Zur Strecke gebracht: Die spannende Jagd nach dem Täter (German Edition)
Eiskalt, der Typ! Diese
Hochnäsigkeit ist ja kaum zu ertragen!«, fluchte der Ermittler gern, wenn er an
seinen Hauptverdächtigen dachte.
Während Günter Hanno glücklich zu
sein schien, veränderte sich Cordula Bauer zusehends. Schelter bemerkte es bei seinen
gewollt zufälligen Treffen. Er hatte es sich zur Gewohnheit gemacht, einmal im Quartal
eine Begegnung mit ihr herbeizuführen, vorgeblich, um sich nach ihrem Befinden zu
erkundigen. Wetter, Cordulas Gesicht und Seelenlage passten heute irgendwie zueinander – bedrückend und ausdruckslos, wie
Tage so sein können.
»Er hat
Ihnen gedroht«, begann Schelter seinen Angriff, »nicht wahr? Wenn Sie ihn hinhängen,
bringt er Sie um. Und da Sie wissen, dass dies bei Günter Hanno keine leere Drohung
ist, leben Sie in permanenter Angst vor ihm!«
Sie schwieg.
Lud ihn in das Haus ein, aus dem Kati und Dirk so unerwartet verschwunden waren.
»Günter ist heute nicht da. Er sucht nach attraktiven Pflanzen, die unsere Kunden
sich für ihre Steingärten wünschen«, war das Einzige, was er bei diesem Besuch von
ihr zu hören bekommen sollte.
Sie kochte
ihm einen Kaffee und brachte ihn nach einer halben Stunde wieder zur Tür. Ihre Fröhlichkeit
und Unbeschwertheit waren gänzlich verdämmert. Für Paul Schelter war klar, woran
das liegen musste. Ein so schreckliches Geheimnis zehrte schließlich, meinte er,
die Angst ätzte große Löcher in Cordulas Seele.
Frühjahr 2006
Zehn Jahre nach dem Verschwinden
von Mutter und Kind erfuhr er, dass Cordulas Beziehung zu Günter Hanno beendet war.
Er hatte sie abserviert, schlichtweg aussortiert. Schelter witterte eine neue Chance.
Er besuchte
sie. Nahm einen Strauß Blumen und eine Flasche Portwein mit.
»Irgendwie
habe ich Sie schon erwartet. Sie sind mein erster Gast in der neuen Wohnung«, begrüßte
sie ihn und schmunzelte.
»Schöne
Wohnung, ruhige Lage. Geht es Ihnen gut?«
»Danke.
Es ist nicht einfach nach so langer Zeit. Früher fühlte sich Alleinsein besser an.«
»Die Trennung
von Ihnen hat Herrn Hanno wenigstens nicht dazu veranlasst, Sie verschwinden zu
lassen. Ich bin froh, dass Sie wohlauf sind.«
Sie drehte
sich um, er folgte ihr ins Wohnzimmer.
»Seien Sie
nicht immer so gnadenlos direkt«, beschwerte sie sich.
»Nun, wo
sich Ihr Verhältnis zu Hanno geändert hat, wollen Sie nicht Ihr Gewissen erleichtern?«
»Es gibt
nichts zu erleichtern. Möchten Sie einen Kaffee?«
Doch dann,
einige Blumensträuße und Besuche später, hatte Paul Schelter sie so weit. Ihre abweisende
Haltung bekam Risse.
»Haben Sie
nicht manchmal das Gefühl, es sei unrecht, dass Kati und Dirk nicht einmal ein Grab
haben, die Eltern keinen Platz zum Trauern? Die beiden leben seit über zehn Jahren
in quälender Ungewissheit, zwischen Hoffen und Bangen. Sie könnten sie erlösen.«
»Sie können
mich ja doch nicht vor ihm beschützen!«, behauptete Cordula erschrocken. »Wenn er
rausfindet, dass ich ihn verpfiffen habe, bringt er mich um«, platzte es aus ihr
heraus und sie schlug die Hände vor den Mund.
Zu spät.
Die Worte konnte sie nun nicht mehr zurücknehmen.
Ha, dachte
Paul Schelter, wie ich es seit Ewigkeiten vermutet habe! »Wenn Sie uns erzählen,
was an jenem Tag passiert ist, sitzt Günter Hanno bei uns in einer Zelle und kann
niemanden mehr ermorden! Wir lassen den nicht mehr raus!« Schelter war für ihre
Naivität dankbar. Ihrer einfach strukturierten Natur war es zu verdanken, dass sie
diese Polizeiphrase nicht als solche erkannte. Sicher war es möglich, jemanden vorübergehend
zu beschützen, auch intensiv zu beschützen oder für einige Zeit zu verstecken, aber
eine absolute Sicherheit gab es natürlich nicht.
Schiere
Panik lag in ihrem Blick. »Ihnen glaube ich das ja. Aber was ist dann? Sie schließen
ihn weg – und der
Richter spricht ihn am Ende frei! Liest man doch immer wieder in der Zeitung!«
Der Ermittler
wartete ab.
Eine Tasse
Kaffee später fragte sie: »Nimmt mich die Polizei in ein Zeugenschutzprogramm auf,
wenn er doch wieder rauskommen sollte?«
»Ja!«, versprach
der bullige Beamte. »Neuer Name, neue Identität.«
Wieder herrschte
Schweigen. Die Zeugin war angeschlagen, weichgekocht.
»War Günter
Hanno an jenem Tag mit Ihnen unterwegs?«
Tränen rollten
über die Wangen Cordulas. Tropfen bildeten sich an Wangen und Kinn, sie schniefte.
»Ja. Das stimmt wirklich! Er hat an jenem Nachmittag die beiden Leichen vergraben – und ich musste auf der Straße
stehen
Weitere Kostenlose Bücher