter Ernährer du bist und dass alles ordentlich und adrett und wie im Bilderbuch ist.«
»Bei Mom und Dad hat es funktioniert.«
»Das war vor einer Generation.« Ethan beugte sich wieder über seinen Schreibtisch vor. »Seit unsere Eltern geheiratet haben, hat sich viel geändert. Wenn Jane für Betters arbeiten möchte, dann lass sie es tun und pfeife auf die Meinung der Leute.« Er zog die Schultern hoch. »Wenn das Kind geboren ist, wirst du ja sehen, ob sie noch arbeiten gehen möchte.«
»Wer zu Dr. Betters geht, ist krank«, entgegnete Paul verzweifelt, wohl wissend, dass er unvernünftig war.
»Aber das ist …« Ethan richtete sich auf und blickte aus dem Fenster. Anna und Keith waren verschwunden. »Hörst du?«
Auch Paul sah aus dem Fenster. »Ich höre gar nichts.«
»Genau. Die Sägen arbeiten nicht mehr, alles ist ganz still. Verdammt«, knurrte er, schon auf dem Weg zur Tür. »Was ist jetzt wieder im Eimer?«
Ethan trat hinaus und fand einen völlig leeren Hof vor. Kein Mensch war zu sehen, und die Geräte sahen aus, als wären sie mitten im Arbeitsvorgang im Stich gelassen worden.
»Da drüben«, sagte Paul und zeigte auf die Reihen von Holzstapeln, die den Winter über gewachsen waren. »Eben liefen zwei Männer in diese Richtung.«
Hinter den Holzstapeln war nichts außer dem Kent River, der die östliche Begrenzung des Betriebes bildete. Plötzlich hörte Ethan das unverkennbare Geräusch eines Baggers, der gestartet wurde. Er lauschte sekundenlang, dann lief er los.
»Auf dem Fluss ist etwas los«, rief Paul, der ihm nachlief. »Das Eis muss aufgebrochen sein.«
»Oder es staut sich«, gab Ethan zurück und lief schneller.
Das Frühlingstauwetter und die Regenfälle des Wochenendes hatten den Fluss anschwellen lassen und das Eis in große Schollen aufgebrochen – die nun alle mit erstaunlicher Kraft flussabwärts getrieben wurden. Staute sich das Eis an ihrem Holz und hatte jemand den Bagger in Gang gesetzt, um es auf Abstand zu halten? Oder brachte man nur die Arbeitsgeräte in Sicherheit?
Ethan gelangte an das Ende einer Holzstapelreihe und blieb abrupt stehen. Auf Holzpaletten, aufgeweichten Schneewechten oder Holzstapeln stehend sah seine gesamte Belegschaft zu, wie der metallverkleidete Bagger sich durch das ansteigende Wasser des Flusses bewegte, auf dem große Eisschollen trieben.
»Was geht da vor?«, fragte Ethan einen Mann in der Nähe, während er Anna unter der Menge suchte. »Was soll der Bagger da draußen?« Ihm fiel auf, dass anstelle des Holzhakens am Ende des Auslegers eine riesige Baggerschaufel hing. »Wo steckt Anna?«
»Dort drinnen«, meinte der Mann auf den Bagger deutend. Dann zeigte er flussaufwärts. »Sie will den Hund holen.«
Ethans Knie wurden weich, als ihm aufging, was Anna vorhatte. Der völlig verwirrte und verängstigte Hund war auf einer Eisscholle in der Mitte des Kent River gestrandet, während die starke Strömung den sich vergrößernden Eisstau vor sich her schob. Das Wasser war über die Ufer getreten und hatte gut drei bis vier Morgen des Werksgeländes überflutet. Wo das Gelände aufhörte
Weitere Kostenlose Bücher