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Zurueck auf Glueck

Zurueck auf Glueck

Titel: Zurueck auf Glueck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Marx
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bin der einzige Quäkerschläfer.«
85.
    Wally schickte Imogene einen E-Mail-Dank für ihren Hot-Dog-Dank. »Wussten Sie, dass die Gesamtlänge der in diesem Jahr von Amerikanern bei Erstligabaseballspielen verzehrten Hot Dogs vom RFL-Stadion in Washington, D.C., bis zum AT&T-Park in San Francisco reichen würde?«, lautete der letzte Satz seiner kurzen Mail. In der nächsten Zeile stand nur ein W (ohne Punkt dahinter).
    Imogene mailte zurück. Sie habe noch nicht mal gewusst, dass es in San Francisco einen AT&T-Park gebe. Sie unterschrieb die Mail mit einem »I« (punktlos). Es hatte große Ähnlichkeit mit einer einzelgängerischen 1, aber das war bei ihr gang und gäbe. Sie setzte einen Punkt ans Ende, nahm ihn weg, setzte ihn wieder hin. Sie probierte hin und her, einen Punkt einfügend und löschend, der wahrscheinlich für niemanden außer für sie selbst von Belang war. (Sogar Patty ist er piepegal.) Und auch das war bei ihr gang und gäbe. Zum Schluss entschied sie sich dann doch für den Punkt, damit das arme I nicht gar so mutterseelenallein dastand. Was bei ihr definitiv weder gang noch gäbe war.
86.
    So begann die E-Mail-Korrespondenz zwischen Wally Yez und Imogene Gilfeather.
87.
    Anfangs mailten sie einander in Maßen und meistens abends, um die Tiefen und Untiefen des Tages Revue passieren zu lassen.
88.
    »Habe einen Dokumentarfilm über die Herstellung von feuerfesten Messbechern gesehen.«
89.
    »Habe mir meine neue Brille zerkratzt.«
90.
    »Bist du auch in den Wolkenbruch geraten?«
91.
    »Das Ding war so verrostet, dass ich zwei Stunden gebraucht habe, um sieben Schrauben loszukriegen.«
92.
    »Mir steckt immer noch die Expedition zur Post in den Knochen.«
93.
    »Ich muss dir unbedingt von meiner neuen Badematte erzählen.«
94.
    »Nur wenn ich dir von meinem Kühlschrankkondensator erzählen darf.«
95.
    »Rate mal, wie viel mir der Schuster für die neuen Stiefelabsätze abgeknöpft hat.«
96.
    Noch viereinhalb Einkaufstage bis zu Kapitelchen 100.
97.
    Die E-Mails wurden länger. Wally erzählte Imogene von seinem Ausflug nach Boston, wo er in einem Maschinenraum den ältesten noch funktionsfähigen dampfbetriebenen Gleichstromgenerator besichtigt hatte. Von den Dynamos und Heizkesseln, die er in Aktion gesehen hatte, schwieg er fürs Erste, weil er sie damit bei ihrem nächsten Treffen überraschen wollte. Imogene erzählte Wally von der Dinnerparty, auf der sie gewesen war, bei der im Hintergrund der Audioloop von einer anderen, weitaus ausgelasseneren Party lief. Das unwesentliche Detail, dass sie die Gastgeberin der Dinnerparty gewesen war, behielt sie für sich. Genau wie die Tatsache, dass zu den Gästen auch Ron de Jean gehört hatte.
98.
    »Ich kann dir weder Zeit noch Liebe versprechen«, schrieb Imogene in einer E-Mail.
    »Eins von beiden reicht mir dicke«, schrieb Wally zurück. »Du kannst es dir aussuchen.«
99.
    Imogene antwortete nicht.
99½.
    Trotz dieses kleinen Betriebsunfalls beschleunigte sich das Tempo ihres E-Mail-Verkehrs. Aus täglich wurde zweimal täglich, stündlich, kontinuierlich, unerträglich. Zweiundfünfzig Seiten Bettgeflüster. Genau wie ein Romméspiel, bemerkte Wally, der als Meister der Close-up-Zauberei diesen Zufall nicht auf die leichte Schulter nahm.
100.
    Herzlichen Glückwunsch! Die Hundert sind geschafft. Wir fassen zusammen: 63 Seiten, 99½ Kapitelchen, 371 Absätze, 53 056 Zeichen (ohne Leerzeichen), 53 017 Zeichen (mit Leerzeichen). Patty findet, Absätze und Kapitelchen sind ihre besondere Stärke. Und Zeichen.
    So viele Zeichen. Und da soll man dann auch noch die gerade Linie finden. Nicht einfach. Vor allem bei den S nicht. Ha ha.
101.
    Gehen wir also gepflegt wieder zur Tagesordnung über (beziehungsweise, wie Patty sagen würde): nach allen Regeln der Kunst.
102.
    »Hättest du Lust auf ein gewagtes Experiment?«, fragte Wally Imogene nach einigen Wochen des Cyberorgienfeierns.
103.
    Obwohl Imogene von dieser wissenschaftlichen Methode nicht viel hielt, willigte sie, ungeachtet einiger Bedenken, ein. Statt weiterhin per E-Mail zu kommunizieren, würden Wally und sie sich auf das Parkett der Konversation hinauswagen – nicht von Angesicht zu Angesicht, das wäre dann doch ein wenig zu gewagt gewesen, sondern per Telefon. Gewiss, sie hatten bereits früher miteinander gesprochen, aber damals noch als Fremde. Je weniger man sich kannte, desto leichter konnte man dem anderen etwas vormachen.
104.
    An diesem Abend rief Wally um Punkt elf

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